Wohnzimmer
Grade fällt mir auf, dass es hier in letzter Zeit recht still war. Irgendwie sind momentan andere Themen, andere Projekte für mich wichtiger. Überhaupt war der Sommer ein stiller, leiser. Nur das Wetter stürmte fröhlich vor sich hin. Ich hingegen dachte in aller Ruhe über die Zukunft nach, über Lebens- und Wohnmodelle, über berufliche Veränderungen und Wunschträume. Ich habe mich über all den Schwachsinn, der im Namen von Religionen und Demokratie verbreitet wird, erzürnt. Und darüber, dass unsere Politiker uns immer mehr für total blöd halten. Ich habe eine kleine Reise gemacht und mehrere Tage Hochzeit gefeiert – nicht meine eigene, natürlich. Ich habe Komplimente erhalten, überraschend und schön. Ich pflege Freundschaften in neuer Intensität. Ich habe den Kerl in die Wüste geschickt – und mich von wenigen Worten von ihm derart um den Finger wickeln lassen, dass ich ihn wohl zurückholen werde. Ich habe viel getanzt. Ich habe gelacht, geweint, gesehnt, geträumt. Und ich freue mich tierisch, dass mein Lieblingsnachbar schon ganz bald wieder in seine Wohnung zurückkehrt. Hurra! Ach, und ich kriege jetzt neuerdings Geld fürs Twittern und Facebooken. Wenn das nicht geil ist.
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feinstrick - 21. Sep, 20:42
„Et kütt wie et kütt“, sagt meine Freundin weise, als wir über Männer reden, speziell über den einen. „So einen Mann kann man sowieso nicht mit in die Lebensplanung einschließen. Das macht der nicht mit. Aber er kommt schon, wenn er merkt, was er an dir hat.“ Ich denke, dass sie ganz recht hat. Außer vielleicht in dem Punkt mit der Lebensplanung. Ich habe nämlich gar keine. Ich lebe völlig planlos vor mich hin. Manchmal träume ich ein bisschen und stelle mir was vor. Aber nach einer Weile merke ich, dass das totaler Unfug ist, Lichtjahre von der Realität entfernt. Was weiß ich schon, was nächsten Monat ist? Oder nächstes Jahr?
Ziellos wandere ich durch mein Leben, das in den letzten Wochen von viel Musik erfüllt war. Ich war auf Konzerten, auf einem Festival, und ich habe einen Tanzkurs gemacht. Ich habe mit der Crew von Caro Emerald und anderen Musikern gespeist, aber das war nur ein Versehen, wenngleich auch ein sehr schönes. Ich habe den Gitarristen einer Band angeschmachtet und er hat sich darüber sichtlich gefreut. Vor zwanzig Jahren wäre ich ohnmächtig vor Freude geworden, doch jetzt war ich nur verwirrt.
Den Tanzkurs wollte ich schon seit Jahren machen, und nun fand ich endlich Zeit, Mut und den richtigen Ort dafür. Ich bin keine gute Tänzerin, muss mich so sehr auf jeden einzelnen Schritt konzentrieren, dass ich völlig steif und verkrampft bin. Aber es macht Spaß, riesengroßen Spaß. Und wer weiß, wenn ich noch ein Weilchen übe und meine Tanzpartner weiterhin so viel Geduld mit mir haben, dann klappt es vielleicht auch besser.
Nebenbei verdiene ich Geld, irgendwie. Ich arbeite nicht viel, aber mein Konto füllt sich trotzdem genug, um Monat für Monat über die Runden zu kommen. Ich bin erstaunt, dass das auch geht, wenn ich mich nicht so entsetzlich anstrenge wie sonst immer. Ich verfluche das schlechte Wetter und meine momentane Erschöpfung und schmiede Pläne, um etwas dagegen zu tun. Ja, gelegentlich bin auch ich nicht ganz planlos, sondern habe Ziele, auf die ich erst hinträume und dann hinarbeite. Ob und wie ich sie am Ende umsetzen kann und will, wird sich zeigen.
