Sonntag, 24. Februar 2008

Bittersüße Schokolade

Ein Buch, das ich auch beim zweiten Lesen verschlinge und nicht mehr zur Seite legen kann, ist Laura Esquivels „Bittersüße Schokolade“. Ich habe den Roman das erste Mal Anfang der Neunziger gelesen, kurz nachdem ich die Verfilmung von Alfonso Arau gesehen hatte. Der Film berührte mich, ich kaufte die Romanvorlage, und die Geschichte von der armen Tita, die Pedro liebt, ihn aber nicht heiraten darf, weil sie einem ungeschriebenen Gesetz zufolge ihre herrische, verwitwete Mutter bis zu deren Tod pflegen muss, ergriff nicht nur meine romantische Seele, sondern auch die sämtlicher Frauen in meiner Familie. Wir litten der Reihe nach mit Tita und Pedro mit, der sich nur dadurch zu helfen weiß, dass er Titas ältere Schwester heiratet, um wenigstens in der Nähe seiner Liebsten sein zu können – womit das Verhängnis seinen natürlichen Verlauf nimmt. Wir ließen uns von den imaginären Gerüchen und Geschmäckern all der sagenhaften Gerichte betören, die Tita kocht und mit denen sie ihre Mitmenschen im wahrsten Sinne des Wortes verzaubert. Wir tauchten ein in eine Welt voller Sinnlichkeit und Leidenschaft, aber auch voller Tragik und Verzweiflung.

Das Buch blieb dann wohl bei meiner Mutter hängen und gelangte nie wieder zurück in meinen Besitz. Als ich in den letzten Tagen etwas ratlos war, wie ich meine derzeitige Lese- und auch Schreibunlust wieder beheben könne, fiel mir jene Geschichte ein und ich verspürte das dringende Bedürfnis, mich von ihrer schlichten und doch zugleich sehr ausdrucksstarken, sinnlichen Sprache und der anrührenden Geschichte inspirieren zu lassen. Ich eilte also in die nächste Buchhandlung, um „Bittersüße Schokolade“ zu kaufen. Da das Buch jedoch nicht vorrätig war, bestellte ich es. Ich staunte nicht schlecht, als mir die Buchhändlerin am nächsten Tag ein recht großes, dickes Taschenbuch über den Tresen reichte. Ich hatte ein erheblich dünneres Buch in Erinnerung.
„Das ist ja auch die Ausgabe in extra großer Schrift“, erklärte die Buchhändlerin freundlich. „Suhrkamp Großdruck“ steht auf dem Cover. Die Schrift ist so groß, dass ich das Buch fast ohne Brille lesen kann. Und so angenehm ich das auch tatsächlich finde, so sehr frage ich mich nun auch, ob ich dieser jungen Frau derart alt erschienen war, dass sie für mich automatisch die Seniorenausgabe bestellt hat.
Wie auch immer - mein Herz ist jung genug geblieben, um mich von Titas Geschichte erneut verführen zu lassen. Das ist ein rundum schönes Gefühl.

„Von Tita heißt es, sie habe derart heftig auf Zwiebeln reagiert, dass sie schon im Leib meiner Urgroßmutter fürchterliche Tränen vergoss, sobald diese Zwiebeln hackte. Ihr Weinen war so laut, dass selbst Nacha, die Köchin des Hauses, es mühelos hören konnte, und die war halb taub. Eines Tages steigerte sich Titas Schluchzen dermaßen, dass es vorzeitig die Geburt einleitete. So geschah es, dass – bevor meine Urgroßmutter auch nur piep sagen konnte – Tita Hals über Kopf auf die Welt kam, und zwar mitten auf dem Küchentisch, eingehüllt in den Duft von Nudelsuppe, die gerade auf dem Herd kochte, von Thymian, Lorbeer, Koreander und siedender Milch, Knoblauch und natürlich Zwiebeln. Dass sich unter diesen Umständen der berühmte Klaps auf den Po erübrigte, versteht sich von selbst, wurde Tita doch schon weinend geboren, und dies vielleicht auch, weil sie ihr Orakel kannte, dass ihr in diesem Leben die Ehe verwehrt bleiben sollte. Nacha erzählte, Tita sei buchstäblich auf die Welt gespült worden, von einem unglaublichen Tränenfluss, der sich über den Tisch und den gesamten Küchenboden ergoss.“
Aus: Laura Esquivel, Bittersüße Schokolade, Suhrkamp Taschenbuch 2007

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Donnerstag, 21. Februar 2008

