Schlafzimmer

Dienstag, 29. April 2014

Verkrampft

Ich stolpere bei Youtube über ein Video seiner Band. Während er normalerweise unauffällig im Hintergrund steht, geht er hier sehr aus sich heraus. Wobei das so nicht stimmt. Er tritt zwar weit nach vorne auf die Bühne und wirbelt mit seinem Bass herum, was das Zeug hält – aber er wirkt dabei nicht euphorisch, leidenschaftlich, ekstatisch gar. Er wirkt angespannt, krampfhaft, bemüht. Er stellt die Gitarre auf seinen Oberschenkel und wedelt mit dem Gitarrenhals herum. Das ist wie beim Sex, denke ich, während ich genauer hinschaue, er gebraucht seinen Bass wie einen riesigen Schwanz mit dem er … ja, was genau demonstriert? Männlichkeit? Macht? Stärke? Ja. Alles. Und gleichzeitig sieht er wie ein kleiner Junge aus, der Superman spielt und sich dabei nicht sehr geschickt anstellt.

Ich schaue noch genauer hin. Er guckt sogar so wie beim Sex, denke ich auf einmal, und meine Faszination wächst wieder. Er ist in dem, was er macht, ein Profi. Egal, ob im Bett oder auf der Bühne. Immer schwingt da etwas mit, was mich „Wow!“ denken lässt. Und gleichzeitig schüttele ich innerlich den Kopf. Der Mann steht auf der Bühne, macht sich zum Affen und wirkt dabei albern und erotisch zugleich. Vor allem aber wirkt er so irre angespannt, als wolle er geradezu verzweifelt alles richtig machen – und liegt dadurch doch ein Quentchen daneben. Ich verspüre Mitleid mit ihm und wünschte, ich könnte ihn von dieser Bühne herunterholen und sagen: „Hey, komm schon, das soll Spaß machen, du musst hier niemandem etwas beweisen.“

Aber dann werde ich traurig, weil ich erkenne, dass ich genauso bin wie er. Auch ich bin oft so verbissen bemüht, alles richtig zu machen, dass ich total verkrampfe und mich dadurch um ganz viel Leichtigkeit bringe. Das war es, was mich immer wieder an ihm verzweifeln ließ: Dass er mich auf erschreckende Weise spiegelt, mir all meine Unzulänglichkeiten beängstigend treffsicher unter die Nase reibt. Mit so jemandem kann man es nicht aushalten, egal wie viele Gefühle da sind.

Flattr this

Mittwoch, 24. Juli 2013

Herzstillstand

Vor vielen Jahren hatte ich eine recht unglückliche Affäre mit einem Kollegen. Ich schlidderte da irgendwie hinein, wusste gar nicht so recht, wie mir geschah, und fühlte mich hauptsächlich geschmeichelt, weil ein Mann, der erheblich älter war, mich junges Ding toll fand. Er war verheiratet und hatte Kinder, die fast so alt wie ich waren. Ich ignorierte den Altersunterschied ebenso wie die Ehefrau, den eher dürftigen Sex und alles andere, was so gar nicht zwischen uns stimmte. Er ignorierte all das erst recht und erzählte in totaler Verklärung seiner Frau von mir. Doch die holte ihn sehr energisch auf den Boden der Tatsachen und ins eheliche Bett zurück. Sie war weder an einer Ménage-à-trois (was ihm wohl vorschwebte) noch an einer Scheidung interessiert.

Über uns schwebten Traurigkeit und Verzweiflung, die Geschichte führte zu gar nichts mehr. Wir sahen einander nur noch im Büro, was schlimm war, vor allem für ihn. Bei mir vollzog sich jedoch allmählich eine Wandlung. Immer häufiger kamen mir Zweifel, immer öfter war ich verärgert und genervt, immer mehr schaute ich nach links und rechts – bis ich mich in einen anderen Mann verliebte. Er war in meinem Alter und ungebunden. Wunderbar! Wir führten mehrere Jahre eine schöne Beziehung.