Et kütt wie et kütt … mach dir nicht so viele Gedanken … Nein, nein, mach ich nicht.
Er steht plötzlich in der Tür, und ich freue mich riesig. Es ist so schön mit ihm, so vertraut, so nah. Und vor allem so unkompliziert. Ich erzähle von meinen Männerproblemen, er von seinen Frauenproblemen. Wir verstehen uns fast ohne Worte, und kurz denke ich: Warum haben wir uns eigentlich nie zusammengetan? Komplizierter als alles, was ich bisher hatte und habe, wäre das auch nicht geworden. Er vermisst seine Wohnung, und ich bin begeistert, als er erzählt, dass er im Herbst definitiv in meine Nachbarschaft zurückkehren will. Das ist die schönste Nachricht des Tages, wenn nicht gar der Woche. Alles wird gut!
Einem anderen Mann erzähle ich von dem feinen Riss, den ich zwischen
ihm und mir seit ein paar Tagen spüre. Er gibt Deutungen ab, die mich nachdenklich machen. Aber stimmt das wirklich alles so? Keine Ahnung. Wir kuscheln miteinander auf seinem Sofa, und ich genieße das und denke gleichzeitig: Hä, was mache ich denn hier? Behutsam löse ich mich von ihm, und als er sagt: „Schön zu wissen, dass du jetzt wieder auf dem Markt bist“, schüttele ich energisch den Kopf. „Nein, bin ich nicht.“ Jedenfalls nicht so. Nicht für ihn.
Ich habe Verabredungen mit fremden Männern. Ich fühle mich zehn Jahre jünger, wie damals, als ich in einer haltlosen Zeit von einem Mann zum nächsten gezogen bin, ohne Rücksicht auf Verluste, ohne mich auf Nähe einlassen zu können. Noch habe ich keinen der Männer getroffen, und ich bin eher skeptisch. Vielleicht kneift ja noch einer oder hat das Foto seines besten Freundes ins Netz gestellt. Alles schon erlebt. Aber ich merke, wie sehr mich der Gedanke an fremde Haut und Sex mit einem Unbekannten beschäftigt. Ich bin neugierig, und gleichzeitig spüre ich ein Unbehagen, das ich früher nicht hatte. Eigentlich will ich das alles doch gar nicht. Im Grunde ist das nur eine Art Trotzreaktion. „Was du kannst, kann ich schon lange“, möchte ich Mr. Obercasanova zurufen. Und dann wird mir sehr weh ums Herz, und ich denke darüber nach, was Menschen alles anstellen, nur, um sich ihren eigenen Gefühlen nicht stellen zu müssen. So verschieden er und ich auch sein mögen, aber diese Kunst beherrschen wir beide in Vollendung.
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feinstrick - 21. Apr, 17:25
In den vergangenen Wochen bin ich immer wieder neu sehr tief berührt worden – auf körperlicher wie auf seelischer Ebene. Menschen, die bisher total verschlossen waren, öffneten sich plötzlich und erzählten mir sehr emotionale Geschichten. Andere gaben mir Raum, damit ich mich öffnen und Ballast loswerden konnte. Und schließlich schenkte mir eine Masseurin völlig unerwartet eine Massage und eine Yogalehrerin eine Yogastunde. Beides waren wundervolle Erlebnisse, für beide Erfahrungen bin ich sehr dankbar. Unglaublich, wie sehr sich die Welt mir immer dann zuwendet, wenn ich denke, dass gar nichts mehr geht, dass ich am Tiefpunkt meines Daseins angelangt bin.
Mein Herz hat sich wieder beruhigt. Das liegt zum einen wohl an den hochdosierten Vitaminpräparaten, die ich neuerdings nehme (ich hatte massiven Vitamin B12- und D-Mangel). Zum anderen bin ich mit uralten Ängsten konfrontiert worden, und nachdem ich zum ersten Mal nicht mehr weglief, sondern hinschaute, verpieselten sie sich auf einmal. Sie kommen sicher wieder, das weiß ich. Aber seit ich begriffen habe, aus welcher Ecke diese Ängste kommen, kann ich mich gegen neue Attacken hoffentlich besser wehren.
