Dienstag, 7. September 2010

Billiglohnland Deutschland

Gestern las ich von einem unverschämten Angebot. Ich bin mir sicher, dass die Unternehmensberatung jemanden finden wird, der bereit ist, sich für 12 Euro ausbeuten zu lassen. Die Not ist groß in Deutschland.

Heute Morgen saß ich mit einer Kollegin zusammen. Ich erzählte ihr von einer Anfrage für einen Tag privates Training zu einem speziellen Thema. Ich habe zu diesem Thema mal ein Seminar in der Volkshochschule gehalten, und die Interessentin ging nun davon aus, dass ich ihr den Privatunterricht annähernd so billig verkaufen würde wie die Volkshochschulen ihre Seminare anbieten. Ich scheute mich vor diesem Hintergrund tatsächlich, meine üblichen Tagessätze zu verlangen, weil ich mir sicher war, dass die Interessentin dann abspringen würde. Meine Kollegin sah mich jedoch entsetzt an: „Aber du musst es dir wert sein, so viel zu verlangen. Du schenkst dieser Frau einen ganzen Tag deiner Zeit. Du arbeitest intensiv mit ihr und wirst abends total erledigt sein. Außerdem wird sie das Training beruflich enorm weiter bringen. Das muss sie dir auch angemessen bezahlen.“

Du musst es dir wert sein. Das ist der entscheidende Satz. Ich bin hochqualifiziert mit vielen Jahren Berufserfahrung. Sollte sich das nicht in meinem Honorar niederschlagen? Das tut es aber leider nur sehr selten. Und nur, weil ich in der Selbständigkeit erst am Anfang stehe und noch nicht so erfolgreich bin, weil meine Kassen öfter leer als gefüllt sind, bin ich gezwungen, mich völlig unter Wert zu verkaufen, um nicht zu verhungern. Wie viele namenlose Trainer nehme ich oft Aufträge von Bildungsträgern an, die Randgruppen unserer Gesellschaft fördern: Langzeitarbeitslose, Jugendliche ohne Schulabschluss, Migranten. Das ist eine ehrenwerte, wichtige Aufgabe. Daher müssen die Trainer auch alle herausragende Qualifikationen mitbringen, um den Auftrag zu erhalten. Gerade Problemgruppen benötigen schließlich die besten Lehrer, die sie kriegen können, um vorwärts zu kommen.

Nur an einer Stelle klemmt das System gewaltig: die Trainer werden nicht angemessen entlohnt. Das liegt vor allem an den Umständen, unter denen diese Bildungsmaßnahmen angeboten werden: Sie werden in der Regel von der Arbeitsagentur ausgeschrieben. Den Zuschlag erhält der Träger mit dem günstigsten Angebot. Bildung kostet schließlich Geld. Aber Deutschland ist nach wie vor nicht bereit, so viel wie andere Staaten in Bildung zu investieren. (aktuelle OECD-Studie). Darum wird in den Ausschreibungen ein ziemlich enger Kostenrahmen festgelegt. Wie schaffen es die Träger, in diesem Rahmen zu bleiben oder ihn gar zu unterbieten, damit sie den Zuschlag für die Maßnahme erhalten? Ganz klar: indem sie die Löhne ihrer Mitarbeiter drücken. Und da gibt es nach unten keine Grenzen, weil niemand von oben ruft: „Stopp, ihr kriegt den Zuschlag natürlich nur, wenn ihr eure Leute angemessen entlohnt, alles andere ist unzulässige Ausbeutung!“

Ich habe von Firmen gehört, die ihren Mitarbeitern ein Honorar von 7 (!) Euro pro Stunde zahlen – von dem sie als Freiberufler natürlich noch sämtliche Steuern und Sozialabgaben abführen müssen. Übliche Honorarsätze für Trainer liegen bei 20 – 25 Euro pro Stunde (wobei selbstverständlich nur der Unterrichtstag und nicht die Vorbereitungszeit bezahlt wird). Auch das ist natürlich viel zu wenig, gemessen an den Qualifikationen der Trainer, gemessen auch daran, was sie leisten und wie wertvoll ihre Arbeit ist.

Da ist es wieder, das Wörtchen „wert“. Unserem Staat sind gut ausgebildete Leute nichts wert. Auch vielen Firmen sind engagierte, qualifizierte Mitarbeiter nichts wert. Manchmal frage ich mich, was eigentlich geschehen würde, wenn all die unterbezahlten Leute auf die Straße gingen und sich weigern würden, ab sofort nicht mehr für so ein mieses Gehalt zu arbeiten. Würden dann all diese Firmen nach Fernost auswandern, wo sie Arbeitskräfte noch schamloser als in Deutschland ausbeuten können? Hätte Deutschland plötzlich 10 Millionen Arbeitslose? Oder würde ein Umdenken stattfinden? Würden die Unternehmen begreifen, dass ihre Mitarbeiter ihr wertvollstes Gut sind, ohne das keine einzige Firma auch nur einen Tag überstehen, kein einziger Manager auch nur einen Bruchteil seines Gehaltes erhalten könnte?