Meinen Kollegen, mit dem ich weiterhin eng zusammenarbeitete, hätte ich sehr gern zum guten Freund gehabt, doch das war völlig unmöglich. Während ich emotional weitergezogen war, hing er innerlich wie eine Klette an mir. In den nächsten Jahren schenkten wir uns nichts. Er erstickte mich mit seiner Liebe, ich hasste ihn dafür, und er wiederum hasste mich, weil ich ihn nicht mehr liebte. Ich hätte eigentlich den Job wechseln müssen, aber das ging aus verschiedenen Gründen nicht so schnell.

Nachdem ich endlich eine neue Arbeit hatte, schlief unser Kontakt ein. Die letzten Begegnungen sind mehrere Jahre her und fanden zufällig auf der Straße statt, verkrampft und unbeholfen. Er schien jedes Mal vor mir zu fliehen. Ich rannte ihm nicht nach, war im Grunde froh, dass dieses Kapitel endlich beendet war. Ich dachte nur noch selten an ihn. Umso überraschter war ich, als er mir kürzlich schrieb. Er gehe aus der Stadt fort und wolle sich von mir verabschieden. Schnell war klar, dass er nicht nur zum Teetrinken vorbei kommen wollte. Er liebte und begehrte mich wie am ersten Tag. Und in seiner Fantasie hatte er sich offenbar ausgemalt, ich würde all das nach wie vor erwidern. Ich war bestürzt. So viel Realitätsferne passte gar nicht zu ihm.

Nun stand er plötzlich vor meiner Tür - unangemeldet. Wir saßen nur kurz beieinander, vertraut wie ein altes Ehepaar und ganz so, als hätten wir uns erst gestern zum letzten Mal gesehen. Ich fand das schön und dachte wieder einmal: Ach, hätte ich doch damals nie diese Affäre angefangen. Dann wären wir heute vielleicht richtig gute Freunde. So aber geht das natürlich nicht mehr. Er bekannte, dass er mich nie loslassen konnte, dass ich all die Jahre seine stete Begleiterin gewesen sei. Das berührt mich sehr. Und ich denke, wie tragisch das Leben doch oft ist. Ausgerechnet der Mann, dessen Liebe mir rückblickend am wenigsten bedeutet, hält am längsten an mir fest. Aber das kann er vermutlich auch nur, weil er mit einem Fantasiegespinst lebt und nicht mit einer echten Frau.

Unser Abschied war leise und wehmütig. Wir hatten wohl beide das Gefühl, etwas Kostbares verloren zu haben.

Flattr this

Donnerstag, 11. Juli 2013

Ungeduld

Geduld war noch nie meine Stärke. Während mir alle Welt riet, erst mal meinen Gefühlen nachzuspüren, bevor ich voreilige Schritte tue, und ein Teil von mir diesen Rat auch außerordentlich gut fand, begann ein anderer Teil innerlich zu zappeln. Als ich das Zappeln nicht mehr aushielt, unternahm ich einen ersten Vorstoß und fragte mal vorsichtig per Mail beim Mann an, wie lange denn sein Schweigen noch dauern werde. Die Antwort kam rasch. Sie klang genervt, gequält, aber auch nicht völlig ablehnend. Im Moment sei ihm der Kontakt zu anstrengend, er denke aber immer noch nach.

Vielleicht hätte ich ihm diese Zeit gewähren sollen. Aber da war meine Unruhe. Und da waren die ganzen vorformulierten Abschiedsbriefe. Ich wollte nicht mehr warten. Ich wollte mich nicht mehr hinhalten lassen. Ich wollte mich nicht schlecht behandelt fühlen. Ich wollte nur noch meine Ruhe haben. Die hätte ich zwar auch gehabt, wenn ich einfach geschwiegen hätte, aber ich liebe das Drama, Sie wissen ja. Also brachte ich die finalen Abschiedsworte auf die Festplatte. Zack, raus damit, fertig!