Und schließlich habe ich mich innerlich von meiner Daueraffäre verabschiedet. Wir haben zwar immer noch regen Kontakt, aber ich glaube nicht, dass wir von dem körperlosen Miteinander, in das wir geraten sind, wieder zurückfinden. Das ist wahnsinnig schade, weil ich selten in meinem Leben so intensive Erotik erlebt habe. Aber man kann Begehren nicht erzwingen, und letzten Endes ist eine Freundschaft vermutlich eine beständigere Angelegenheit als eine Affäre. Was bleibt, ist das Gefühl, dass wir etwas Außergewöhnliches miteinander erlebt haben und einander dabei tiefer berührt haben, als ich jemals für möglich gehalten hätte. Vielleicht war es auch das, was die Geschichte am Ende zum Kippen brachte: die Angst vor zu großen Gefühlen, vor etwas, das wir beide nicht gut ausgehalten hätten.
In den letzten Tagen habe ich die Sonne genossen und alles losgelassen, alle Ängste und Zweifel, Sorgen und Nöte, Sehnsüchte und Begierden. Zurück blieben ein müder, aber entspannter Körper und eine Seele, die mit fast kindlicher Unschuld in die Welt blickt und neugierig auf die nächsten Berührungen ist, die das Leben für sie bereit hält. So darf der Frühling gern weitergehen.
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feinstrick - 29. Mär, 09:44
Was wäre diese Welt nur ohne die Frauen?
Was wäre sie ohne Wärme und Fürsorge, Weitsicht und Sanftmut? Ohne weibliche Logik und große Herzen?
Was wäre die Welt ohne runde Brüste und weiche Hintern, ohne Lippenstifte und Stöckelschuhe, Miniröcke und Handtaschen?
Was wäre sie ohne Gezicke und Gezeter, ohne Rosarot und Kunterbunt?
Was wäre sie ohne die Mütter, die unter Qualen gebären und ihr Leben voller Hingabe ihren Kindern widmen? Die ihnen Geborgenheit und Liebe geben, Rotznasen abwischen und das Leben erklären?
Was wäre ohne die Frauen, die ihren Männern Gefährtin, Freundin und Liebhaberin sind? Die auch den größten Unsinn klaglos mitmachen, die verzeihen und vergeben und geduldig darauf warten, dass die Männer von ihren Eroberungsfeldzügen heimkehren?
Was wäre die Welt ohne die Leidenschaft der Frauen, ihren Schoß, der empfängt und gebiert, Lust spendet und Trost? Die ihre Männer in einer Umarmung alles vergessen lassen und ihnen ein Stückchen vom Paradies zeigen?
Ach ja, und was wäre diese Welt nur ohne diese ganzen Plappermäuler, die reden und reden, ohne Sinnvolles zu sagen, deren Geist nicht analytisch und wach, sondern verträumt und verspielt ist? Für die Zahlen Schall und Rauch sind. Die ihre Männer in den Wahnsinn treiben mit überflüssigen Fragen und damit, dass sie auch nach der zehnten Erklärung noch nicht verstanden haben, wie das mit dem Abseits funktioniert?
Was wäre diese Welt ohne die Frauen, die in Notzeiten über sich selbst hinauswachsen?
Die oft mehr Mut beweisen als viele Männer?
Die eine Stärke zeigen, die nichts mit Muskelkraft zu tun hat?
Die für ihre Kinder sterben, und für ihre Ideale.
Die so klug und schön sind, dass ihre Männer sie aus lauter Angst verstecken und demütigen. Und die sich doch nie kleinkriegen lassen.
Was wäre, wenn es sie nicht gäbe, die Dienerinnen und Königinnen? Die Liebhaberinnen und Ehefrauen? Die Freundinnen und Schwestern? Die Mütter und Töchter, Tanten und Großmütter?