Das Problem ist natürlich: So lange wir alle Angst vor dem sozialen Abstieg haben, lassen wir uns auf diese Hungerlöhne ein. Besser ein mieses Gehalt haben als gar keins. Besser laut hier schreien, wenn ein schlecht bezahlter Job angeboten wird, als depressiv in der Ecke sitzen und gar nichts zu tun haben. Aber schneiden wir uns damit nicht alle ins eigene Fleisch?

Ich merke jedenfalls, dass es Grenzen für mich gibt, dass ich dieses Lohndumping nur noch bis zu einer gewissen Schwelle mitmache. Ich habe meine persönliche Schmerzgrenze, und darunter nehme ich einen Job nicht mehr an. Ein großer Kunde hat mir heute mitgeteilt, dass ich zukünftig die eine Stunde Pause pro Unterrichtstag (von der ich tatsächlich selten mehr als 15 Minuten in Anspruch nehme) nicht mehr mit abrechnen darf. Ich habe erwidert, dass ich dann nicht mehr als Trainerin zur Verfügung stehe, weil der Tagessatz für mich zu niedrig wird. Meine Schmerzgrenze ist erreicht.
Ich werde mich jetzt auch gleich an das Angebot für besagten Privatunterricht setzen. Und ich werde der Kalkulation kein Volkshochschul-Honorar zugrunde legen.

Beide Entscheidungen können bedeuten, dass ich in den nächsten Wochen keine Einnahmen habe und zum Arbeitsamt gehen muss. Aber das ist es mir wert. Das bin ich mir wert.

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Samstag, 28. August 2010

Irrungen und Wirrungen

Er hat eine andere. Es sei nicht die große Liebe, sagt er, aber immerhin. Selten hat mich ja wohl meine weibliche Intuition so im Stich gelassen wie in den letzten Wochen. Na gut, jetzt habe ich wenigstens Klarheit. Das Gute daran: Ich erfuhr von der anderen Frau, bevor ich mich bis auf die Knochen blamiert habe. Ich hatte mir fest vorgenommen, heute mit ihm zu reden. Aber als hätte er es geahnt, fing er aus heiterem Himmel an, von ihr zu sprechen. Das Eigenartige: Es tat nicht eine Sekunde lang weh. Ich war verblüfft, verwirrt, dann gab es einen winzigen Moment der Leere - und dann fühlte ich mich nur noch erleichtert. Endlich habe ich Klarheit. Endlich geht alles wieder in geordneten Bahnen seinen Weg.

Jetzt sitze ich hier und staune darüber, wie meine Fantasie derartige Purzelbäume schlagen, wie ich mich selbst so verrückt machen konnte. Eigentlich war unser Verhältnis doch immer wunderbar, es brauchte nicht mehr. Warum wollte ich das auf einmal unbedingt ändern? Von dem Moment an, wo die Fakten auf dem Tisch lagen, entspannte ich mich endlich wieder. Wir konnten so befreit erzählen und lachen wie lange nicht mehr. Ich kann es selbst kaum glauben. Jetzt sind wir wieder einfach nur gute Freunde. Was bin ich froh!

Zum Abschied schenkte er mir ein Gimmick, in dem sich ein Frosch in einen Prinzen verwandelt. Ob er doch was gemerkt hat?