Meine erste Reaktion: Erleichterung. Endlich hatte ich diese Sache auch geklärt. Dabei war es das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich von einem Mann trennte, den ich immer noch begehrte und liebte. Und darauf war ich stolz. Endlich wartete ich mal nicht, bis das bittere Ende noch bitterer wurde, verlängerte ich das Rumgequäle nicht mehr unnötig und demütigte mich nicht damit, einem Mann hinterherzurennen. Hurra! Ich ging ins Café, bestellte ein deftiges Essen, gab dem Kellner ein üppiges Trinkgeld, weil er so jung und hübsch war und so schöne Tattoos hatte, machte noch einen Bummel an die Elbe und genoß den wunderbar sonnigen Abend. Alles war gut.

Am nächsten Tag setzten erste Zweifel ein. Der Mann hatte doch gar nicht so genervt geklungen, nur irgendwie ruhebedürftig. Ich hätte ihm die Nachdenkzeit wirklich geben sollen. Jeder Mensch hat das Recht, Abstand zu nehmen und Verhältnisse zu überprüfen. Zumal ich überhaupt nicht weiß, was in seinem Leben gerade los ist. Vielleicht hat er totalen Stress. Vielleicht läuft es auch bei ihm überhaupt nicht rund. Vielleicht fühlt er sich überfordert, hilflos, was auch immer. Ich hätte ja auch das mal erfragen können.

Heute, am dritten Tag, kommen zu den Zweifeln Wehmutsgefühle. Eigentlich war doch unser Miteinander immer schön – jedenfalls in den Zeiten, in denen wir im Fluss waren. Was ist denn nur passiert? Warum, verdammt noch mal, kriege ich das nie hin? Warum kann ich nicht einfach genießen, was da ist, nehmen, was mir gegeben wird und mir ansonsten ein schönes Leben machen? Warum wird bei mir jede Begegnung mit einem Mann zu einem filmreifen Melodram? Ich bin doch im Umgang mit anderen Leuten ganz anders, entspannt, fröhlich, bei mir. Meine dreizehnjährige Nichte sagte kürzlich, ich sei immer ihr Vorbild gewesen, sie wolle mal so werden wie ich. Das klingt doch nicht so, als sei ich eine Zicke, die allen auf die Nerven geht. Nur dem Mann gehe ich gehörig auf die Nerven. Und er geht mir auf die Nerven. Naja, manchmal jedenfalls, irgendwie, also … wie soll ich sagen?

Was ich weiß: So verschieden wir auch in vielen Dingen sind, so ähnlich sind wir uns doch in unseren Gefühlen. Wir sind an denselben Stellen empfindlich, ziehen uns aus denselben Gründen zurück, haben vor denselben Dingen (zu viel Nähe) Angst. Ich brauche aber einen Mann, der mich aushält. Der nicht wegläuft, wenn ich klammere, weil er weiß, dass ich das nicht mache, um ihn zu beherrschen, sondern um selber nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Der weiß, dass ich mich sofort wieder entspanne, wenn er da ist, nah genug, dass ich ihn spüren kann, fern genug, damit ich mich nicht erdrückt fühle. Der unbedachte Bemerkungen von mir mit einem Achselzucken abtun kann – ach ja, sie hat grade ihre Tage, das geht gleich wieder vorbei. Das ging in dieser Beziehungsaffäre leider nicht, von uns beiden aus nicht. Ich konnte seine Launen auch nicht aushalten, sein großes Rückzugsbedürfnis nicht ertragen, seine Ängste nicht auffangen. Irgendwie haben wir uns wohl so hochgeschaukelt. Meine Ängste wurden zu seinen, und umgekehrt.