Ja, was wäre diese Welt nur ohne uns Frauen?
Das mit dem Internetfasten kriege ich leider nicht so gut hin, wie ich dachte. Immer wieder logge ich mich in meine Profile ein und husche still an all meinen Followern und Freunden vorbei. Aber es wird weniger, ich bin zumindest auf dem Weg zum Teilzeitfasten, das ist doch schon mal was. Immerhin merke ich, dass ich tatsächlich ein wenig entspannter bin.
Das liegt aber sicher auch daran, dass ich viele bunte Begegnungen in dieser Woche hatte. Tolle berufliche Projekte. Wunderbare Freundschaften, die sich neu entwickeln und mich durch den grauen Hamburger Winter tragen. Zauberhaften Besuch von der Lieblingsbloggerfreundin, mit der ich bis nachts in der Küche sitze, ohne zu merken, wie die Zeit verfliegt – an diesem Abend, aber auch in all den Jahren, die wir uns inzwischen kennen, dem Bloggen sei Dank. In der Sonne im Garten der weltbesten Schwester sitzen, deren Schwangerschaft nun amtlich ist und die bereits eifrig nach einem Namen für einen Jungen sucht, das fand sie schon immer besonders schwierig. Ich schlage Heinz-Achmed vor, das sei so schön kulturenverbindend, während der Schwager für einen Namen ist, den außer ihm niemand aussprechen kann, und der Älteste erklärt: „Wenn es wieder ein Mädchen wird, ziehe ich aus.“
Ich bin ratlos, weil ein Kunde seine Rechnung nicht begleicht – vielmehr: Der Buchhalter kriegt es nicht auf die Reihe, die Zahlung anzuweisen. Nach mehrmaligem Anmahnen über die Projektmitarbeiter habe ich nun mit ihm persönlich gesprochen. Seine Gleichgültigkeit und sein schamloses Lügen („Kann ich mir überhaupt nicht erklären, normalerweise begleichen wir Rechnungen immer spätestens nach vierzehn Tagen.“) machen mich fassungslos. Mit dramatischen Worten male ich ihm aus, was es für so ein kleines Licht wie mich bedeutet, monatelang auf einen Betrag zu warten, von dem ich einen Monat leben kann. Aber ich rede gegen eine Wand. Nach dem Telefonat bin ich so wütend, dass ich mir wünsche, ich hätte die Macht, diesen Mann fristlos zu entlassen. Oder ihn wenigstens mal kräftig zu ohrfeigen, damit er aus seiner Lethargie erwacht.
Ich lese in einer kleinen Runde Geschichten aus einem meiner Manuskripte vor. Die Atmosphäre ist heiter, ältere Damen kichern unablässig und der weltbeste Fast-noch-aber-nicht-mehr-so-ganz-Nachbar lacht immer wieder lauthals auf. Sie alle lieben meine Geschichten, und ich bin unendlich glücklich darüber und denke wieder mal: Warum, verdammt noch mal, wollte dieses kleine Manuskript bis jetzt kein Verlag veröffentlichen? Alle, die diese Texte lesen, sind total begeister davon – selbst die Verlage waren es. Kaum jemand hat wohl so viele wohlwollende, schöne Absagen wie ich und meine wunderbare Mitautorin erhalten. „Leider haben die Texte zu viel Tiefgang“, hieß es da zum Beispiel. Tiefgang ist heute offenbar nicht mehr gefragt. Schon gar nicht, wenn er mit Humor gewürzt und voller Leichtigkeit verpackt wird. Das irritiert.
Die Männer mit ihren Launen und Unberechenbarkeiten gehen mir allmählich auf die Nerven, mit denen will ich erst mal nichts mehr zu tun haben. Nicht auszudenken, wie diese Welt aussähe, wenn Männer einen Monatszyklus hätten. Die sind ja schon ohne PMS manchmal kaum zu ertragen mit ihren Befindlichkeiten. Warum ich trotzdem gleich mehrmals nachts von einem von ihnen träume, weiß allerdings höchstens Herr Freud. Zumal es auch noch der völlig falsche Mann ist. Oder etwa doch nicht? Ich bin verwirrt. Nein, nein, Finger weg, das tut mir alles nicht gut.