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Donnerstag, 26. August 2010

Herzensdinge

Schaust du mich eigentlich schon immer so an? So ernst und tief, so verlangend und sehnsüchtig? Oder bilde ich mir das nur ein, weil ich auf einmal so schaue? Weil ich plötzlich etwas in mir spüre, das jahrelang wie tot war, und dessen Wiederbelebung mich verwirrt, vor allem dir gegenüber verwirrt und verunsichert. Warum ausgerechnet du? Warum nicht einer dieser Typen aus der Singlebörse? Einer, der nicht noch größere Bindungsängste hat als ich. Einer, der nicht in den nächsten Monaten alle Zelte hier abbricht, um für unbestimmte Zeit in die Welt hinaus zu ziehen. Vorhin haben sich unsere Blicke für einen Moment ineinander verfangen, und zum ersten Mal seit vielen Jahren bin ich dir ausgewichen, habe ich es nicht ertragen, in deine Augen zu schauen. Jetzt kommt mir das total lächerlich vor und ich frage mich, wovor ich eigentlich Angst hatte. Davor, dass du zurückschauen würdest? Bisschen schräg, nicht? Kindisch. Idiotisch. Du bist doch eigentlich nur der nette Kerl, der immer da ist, wenn ich ihn brauche und mit dem ich mich zufällig auch richtig gut unterhalten kann. Ich habe über dich jahrelang keine Sekunde nachgedacht. Du kamst und gingst, keiner von uns stellte je Forderungen oder äußerte Bedürfnisse. Du hattest dein Leben, ich hatte meins. Wir erzählten uns gelegentlich von unseren unglücklichen Liebesgeschichten und von unseren Ängsten und Sorgen, wie gute Freunde das eben machen. Dabei hätte ich dich lange Zeit nicht mal als „Freund“ bezeichnet. Und jetzt? Jetzt weiß ich nicht mehr, wie ich dich nennen soll. Ich weiß auch nicht, was ich denken soll. Ist alles noch so wie früher? Sind es nur meine Blicke, die sich verändert haben, oder auch deine? Manchmal glaube ich, dass alles total klar ist und wir nur unsere Angst überwinden müssen. Dann wieder schüttele ich über mich selbst den Kopf und denke: So ein Blödsinn! Deine Wirklichkeit ist eine vollkommen andere als meine. Du bist zu mir so nett wie zu all deinen anderen guten Freundinnen – liebenswert, aber unverbindlich. Da gab und gibt es keine Unterschiede. Oder etwa doch? Machst du den anderen Frauen auch so oft Komplimente wie mir? (Die ich übrigens immer registriert habe, ohne ihnen jemals eine tiefere Bedeutung beizumessen.) Erzählst du ihnen auch so viele intime Dinge? Öffnest du ihnen auch die Tür, wenn du ungewaschen und verkatert bist? Wenn ich das nur wüsste! Weißt du, mich irritiert es sehr, dass du mir jahrelang total gleichgültig warst und ich jetzt auf einmal entdecke, was für ein attraktiver Mann du bist, fast so, als wäre ich bisher vollkommen blind gewesen. Es verunsichert mich, dass nicht mehr alles so unkompliziert und friedlich wie bisher ist, dass die Leichtigkeit aus unseren Begegnungen verschwunden ist. Wann haben wir das letzte Mal so richtig herzhaft miteinander gelacht? Ich weiß es nicht mehr so genau. Ich weiß nur, dass ich mit wenigen Männern so viel lache wie mit dir. Warum fällt mir auch das jetzt erst auf? Kannst du mir das erklären? Aber vielleicht willst du darüber gar nicht nachdenken, sondern alles so lassen, wie es war. Vielleicht empfindest du mein verstörtes Grinsen, das ich dir in letzter Zeit so oft schenke, sogar als aufdringlich. Vielleicht nervt es dich, dass ich mich verändert habe und dich neuerdings stumm anschmachte. Vielleicht bist du unendlich froh, dass wir uns bald nicht mehr sehen. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.

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Mittwoch, 18. August 2010

Kaleidoskop des Sommers

Es geht alles drunter und drüber. Erst ist der Sommer zu heiß, dann zu nass. Als das Wetter schön ist, habe ich Arbeit im Überfluss. Und als es ununterbrochen regnet, reise ich durch die Gegend und mache Urlaub.

Ein kleiner, blonder Engel rührt mich, weil er mir nach Jahren der Schüchternheit und Angst endlich grenzenloses Vertrauen entgegen bringt. Und er bricht mir das Herz, als er nach intensiven Tagen voller Spiel, Spaß und Glück beim Abschied weint. „Ich will nicht, dass du weggehst.“ Hach …

Anderswo gibt es auch bald einen Abschied für eine längere Zeit. Vielleicht reißen wir darum nur in der Theorie Wände ein und sind ansonsten dankbar, dass alle Mäuerchen noch stehen. Na ja, fast alle.

Ich sehne mich danach, vier Wochen in einem kleinen Haus am Meer zu sein. Stille, Weite, Strand, Wind und all meine Ideen, die ich endlich sortieren und in den Laptop tippen könnte. Stattdessen scheint sich der Arbeitsfluss fortzusetzen. Nicht so stressig wie im Sommer, aber immerhin. Ich bin froh (wegen des Geldes) und suche gleichzeitig nach einem Ausweg (weil ich müde bin und wegen des Herzensprojekts, für das ich gerne mehr Zeit hätte).

In den nächsten Tagen geht das Reisen weiter. Ich besuche liebe Freunde hier und da und freue mich auf Erzählen, Lachen, Freundschaft. Gemeinsam werden wir den grauen Wolken trotzen. Und irgendwann scheint sicher auch mal wieder genau dann die Sonne, wenn ich Zeit habe, sie zu genießen. Im kleinen Häuschen am Meer.

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Dienstag, 10. August 2010

Mittendrin

Mittig und doch neben der Spur.
Satt und doch sehnsüchtig.
Entspannt und doch voller Unruhe.
Auf der Suche und doch längst angekommen.

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Übermorgen fliege ich in den Urlaub, und wenn ich zurückkehre,...
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