Jetzt ist hier Katzenjammer angesagt, war ja klar. Tagsüber bin ich unkonzentriert, nachts schlafe ich schlecht und schrecke aus gruseligen Träumen hoch. Und natürlich habe ich schon wieder die Finger nach ihm ausgestreckt … Aber das war sicher keine gute Idee. Genau genommen war sie noch schlechter als das Schlussmachen. Denn so komme ich wirklich nie zur Ruhe. Doch die bräuchte ich gerade in diesen Tagen so dringend.

Ich glaube, eine Reise täte mir jetzt gut. Ganz lange und ganz weit weg.

Flattr this

Freitag, 5. Juli 2013

Abschiedsbriefe

Im Zuge der großen Veränderungswelle fand ich es ganz sinnvoll, auch mein Privatleben mal ein wenig aufzuräumen – zumal der Mann sich gerade mal wieder in einer Phase des großen Schweigens befindet. Ich habe keine Ahnung, warum das so ist, und anfangs war ich auch so mit mir selbst beschäftigt, dass ich es recht gleichgültig zur Kenntnis nahm. Doch das Schweigen hielt an, und allmählich wuchs in mir darüber ein nicht unerheblicher Zorn.

Ich dachte über dieses Verhältnis nach, das sich nun schon seit geraumer Zeit aus dem ewigen Spiel von Nähe und Distanz nährt, aus Abwehr und Anziehung, Zorn und Begehren. Ich fragte mich, was mir das alles eigentlich bringt. Ständig Achterbahn fahren, ständig im Ungewissen gelassen werden, sich ständig schlecht behandelt fühlen. Wozu? Ist es das wert? Nein, befand ich im Zornesrausch, das ist ganz großer Quatsch und gehört beendet. Und zwar sofort.

Also setzte ich mich hin und schrieb einen Abschiedsbrief. Und noch einen und noch einen. Ich schickte sie alle nicht ab, weil ich unsicher war, ob ich schon die richtigen Worte gefunden hatte, ob alles so stimmte. Dann erzählte ich einer Freundin davon. Zu meiner Überraschung bekräftigte sie mich keineswegs darin, diesen Abschied zu vollziehen. Vielmehr sagte sie: „Schlaf da lieber mal noch ein paar Nächte drüber.“ Hä? Fand sie nicht immer, dass diese Affäre nach einer viel zu mühsamen Geschichte klang? Irritiert befolgte ich ihren Ratschlag und setzte mich noch einmal mit der ganzen Sache auseinander.

Und plötzlich begriff ich: Ich konnte hundert Abschiedsbriefe schreiben. Traurige und zornige. Kluge und dahingerotzte. Ich würde meinen Ärger dabei loswerden. Was ich aber nicht loswürde, wären all die anderen Gefühle. Die waren ja nicht verschwunden, sondern wurden nur vom Zorn überlagert. Und was, wenn der wieder verraucht war? Mir wurde klar, dass ich mich mit meinen Gefühlen befassen muss, nicht mit den äußeren Umständen.

Und so fange ich nun also wieder ganz von vorne an. Was ich dabei entdecke, ist schon recht erstaunlich. Fast scheint es so, als würde mir dieses Spiel Spaß machen, als bräuchte ich dieses ständige emotionale Hin und Her. Es fühlt sich lebendig an, es hat etwas Aufregendes und – da bin ich nun selbst überrascht – es strahlt Erotik aus. Mir gefällt das alles überhaupt nicht. Ich sehne mich doch eigentlich nach einem friedlichen, harmonischen Miteinander. Dieses ganze Theater geht mir wahnsinnig auf die Nerven, schlimmer noch: Es ängstigt und verunsichert mich immer wieder neu. Das kann doch nicht richtig sein. Das geht doch nicht.

Nun denke ich also nicht mehr darüber nach, wie ich den Mann loswerde, sondern darüber, was ich mit meinen ganzen Gefühlen mache. Veränderungen stehen in jedem Fall an. Nur – wie können sie aussehen?