Aber ich merke: Nicht nur das Internet sorgt für Chaos bei mir und hat Suchtcharakter. Im realen Leben geht es noch viel bunter und chaotischer zu. Nur dass ich das nicht einfach so ausschalten kann.
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feinstrick - 28. Feb, 20:25
Er hat mich verlassen, schon in den letzten Tagen des alten Jahres. Er sagt, das sei nichts Endgültiges, die Wohnung ist auch nur untervermietet, aber ich glaube nicht, dass er zurückkehrt. Immer wieder, wenn ich jemanden nebenan die Tür aufschließen höre, ertappe ich mich dabei, wie ich denke: Ach, wie schön, jetzt kommt er nach Hause, da gehe ich nachher einfach mal ein halbes Stündchen rüber zum Plaudern. Und dann setzt die Ernüchterung ein: Nein, er kommt nicht. Einmal haben wir telefoniert. Ich nannte meinen Namen. „Ja?“, fragte er abwartend, wie man fragt, wenn man einen Fremden in der Leitung hat. Er hatte mich nicht erkannt. Schließlich haben wir vorher nie miteinander telefoniert.
Die weltbeste Schwester ist vermutlich wieder schwanger. Zum vierten Mal. Damit setzt sie die Tradition meiner Mutter und Großmutter fort. Noch war sie nicht beim Arzt, noch ist es viel zu früh, sich darüber Gedanken zu machen, und doch stelle ich bereits jetzt fest: Ich habe keine Lust auf dieses neue Kind. Insgesamt fünfmal habe ich mich in den vergangenen fünfzehn Jahren wie verrückt gefreut. Für fünf Kinder war und bin ich Tante, Oma, Freundin, Ersatzmutter in einem. Das jüngste ist jetzt vier, und ich habe in den letzten Monaten innerlich aufgeatmet, dass die Zeiten, in denen ich mich über Verdauungsprobleme, erste Schritte, erste Worte, erste Kindergartentage austauschen musste, vorbei schienen. Ich genieße es, dass ich nachts endlich überall bei meinen Verwandten durchschlafen kann. Es gefällt mir, dass vor allem die Besuche bei meiner Schwester längst nicht mehr daraus bestehen, von morgens bis abends Kinder zu bespaßen. Die beschäftigen sich mittlerweile meistens lieber alleine, und das ist auch gut so. Mein Ruhebedürfnis steigt mit zunehmendem Alter, meine Energie schwindet. Mein Wunsch nach eigenen Kindern ist irgendwann in den letzten zwei Jahren komplett verschwunden. Und damit offenbar auch das Bedürfnis, Ersatzmutter für ein weiteres Würmchen zu sein. Stattdessen hatte ich gehofft, dass jetzt endlich mal mehr Zeit für Schwesternliebe sei, dass ich jetzt auch mal dran wäre. Doch das scheint nicht der Fall zu sein.
Aus einer unverbindlichen Affäre ist etwas geworden, das ich nicht zu deuten vermag. Die jüngsten Veränderungen kann ich nicht einorden, verstehe ich nicht. Es ist etwas sehr Erstaunliches passiert, das mich sehr berührt hat, aber ich habe keine Ahnung, wohin das führt. Ich weiß nur, dass ich mich im Moment nicht richtig gut damit fühle. In meinem Bauch sitzt ein großer, dicker Klumpen Angst, und ich weiß nicht, wohin damit.
Nur beruflich verläuft alles in seltsam geschmeidigen Bahnen. Ich habe einen so unfassbar guten Lauf, dass ich es immer noch nicht richtig glauben kann. Nach all dem Stillstand, dem Abstrampeln, Kämpfen und Verzweifeln bewegt sich auf einmal ganz viel. Dafür bin ich unendlich dankbar.
