Das Leben ist nicht fair, echt nicht. Gerade denke ich noch, wie wundervoll ruhig, entspannt und toll alles ist. Wie sehr ich es genieße, lauter schöne Sachen zu machen, Pferde, Männer, Sonnenschein, und auch ein bisschen Arbeit, ja, und einfach dieses Gefühl, nach langer, langer Zeit endlich ganz bei mir zu sein, einen richtig guten Lauf zu haben. Zufrieden male ich mir aus, wie ich in der kommenden, fast terminfreien Woche Angefangenes zu Ende führen und Neues planen werde, ganz entspannt, ganz gemütlich. Aber da – zack, bumm, knall, peng! – haut mir das Leben dazwischen. Erst eine schlechte Nachricht, dann eine zweite, dramatischere hinterher. In ihrer Doppelung sind sie richtig böse, und ich weiß im Moment kaum, was mich daran am meisten bedrückt. Er schwer krank, sie gibt ihm die Schuld daran und spuckt Gift und Galle – und dann fällt auch noch ihre Mutter tot um. Grausamer geht’s kaum. Und deutlicher auch nicht: Das Leben ist total unfair. Jetzt gerade vor allem zu meinen Lieben. Also buche ich von einer Minute auf die andere einen Flug, packe mein Köfferchen und reise morgen Knall auf Fall gen Süden, um beizustehen, Hilfe zu leisten, Trost zu spenden. Wär ja auch zu schön, um wahr zu sein, wenn ich diesen richtig guten Lauf in voller Länge hätte auskosten können. Immerhin: Über mir scheint die Sonne noch. Und vielleicht kann ich ein bisschen davon in den nächsten Tagen abgeben.
Unterwegs -
feinstrick - 28. Mär, 01:12
„Ein Jammer, draußen ist so schönes Wetter und ich hocke am Schreibtisch.“
„Aber du kannst dir doch deine Zeit frei einteilen. Warum gehst du jetzt nicht einfach in die Sonne?“
„Weil ich abends normalerweise zu müde zum Arbeiten bin. Das ist ja das Doofe: Ich dachte früher, dass ich durch die Selbstständigkeit grenzenlose Freiheiten erlange. Und jetzt hocke ich doch wieder wie jeder stinknormale Angestellte von 9 bis 5 am Schreibtisch. Dabei würde ich viel lieber in der Sonne sitzen und anschließend arbeiten.“
„Verständlich. Aber ganz ehrlich: Wenn wir Feinstricks den Nachmittag in der Sonne verbracht haben, sind wir doch so erledigt, als hätten wir acht Stunden gearbeitet. Dass du danach nicht mehr arbeiten kannst, ist klar. “
Für solche Lebensweisheiten liebe ich meine kleine Schwester.
Ich habe keine Worte mehr. Für das, was diese Welt seit Tagen bewegt und beschäftigt. Wie gelähmt sitze ich da, schaue mir Bilder an, höre Kommentare, lese Texte. Rechtfertigungen, Rechthabereien, Vorwürfe, Beschuldigungen, Abwehr, Verharmlosungen, Schuldzuweisungen, Wichtigtuereien. Nichts davon führt zu irgendetwas. Es wächst bloß zu einer riesigen Blase, die am Ende einfach verpuffen wird. Wie Millionen Blasen vor ihr auch. Größenwahn, Macht und Gier sind die Motoren für die immergleichen Spiele, die jedes Mal wieder erstaunlich viele Anhänger finden. Wenn etwas schief geht, gibt es ein bisschen Theater, kollektive Bestürzung, und dann geht alles von vorne los.
So wird es auch diesmal sein. Das ist das wirklich Schockierende an der Geschichte. Die ganze Welt erkennt, dass sie sich in Sachen Energiepolitik in den letzten Jahrzehnten völlig falsch entschieden hat. Riesen Bestürzung, Zorn, Wut einerseits, Leugnung und Schönrednerei andererseits. Und Hilflosigkeit auf allen Seiten. Weil auf einmal jeder spürt, was für kleine Lichtlein wir Menschen doch sind, mit einer Intelligenz gesegnet, die wir nicht sinnvoll zu nutzen wissen, eine Spezies, die sich selbst zugrunde richtet, so viel steht fest. Ob in 50 Jahren oder 500, spielt kaum eine Rolle. Aber wir leben weiter so, als hätten wir die Eigentumsrechte an diesem Planeten für die nächsten 5000 Milliarden Jahre erworben.
Menschen, die verhungern, in Kriegen massakriert oder durch die Explosion eines Kernkraftwerks verstrahlt werden. Am Ende ist der Grund immer derselbe. Und er wird sich nie ändern, solange es Menschen gibt. Das ist es, was mich so sprachlos macht.