Flattr this

Mittwoch, 22. Mai 2013

Beste Freundin

„Ich tauge nicht zur besten Freundin“, sagt er, nachdem er meine Ängste mit den üblichen flapsigen Sprüchen abgetan hat. Nein, das tut er wirklich nicht. Beste Freundinnen fühlen sich in die Nöte anderer ein und wissen, wann es besser ist, einfach mal den Mund zu halten und nur da zu sein, wann Nähe wichtiger als Argumente ist. Ich muss über seine Selbsterkenntnis lachen. „Aber immerhin bringe ich dich zum Lachen“, stellt er zufrieden fest. Das stimmt und ist schön und tut mir gut. Trotzdem frage ich ihn nicht, ob er wenigstens zum besten Freund taugt und einfach mal herkommt und mich in die Arme nimmt. Das ist es nämlich, was ich jetzt dringend bräuchte. Er wiederum fragt nicht, ob ich Lust auf Sex habe. Die Zahnbürstenangst hat ihn vermutlich mal wieder für Monate blockiert.

So kämpft jeder von uns mit seinen Dämonen, unfähig, über den eigenen Schatten zu springen, die eigenen Ängste dauerhaft zu überwinden. Es ist so leicht, über die Schwächen anderer den Kopf zu schütteln. Aber sich selbst aufzumachen, um etwas zu verändern? Da, wo keine tieferen Emotionen im Spiel sind, geht das ganz gut. Da können wir uns großartige Ziele setzen und sie auch erreichen. Aber uralte Ängste abzubauen, ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Manchmal denke ich, es wäre leichter, wir würden uns einfach mal gegenseitig an die Hand nehmen, statt ständig nur voreinander und vor uns selbst abzuhauen.

Was fehlt: Antworten auf manche Fragen. Klarheit in Kopf und Herz. Ruhe und Gelassenheit. Mut. Eine breite Schulter, an der ich mich mal ausheulen kann. Liebe. Liebe. Und noch mehr Liebe.

Flattr this

Sonntag, 5. Mai 2013

Wozu?

„Könntest du dir vorstellen, mal eine ganze Nacht mit mir zu verbringen?“
„Grundsätzlich schon, aber wozu?“
Ja, wozu? Warum verbringen Männer und Frauen Nächte miteinander? Sex kann man auch ohne dieses lästige Übernachtungsgedöns haben, ohne das nicht schlafen können, ohne den muffigen Mundgeruch am Morgen, die verquollenen Augen, das verkaterte Gefühl. Beim Sex kann man eine frische, reine, sterile Atmosphäre schaffen, eine Illusion von Perfektion. Hinterher geht jeder brav in sein eigenes Bett, und alles hat schön seine Ordnung.

Aber wenn man nicht einfach mitten in der Nacht nach Hause geht, sondern dableibt, was dann? Dann verliert man die Kontrolle. Wer weiß, was im Schlaf alles geschieht. Vielleicht sagt man Dinge, die man nicht sagen möchte. Vielleicht schnarcht man oder hat Blähungen. Vielleicht entdeckt man plötzlich Gefühle für den anderen, die man nicht haben möchte, spürt in der Dunkelheit der Nacht eine Verbundenheit, die man bei Tageslicht schön verdrängen kann. Vielleicht erkennt man aber auch durch die intime Nähe die eigene Einsamkeit. Vielleicht spürt man die eigene Verlorenheit, die nie größer ist als nachts um halb vier, wenn man schlaflos neben einem anderen Menschen liegt. Man könnte schwach werden, sich dem anderen öffnen und anvertrauen. Und dann?