Mir scheint, dies ist ein Jahr der Veränderungen. In vielerlei Hinsicht.
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feinstrick - 18. Feb, 09:36
Ich bin tagelang zornig. Sehr zornig. So zornig, dass meine ganze Urlaubserholung flöten geht. Ich denke kaum noch an etwas anderes, schrecklich ist das. Dann lese ich das Manuskript eines Freundes, er bat mich vor einiger Zeit, es zu lektorieren, aber ich komme nicht recht voran, weil so viel anderes zu tun ist. Dabei ist es total spannend und toll geschrieben. Endlich finde ich mal wieder ein Stündchen zum Lesen – und bin begeistert. Auf einmal wird mir klar, wie unsinnig meine Wut ist, wie überflüssig, und wie schwer ich mir das Leben damit mache. Was ich die ganze Zeit versucht hatte, gelingt mir auf einmal, und innerhalb weniger Minuten fällt alle Anspannung von mir ab.
Und ich treffe mehrere Entscheidungen. Eine davon lautet: Manches, was privat ist, sollte auch privat bleiben. Darum habe ich auch den letzten Blogeintrag offline gesetzt. Ich möchte nichts ruinieren, was eigentlich gut ist. Und jetzt starte ich gemütlich in eine neue Woche und lasse mich einfach vom Leben überraschen.
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feinstrick - 12. Feb, 20:50
Der Januar war sagenhaft langweilig. Ich bin fast froh, dass er so schnell vergangen ist. Gut, noch gibt’s ein paar Tage, und da wird auch noch einiges passieren, was genau das Gegenteil von Langeweile ist, das weiß ich wohl. Aber fest steht: Der Januar hat's nicht gebracht. Dabei begann das Jahr so grandios, auf der Elbe, mit viel Bier und noch mehr Lachen, mit wunderbaren Menschen und einer Heiterkeit, die uns mit Schwung über die Jahresschwelle trug. Der Schwung hielt noch ein paar Tage an, in denen ich auf Reisen war und viel Liebe und Glück verspürte. Aber dann verpuffte das alles irgendwie. Ein bisschen Arbeit, ein bisschen Sport, ein paar schöne Begegnungen mit tollen Menschen – und viel, viel Langeweile. Selbst das Wetter brachte nichts weiter hervor als ein sagenhaft ödes, eintöniges Grau. Der Februar hingegen wird gut. Im Februar mache ich Urlaub, da gibt es jetzt schon die Aussicht auf diverse Wellnessprogramme, und auf massenhaft Arbeit obendrein. Der Februar ist besser als sein Ruf. Darum lautet mein Plan für nächstes Jahr: Im Januar muss irgendwas passieren. Aufregendes. Abenteuerliches. Anderes. Den Januar muss ich mehr würdigen, da muss ich meine Energien fürs ganze Jahr sammeln und nicht vergeuden. Vor allem, allem, allem aber brauche ich einen Januar mit besserem Wetter. Und genau daran werde ich arbeiten.
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feinstrick - 27. Jan, 23:19
Es sind diese seltsamen Zwischentage, nicht Fleisch nicht Fisch. Weihnachten ist vorbei, jedenfalls die offiziellen Feiertage, Silvester noch ein paar Tage hin, das alte Jahr ist fast rum, aber eben noch nicht ganz, und das neue ist fast da, aber eben noch nicht richtig. Diese Tage sind wie gemacht zum Nichtstun, Abhängen, Nachhängen. Ich sortiere vollgemüllte Ablagen, bringe meine Buchhaltung auf den aktuellsten Stand und mache mir nebenbei viele, viele Gedanken.
Hinter mir liegt ein buntes, ein turbulentes Jahr. Es war ein Jahr voller Extreme. Beruflich dachte ich zwischendrin, ich würde komplett scheitern. Ich hatte schlaflose Nächte, weil ich nicht wusste, woher das Geld für die nächste Miete kommen sollte. Ich zweifelte an mir und meinen Talenten und dachte, dass nur alle anderen Erfolg hätten und ich immer leer ausgehen würde.