Gezwitscher

Die kleinen Gedankenblitze zwischendurch, die keinen ganzen Blogbeitrag hergeben, können Sie jetzt rechts in der Sidebar unter "Käthe twittert" oder direkt hier nachlesen. Einige dieser Mini-Ideen würden sich vielleicht doch auch zu einer längeren Geschichte ausweiten lassen, aber ich bin im Moment oft etwas faul und gleichzeitig immer noch kindisch genug, so einen Blödsinn wie Twitter mitzuspielen. Außerdem habe ich auf diese Weise bereits einige hübsche Blogs (wieder-)entdeckt, denn Blogger sind die geborenen Exhibitionisten, und nur so jemand findet Gefallen daran, aller Welt zu erzählen, wann er aufgestanden ist, was es zum Abendessen gab und ob die Verdauung gut funktioniert. Da Exhibitionisten offenbar gleichzeitig auch immer Voyeure sind, lesen sie eifrig bei ihren Mitspielern nach, wie die sich mit dem Wickeln der Kinder abmühen, dass ihr Chef ein A***loch ist und sie sich gestern beim Yoga den Rücken verrenkt haben. Alle anderen, ganz normalen Menschen bitte ich um Nachsicht. Ich weiß, das muss alles sehr, sehr seltsam für Sie klingen.

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Mittwoch, 20. Februar 2008

Wahl-o-mat

Wer noch nicht weiß, für welche Partei er sich am Sonntag bei der Hamburger Bürgerschaftswahl entscheiden soll, der kann das im Wahl-o-mat heraus finden. Eine prima Erfindung!

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Höchststrafe

Gibt es jemanden, auf den Sie stinksauer sind und der mal einen richtig fiesen Denkzettel verpasst kriegen muss? Sagen wir zum Beispiel der Kollege, der Sie immer mit der ganzen Arbeit alleine sitzen lässt, es aber regelmäßig schafft, den Chef davon zu überzeugen, dass er ein Genie ist und Sie ein Versager sind. Oder der Typ, der kackendreist vorwärts in Ihre Parklücke fährt, während Sie gerade gepflegt rückwärts einparken wollen. Oder Ihr Göttergatte, der Sie mit seiner Sekretärin betrügt – ein Klassiker, der auch dadurch nicht aus der Mode gekommen ist, dass es jetzt nicht mehr Sekretärin sondern Assistentin heißt.

Also, wenn Sie vor Rache schäumen und vor ohnmächtiger Wut zittern, dann machen Sie doch einfach mal folgendes:
Packen Sie Ihr Objekt des Zorns am Kragen, schleppen es in Ihre Küche vor die Kühl-Gefrierkombi, zwingen es, alle Fächer leer zu räumen, Tiefkühlprodukte zu entsorgen und den Rest auf dem Balkon oder im Keller zwischenzulagern, das Abtauen des Gefrierschranks zu überwachen (was gut und gerne 5-6 Stunden dauern kann), dabei aufzupassen, dass nicht der ganze Küchenboden überschwemmt (also immer schön Tücher und Auffangschalen wechseln lassen), sämtliche Plastikschalen, Gitter, Glasscheiben und Fächer zu reinigen, alle Gläser, Flaschen, Päckchen, Tuben, Tetrapacks etc. wieder einzuräumen und anschließend den Küchenfußboden und das Spülbecken sauber zu wischen.
Wenn Ihre Rachegelüste dann immer noch nicht gestillt sind, können Sie den Angeklagten auch noch dazu verurteilen, sämtliche 35 bei der Aktion nass und schmutzig gewordenen Geschirr- und Wischtücher zu waschen und anschließend zu bügeln.

Sie werden sehen, eine grausamere, gemeinere und demütigendere Strafarbeit gibt es nicht.

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Samstag, 16. Februar 2008

Die Sache mit der Literatur

Ich habe gerade zwei große Bücher zur Seite gelegt, ohne sie fertig zu lesen. Das eine ist das letzte Werk eines meiner absoluten Lieblingsautoren: „Bis ich dich finde“ von John Irving. Ich habe mich lustlos durch die ersten 280 von 1140 Seiten gequält und dann frustriert aufgegeben. Ich mochte zum ersten Mal Irvings Stil nicht, fand die Geschichte wenig schlüssig und der magische Sog, den ich bei früheren Büchern oft erlebt habe und der mich alles um mich herum vergessen ließ, blieb gänzlich aus.

Das zweite Buch ist Richard Powers „Der Klang der Zeit“. Ein hoch gelobter Autor mit einem hoch gelobten Werk. Powers Sprache ist wundervoll (so weit man das in der deutschen Übersetzung angemessen beurteilen kann), dicht und leicht zugleich. Die Wörter fließen dahin, eins am anderen, ohne dass es auch nur die leiseste Unterbrechung gibt, keine Stromschnellen, keine Strudel, nur gleichmäßig fließende Buchstaben. Zu schön, um mich auf mehr als zehn Seiten zu fesseln, zu kunstvoll, um mich mit den Figuren identifizieren und in die Geschichte eintauchen zu können. Nach 120 Seiten beschloss ich, den ebenfalls recht umfangreichen Wälzer vorerst nicht weiter zu lesen.