„Nachher vergisst du deine Zahnbürste hier, und plötzlich liegt die dann ständig in meinem Bad herum.“ Au weia. Und ehe man sich versieht, wurde das Klingelschild an der Tür ausgetauscht und der Familienstand auf der Steuerkarte geändert. Ende mit Freiheit und Vergnügen. Zu Hilfe! Also schnell abwehren, Verteidigung aufbauen, ein bisschen Unfug reden und hoffen, dass er abschreckend genug klingt. Dabei ist es doch ganz einfach. Zahnbürsten kommen und gehen. Wenn die dazugehörigen Menschen auch gehen sollen, muss man nur sein Herz fest genug verschließen, dann verschwinden die schon von alleine wieder. Denn vor verschlossener Tür bleibt niemand lange stehen. Es sei denn, er ist völlig bescheuert. Oder hoffnungslos verliebt.

Flattr this

Dienstag, 23. April 2013

Fragen

Was veranlasst eine Frau dazu, ein Wochenende, das sie mit einem Mann verbracht hat, der, wie sie garantiert weiß, noch lauter andere Frauen hat, öffentlich auf Facebook zu dokumentieren? So, dass es ALLE sehen können? „Jetzt war ich mit XY in dieser Bar, jetzt in jenem Café.“ Es fehlte bloß noch ein Posting: „Jetzt sind wir in XYs Bett.“ Am besten mit Foto. Musste sie das Revier markieren, das ihr kurzfristig gehörte? Aller Welt zeigen, dass sie jetzt endlich mal an der Reihe war?

Was treibt einen Mann dazu, nach einem intensiven Wochenende mit einer Frau die nächste Frau in sein Bett zu holen, kaum dass die erste abgereist ist? Will er damit Verlustgefühle überdecken? War die Zeit mit der ersten Frau so wenig erfüllend, dass er unbedingt noch einen Nachschlag brauchte? Macht ihn die Vorstellung an, so begehrt zu sein, dass er eine Frau nach der nächsten haben kann?

Was bringt eine Frau dazu, zu einem Mann zu fahren, von dem sie weiß, dass er noch vor wenigen Stunden mit einer anderen Frau zusammen war? Ist es die Hoffnung, dass doch alles nicht so wild war? Dass ihr Kopfkino Geschichten erzählt hat, die real gar nicht stattfanden? Musste sie spüren, dass sie nicht zu kurz kommt, dass sie alles kriegt, was sie braucht? Suchte sie Antworten, die sie nicht fand, weil sie es nicht wagte, die passenden Fragen zu stellen?

Viele Fragen. Keine Antworten. Nur abenteuerliche Filme im Kopf. Und ein erbärmlich flaues Gefühl im Magen.

Flattr this

Freitag, 19. April 2013

Futterneid

Eifersucht, so heißt es bei Wikipedia, entsteht, wenn der Partner Zuneigung, Liebe oder Aufmerksamkeit jemand anderem als einem selbst entgegenbringt und dadurch eine starke Verlustangst auslöst. Der Duden schlägt als Synonym das Wort „Futterneid“ vor. Das finde ich ganz passend.

Für mich ist Eifersucht Neid. Ich bin neidisch, weil eine andere Frau etwas bekommt, was ich nicht bekommen kann – jetzt im Moment nicht oder generell nicht. Ich habe Angst, selber zu kurz zu kommen, zu verhungern. Das ist ein fieses Gefühl. Dummerweise habe ich mich sehr oft in meinem Leben in Situationen begeben, in denen ich gar nicht anders konnte, als eifersüchtig zu werden. Ständig habe ich Männer mit anderen Frauen geteilt, mal einvernehmlich, mal unfreiwillig. Und das, wo das Wort „Vertrauen“ für mich ein Fremdwort ist, das ich kaum aussprechen kann. Wie schräg. Denn derartige Situationen kann man ja eigentlich nur mit sehr großem Vertrauen aushalten. Vertrauen in den Partner, vor allem aber in sich selbst.