Dabei übersah ich aber, dass in Wahrheit ganz viel passierte. Mein jahrelanges Strampeln führte unmerklich zu Ergebnissen. Ich hatte grandiose Aufträge für wunderbare Kunden, deren Begeisterung und Freude über meine Arbeit manchmal mehr wert waren als jeder Cent. Dazu kamen großartige Kollegen, die mich stützten und stärkten. Auf einmal traue ich mich in die Welt hinaus und zeige mich. Und siehe da – ich werde tatsächlich gesehen! Ich habe noch nie so viele neue Kunden gewonnen wie in diesem Herbst. Der Dezember, in dem früher so gut wie gar nichts passierte, ist diesmal einer der umsatzstärksten Monate des ganzen Jahres. Und es scheint im neuen Jahr so weiterzugehen. Ich bin sprachlos. Und unendlich dankbar.
Auch in meinem Privatleben gab es Höhen und Tiefen, Momente voller Verzweiflung und Hilflosigkeit, aber auch ganz viele Augenblicke, in denen einfach alles gut war. Stille, kleine Zeiten, die nicht der Rede wert sind, das Leben aber so wunderbar angenehm machen. Ich habe neue Freundschaften geknüpft und alte gefestigt. Ich habe gespürt, dass Menschen da sind, wenn ich in Not bin, und Freunde auch noch zu mir halten, wenn ich mich lange nicht melde, weil einfach alles zu viel ist und ich so sehr mit mir und meinem kleinen Überlebenskampf beschäftigt bin, dass keine Energie mehr da ist für Lachen, für Zuhören, für Dasein.
Mit den Männern erlebte ich so einige Überraschungen. Nach Jahren der Dürre habe ich ganz unerwartet wieder Leidenschaft verspürt, große Leidenschaft! Und ich habe mich verliebt, wenn auch nur in eine Eintagsfliege. Aber immerhin habe ich dieses Gefühl elektrisierender Aufgeregtheit gespürt. Ein Mann hat sich ganz unerwartet in mein Leben geschlichen. Er ist mir nah, und doch sehr weit weg. Da ist viel Leidenschaft, und doch große Distanz. Ich spüre seine große Zuneigung - und seine noch größere Angst. Ich weiß nicht, wer von uns beiden mehr Angst hat. Wenn zwei Angsthasen aufeinander treffen, führt das nur leider nicht weit. Wir gehen beide abwechselnd einen Schritt vor und zwei zurück. Mir fehlt oft Vertrauen – in meine eigenen Fähigkeiten genauso wie in andere Menschen. Ständig fürchte ich, nicht gut genug zu sein, verlassen zu werden, zu scheitern. Dieser Mann hat mir sehr glaubhaft (weil völlig unromantisch) zu verstehen gegeben, dass er so schnell nicht wieder weggeht. Genau genommen war er da verbindlicher als alle Männer vor ihm, die mir schmalztriefende Liebeserklärungen gemacht haben. Und doch schaffe ich es (noch) nicht, ihm zu trauen. Es gibt zu viele Fragezeichen, zu viele Ungewissheiten. Aber es ist viel in Bewegung, ich gehe über Grenzen, ändere Blickrichtungen und Verhaltensweisen. Was für großartige Erfahrungen!
Genau genommen ist alles so wunderbar, dass ich gerade sehr verwegene Pläne schmiede. Und wenn die was werden, dann wird der Rest des Winters granatenmäßig gut. Ich träume, plane, wünsche. Aber noch ist alles zu ungar, um konkreter darüber zu reden. Eins steht jedoch jetzt schon fest: Die Zeit zwischen den Jahren ist eine magische Zeit, in der alles denkbar ist. In diesem Sinne wünsche ich euch allen ein zauberhaftes neues Jahr!
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feinstrick - 28. Dez, 14:40