Ich habe jedes Mal ein schlechtes Gewissen, wenn ich so eine Entscheidung treffe, besonders, wenn es sich um anspruchsvolle Literatur handelt. Ich weiß genau, was für Kraft es kostet, sich eine komplexe Geschichte auszudenken und was für eine fantastische Leistung es ist, sie nach allen Regeln der Kunst aufzuschreiben. Und ich denke immer, dass ich es den Autoren schuldig bin, ihre Arbeit angemessen zu würdigen, indem ich mir die Zeit nehme, ihre Geschichten bis zum letzten Buchstaben zu Ende zu lesen. Dazu kommt noch, dass ich die meisten dieser kunstvollen Romane geschenkt bekomme. Weil meine Freunde wissen, dass ich selber schreibe, glauben sie offenbar alle zunehmend, dass ich nur noch Bücher von Pulitzer- oder Bachmannpreisträgern lese. Also habe ich auch meinen Freunden gegenüber ein schlechtes Gewissen, weil ich ihre Geschenke so wenig würdige. Ständig fürchte ich, sie könnten mich fragen, wie mir denn ihr Geschenk gefallen habe. Es ist mir peinlich, dann gestehen zu müssen, dass ich es überhaupt noch nicht gelesen habe, weil ich das letzte halbe Jahr damit befasst war, mich durch andere Geschenke von anderen Freunden zu quälen.

Denn es gibt für mich ein doppeltes Problem beim Lesen. Erstens lese ich am liebsten richtig echte Schmöker oder Krimis, die jeweils solide, aber nicht kunstvoll geschrieben sein müssen. Je besser ein Roman bei Literaturkritikern ankommt, desto langweiliger finde ich ihn in der Regel. Zweitens lese ich unglaublich langsam, und das wird von Jahr zu Jahr schlimmer. Ich weiß nicht, woran das liegt. Letztens kam mir der Gedanke, dass ich gerade sehr gut geschriebene Texte weniger inhaltlich als formal erfasse und einen Satz manchmal fünfmal lese, um seine Genialität zu erspüren. Das hat natürlich zur Folge, dass ich dem eigentlichen Handlungsverlauf nur begrenzt folgen kann und daher bald gelangweilt bin. Ob das wirklich der Grund ist, weiß ich nicht. Vielleicht liegt es auch ganz einfach nur daran, dass ich überwiegend abends im Bett lese, aber aus purer Faulheit länger vorm PC und Fernseher hocke als nötig und dann schlichtweg zu müde bin, um noch lange lesen zu können.

Wie auch immer – ich entschuldige mich an dieser Stelle in aller Form bei sämtlichen preisgekrönten Autoren sowie meinen lieben, guten Freunden dafür, dass ich sie so schäbig behandele und sowohl geniale Kreativität als auch gute Absichten nicht immer angemessen würdigen kann. Es tut mir Leid!

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Donnerstag, 14. Februar 2008

Freundschaft

Eine alte Klassenkameradin hat mich im Internet aufgegabelt. Wir hatten nie engeren Kontakt und haben uns kein einziges Mal außerhalb der Schule verabredet. Und doch erinnere ich mich sehr genau an sie. Und sie sich offenbar auch an mich. 25 Jahre lang haben wir nichts voneinander gehört. Nachdem sie meine erste Mail erhielt, schrieb sie zurück:
„Ich habe vor lauter Aufregung die halbe Nacht nicht geschlafen.“
Das hat mich sehr berührt. Wir werden offenbar doch alle ein wenig sentimentaler, je älter wir werden. Und die Welt wird immer kleiner. Denn es stellte sich heraus, dass jene ehemalige Schulkameradin eine wirklich enge Freundin von mir gut kennt. Wir hatten einige Jahre keinen Kontakt mehr, weil Missverständnisse und falsches Konkurrenzdenken uns auf Abstand gehen ließen. Nun hat diese gemeinsame Bekannte uns dazu gebracht, wieder in Kontakt zu treten. Die Mails fliegen nur so hin und her. In einer schrieb meine Freundin:
„Ich sah dich vor mir, eine attraktive, intelligente Frau, und dann sah ich all die Katastrophen, den Job, die Männer, die dich nicht glücklich machten. Ich wollte dich beschützen. Aber ich habe es wohl übertrieben und nicht nur den Drachen, sondern auch die Prinzessin erlegt.“
Ich musste sehr lachen, denn das ist typisch für diese Freundin. Was sie macht, das macht sie gründlich. Aber ich bin auch sehr bewegt und mir wird bewusst, wie kostbar alte Freundschaften doch sind. Es ist wirklich dumm, sie leichtfertig wegzuwerfen, nur, weil man mal ein paar kleine Differenzen hat. Dafür ist das Leben einfach zu kurz.

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