Weil ich aber kein Vertrauen habe, streife ich ruhelos durch die Gegend, beäuge misstrauisch alle und jeden, glaube ständig, dass es jeden Augenblick vorbei ist mit Lust, Liebe und Glück. Ich dringe in die schmutzigsten Tiefen des Internets vor, schleiche auf geheimen Pfaden um das Leben wildfremder Menschen herum und werde zur übelsten Stalkerin aller Zeiten – rein virtuell zwar nur, aber immerhin. Das ist ziemlich ekelhaft.

Vor allem aber ist es ziemlich sinnlos. Letzten Endes weiß ich nicht, ob das, was ich zu sehen glaube, wirklich stimmt, ob die Worte, die ich lese, wirklich bedeuten, was ich in sie hinein deute. Meine Fantasie ist schmutziger und böser als die Wirklichkeit. Und vor allem viel ungerechter. Kriege ich etwa nicht alles, was ich brauche? Und wenn nicht, dann liegt das sicher nicht an den Männern, mit denen ich verkehre, sondern an mir. Ich muss mich ja nicht mit verheirateten Männern einlassen. Oder mit solchen, die immer mehrere Frauen parallel brauchen. Ich könnte das alles auch ganz anders haben. Aber wäre ich dann glücklicher? Wäre die Eifersucht weg? Vermutlich nicht. Denn es geht nicht um die äußeren Umstände, sondern um die inneren. Und solange ich nicht darauf vertraue, satt genug zu werden, ist es eigentlich wurscht, wer für mich kocht. Es reicht nie.

Flattr this

Dienstag, 12. März 2013

Dürre und Fülle

„Bist du dünner geworden?“, fragt er. Einerseits freut es mich, dass er mich so genau anschaut und diese Veränderung bemerkt. Andererseits bin ich bestürzt: Man sieht es mir tatsächlich an. Zweieinhalb Kilo seit unserer letzten Begegnung. Das ist viel für so einen Floh wie mich. Und kein Gramm davon habe ich freiwillig hergegeben. Der mieseste Winter seit Jahren hat seine Spuren hinterlassen. Ich rede mich nicht heraus, behaupte nicht, plötzlich exzessiv Sport zu treiben oder eine neue Frühjahrsdiät zu testen. Offen erzähle ich von all dem, was war und ist. Und zum ersten Mal begreift er, worum es geht, spüre ich Sorge und Verstehen bei ihm. Ich bin dankbar dafür und erleichtert, dass meine Offenheit belohnt wird. Wieder einmal. Als er später bei eisiger Kälte durch den Schnee heimwärts stapft, schaue ich ihm verstohlen am Fenster hinterher und begleite ihn in Gedanken durch die nächtliche Stadt. Auch von ihm ist ein kleiner Teil bei mir geblieben. Ich nehme ihn mit ins Bett und gebe mich diesem Gefühl satter, wohliger Wärme und leiser Aufgeregtheit hin.

Flattr this

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Aushalten

Wenn mir eine gute Freundin von ihren Eheproblemen erzählt, wird mir jedes Mal ganz flau. Ich denke dann immer: Wie kann sie das nur aushalten? Wie erträgt sie so viel Lieblosigkeit und Respektlosigkeit? So viel seelische Gewalt? Wir kennen uns seit zehn Jahren. Seit damals höre ich mir diese Geschichten an. Und sie wurden mit den Jahren nicht besser, sondern immer schlimmer. Immer häufiger sage ich ihr das auch. Neuerdings denkt sie tatsächlich über Scheidung nach, hat aber nicht die Kraft, die nötigen Schritte einzuleiten. Ich sitze da und bin verzweifelt, weil meine Freundin so unglücklich ist.

Auch andere Freundinnen sind unglücklich mit ihren Partnern. Ich höre ihnen allen zu, tröste, muntere auf, erteile Ratschläge. Ich habe immer gute Ratschläge parat, darin bin ich ganz groß. Vor allem darin, einer Freundin klarzumachen, dass sie einen Mann ziehen lassen soll, der sie nur unglücklich macht, bin ich die absolute Expertin. Ich sehe glasklar, wie unsinnig es ist, an einer Verbindung festzuhalten, die mehr Unglück als Glück bedeutet.