Unterwegs -
feinstrick - 17. Mär, 21:59
Wer schon immer mal wissen wollte, wie Frau Feinstrick eigentlich aussieht, kann das am Mittwoch (16.3.) herausfinden. Da lese ich nämlich
hier. Allerdings - Sie ahnen es bereits - nicht unter meinem richtigen Namen. Trotzdem steht die Frau Feinstrick ganz echt vor Ihnen, versprochen. Was ich lese, weiß ich noch nicht genau. Nur so viel steht fest: Es wird aufregend. Jedenfalls für mich. Und falls Sie vorbei kommen, müssen Sie natürlich Hallo sagen. Ehrensache, oder?
Wir liegen im Bett und reden, reden, reden. Da ist eine Nähe und Zärtlichkeit, wie ich sie bisher nur erlebt habe, wenn ich sehr verliebt war. Und doch ist es völlig anders. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass es so was geben kann: Freundschaft plus Sex. Ohne Sehnsucht. Ohne Herzwehliebe. Ohne den Anspruch, sich in den grundlegenden Dingen des Lebens einig zu sein. Und trotzdem sehr zärtlich und liebevoll. Für mich ist das neu und ein kleines Wunder. Ich kannte bisher nur leidenschaftliche Liebe oder nüchterne Lust, wenn ich mit Männer im Bett war. Dazwischen gab es eigentlich nichts. Dass ich Gefallen an noch ganz anderen Spielarten des Miteinanders finde, erstaunt mich. Dass ich sie ausgerechnet mit ihm erlebe, verblüfft mich. Und ihn wohl auch.
Das Überraschende: Meine Angst ist weg. Auf einmal kann ich ihm auf Augenhöhe begegnen. Alle unguten Gefühle sind verschwunden, ich bin fröhlich, gelassen und ruhig. Ich kann sogar ein wenig mit ihm streiten und lasse mich dabei nicht einschüchtern. Und ich erzähle ihm sehr private Dinge, ohne mich dabei entblößt zu fühlen. Das ist ein Wunder, jedenfalls für mich.
Mein Leben lang habe ich gegen Übermächte jeder Art angekämpft. Ich bin in schöner Regelmäßigkeit daran gescheitert und habe daher fortan einen großen Bogen um alle Situationen und Menschen gemacht, denen ich nicht gewachsen schien. Und das waren eine Menge. Das hatte zur Folge, dass es viel Stillstand in meinem Leben gab. Stillstand, der mich zutiefst frustrierte und dadurch noch mehr lähmte. Viel zu oft bin ich hinter meinen eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten zurückgeblieben, habe an mir selbst gezweifelt und mein Scheitern regelrecht kultiviert. Aber in den letzten Monaten ist spürbar etwas in Bewegung geraten. Etwas in mir hat sich nachhaltig verändert. Und dann passieren auf einmal mehrere Dinge gleichzeitig, und ich denke, dass sich der Sinn mancher Begegnungen tatsächlich erst nach Jahren erschließt.
Er ist nur ein Teil dieser aufregenden Entwicklungen und eine echte Herausforderung für mich. Er verkörpert die männlichen Übermächte meines Lebens mehr als perfekt – selbstsicher verkündet er seine eigenen Weisheiten mit einer Überzeugung, als seien sie in Stein gemeißelt. Ich lasse mich davon einschüchtern und nicke brav zu jedem Unsinn, den er von sich gibt. Kein Wunder, dass mein Bedürfnis, ihn näher kennen zu lernen, lange Zeit nicht sonderlich groß ist. Und doch zieht es mich immer wieder zu ihm hin. Und ihn zu mir. Bis wir auf einmal alle Barrieren überwinden. Erklären können wir das beide nicht, denn eigentlich will jeder von uns etwas ganz anderes.
Es überrascht mich daher auch, dass ich ausgerechnet bei ihm lerne, meine eigene Mitte wiederzufinden und auf männliche Stärke mit weiblicher Stärke zu reagieren. Ich laufe nicht mehr davon, sondern biete ihm trotzig die Stirn – bis ich merke, dass es gar nicht notwendig ist, mich dabei wer weiß wie anzustrengen, es geht ganz einfach. Er hört mir zu, nimmt mich ernst, lacht über sich selbst und sein männliches Klugscheißer-Getue – und trägt ein wenig dazu bei, dass ich einen kleinen Dämon in mir bezwinge. Wir genießen den Moment voller Vertrauen und Nähe miteinander und wissen beide, dass sich zwischen uns etwas verändert hat. Und diesmal fühlt es sich richtig gut an.