Wenn es allerdings um mich selbst geht, versage ich total. Da sehe ich gar nichts mehr. Da spüre ich einen undefinierbaren Wust von Gefühlen, die mich gefangen nehmen und mein Hirn blockieren. Das größte Gefühl ist immer die Angst. Angst, nicht gut genug zu sein. Angst, zu versagen. Angst, den Mann durch mein Verhalten zu vertreiben. Angst, verlassen zu werden. Angst, für den Rest meines Lebens allein bleiben zu müssen. Aus dieser Angst heraus mache ich total bescheuerte Sachen. Ich zicke rum. Ich meckere. Ich analysiere Situationen zu Tode. Ich klammere. Ich trete und beiße. Ich halte fest. Ich verzeihe, was nicht zu verzeihen ist. Ich versuche zu verstehen, was nicht zu verstehen ist. Ich verliere mich selbst in dem Bestreben, dem anderen nahe zu sein.

Das Ergebnis liegt auf der Hand. Einerseits verjage ich Männer durch mein Verhalten. Wenn ich zickig bin, ertrage ich mich nicht mal selbst, so schlimm ist das. Andererseits halte ich Zustände aus, die nicht auszuhalten sind. Ich hänge an Männern fest, die mir schon lange nichts mehr geben. Ich bilde mir ein, dass ich mich nur zusammenreißen muss, dann wird schon alles besser. Ich suche die Fehler bei mir, nicht bei den Männern. Ich stecke total fest, während die Männer längst weitergegangen sind.

Ich habe inzwischen einige Erklärungen gefunden, warum das so ist. Es ist hilfreich, sich selbst zu verstehen. Sich auch verändern zu können, ist jedoch etwas völlig anderes. Und an der Veränderung arbeite ich wohl noch ein Weilchen. Ich mochte Stillstand noch nie. Bewegung, Veränderung ist für mich immer wichtig, so schwer das oft auch ist. Über den eigenen Schatten zu springen, eigene Ängste zu überwinden, eigene Fehler und Schwächen zu erkennen und nach Auswegen zu suchen – das ist wohl das Schwerste überhaupt. Aber, auch das wird mir in solchen Krisen immer wieder klar, ich bin zäh. Viel zäher, als ich oft denke. Es zerreißt mir das Herz und ich liege am Boden. Aber ich kann immer noch lächeln und die Sonne sehen. Und mit dieser Restenergie gehe ich jetzt los, sammle meine Einzelteile zusammen und fange von vorne an. Wieder mal.

Flattr this

Gäste

Neugierig?

Klatsch und Tratsch

Danke und tschüss!
Übermorgen fliege ich in den Urlaub, und wenn ich zurückkehre,...
feinstrick - 15. Mai, 21:06
Hat ja geklappt :)
Hat ja geklappt :)
steppenhund - 11. Feb, 22:02
Ja, ich erinnere mich...
Ja, ich erinnere mich gut daran. Ich mache mich mal...
feinstrick - 11. Feb, 20:08
Ich hab meine Statistik...
Ich hab meine Statistik ewig nicht angeschaut, aber...
feinstrick - 11. Feb, 20:08

Post an Frau Feinstrick

feinstrick bei googlemail com

Gezwitscher

Suche

 

Status

Online seit 6287 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Mai, 21:06

Hausordnung

Credits

Knallgrau New Media Solutions - Web Agentur f�r neue Medien

powered by Antville powered by Helma


Creative Commons License

xml version of this page (summary)

twoday.net AGB

blogoscoop


Arbeitszimmer
Badezimmer
Balkonien
Dachboden
Hausordnung
Hobbykeller
Kinderzimmer
Kleiderschrank
Küche
Schlafzimmer
Treppenhaus
Unterwegs
Wohnzimmer
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development