Virtuelle Liebe
Ich gebe es zu, ich bin leicht verführbar. Wenn ich schöne Worte lese, kunstvoll formuliert, vor Witz sprühend und Wärme ausstrahlend, dann ist es schnell um mich geschehen. Dann lasse ich mich hinreißen zu Fantasien, in denen ich mir selbst all die Geschichten erzähle, die zwischen die Zeilen passen, in denen ich so lange über Glück und Liebe nachdenke, bis mein Herz anfängt zu rasen, sobald ich meinen Rechner hochfahre. Dabei sind es doch nur Worte, die ich dort finde – in meiner Mailbox, einem Blog, bei Twitter oder sonst wo. Es ist kein Mensch, den ich anfassen, dessen Geruch ich atmen, dessen Lachen ich hören kann. Ich habe mich schon in viele zauberhafte Worte verliebt, mich ihnen virtuell hingegeben und dabei eine Nähe und Vertrautheit gespürt, die mich faszinierte. Ich habe mich in Mailwechseln vollkommen verloren und mir eingebildet, dass all diese schönen Worte echt waren, dass ich sie leben konnte. Ein Buchstabe für Buchstabe hingehauchter Kuss erlangte so auf einmal mehr Bedeutung als eine reale Umarmung. Ich war hungrig nach immer neuen Worten, süchtig nach den Gefühlen, die sie in mir erzeugten, nach der Möglichkeit, mich selber zu öffnen, auf eine Weise, wie ich es real nie tun würde – schon gar nicht einem Unbekannten gegenüber, den ich noch nie zuvor gesehen habe.
Irgendwann kommt allerdings in jeder virtuellen Liebe der Punkt, an dem man sich unweigerlich fragt, wie es weiter geht. Zerstört schon ein Foto alle Illusionen der Vollkommenheit? Entzaubert bereits der Klang einer Stimme die geschriebenen Worte? Und was, wenn man noch einen Schritt weiter geht und sich real trifft? Ist das dann ein Ende oder ein Anfang? Will man es überhaupt riskieren, dieser Frage auf den Grund zu gehen?
Daniel Glattauer riskiert es. In seinem Roman "Gut gegen Nordwind". Sehr treffend und genau beobachtet schildert er das Wechselbad der Gefühle, in dem man sich urplötzlich wiederfinden kann, und er lässt den Leser teilhaben an der Auseinandersetzung mit der Frage: Wenn man sich virtuell verliebt, können die Fantasien im Kopf dann der Realität standhalten? Mit feinem Humor beschreibt er, wie der Mailwechsel mit einem Fremden das eigene Leben völlig auf den Kopf stellen kann und ein virtueller Kontakt auf einmal wichtiger wird als das reale Leben. Er beschreibt die Sehnsüchte, die von geschriebenen Worten geweckt werden und schließlich in eine Sucht übergehen – Sucht nach noch mehr schönen Worten, nach Lebendigkeit, aber auch nach Illusion. Manchmal kann eine reale Begegnung dann sehr ernüchternd und heilsam sein. Manchmal aber macht sie auch alles erst recht kompliziert und verwirrend. Ich habe beides erlebt und weiß, dass sich ein Verhältnis total verändert, wenn man es aus dem virtuellen Raum heraus in die reale Welt transportiert. Aufregend ist die Veränderung in jedem Fall. Die Spannung, die sich aus diesem Widerstreit der Gefühle ergibt, hält Daniel Glattauer sehr gekonnt und auf faszinierende Weise bis zum Schluss seines Romans aufrecht. Ein absolutes Lese-Muss für alle, die sich schon mal in eine E-Mail verliebt haben.
Irgendwann kommt allerdings in jeder virtuellen Liebe der Punkt, an dem man sich unweigerlich fragt, wie es weiter geht. Zerstört schon ein Foto alle Illusionen der Vollkommenheit? Entzaubert bereits der Klang einer Stimme die geschriebenen Worte? Und was, wenn man noch einen Schritt weiter geht und sich real trifft? Ist das dann ein Ende oder ein Anfang? Will man es überhaupt riskieren, dieser Frage auf den Grund zu gehen?
Daniel Glattauer riskiert es. In seinem Roman "Gut gegen Nordwind". Sehr treffend und genau beobachtet schildert er das Wechselbad der Gefühle, in dem man sich urplötzlich wiederfinden kann, und er lässt den Leser teilhaben an der Auseinandersetzung mit der Frage: Wenn man sich virtuell verliebt, können die Fantasien im Kopf dann der Realität standhalten? Mit feinem Humor beschreibt er, wie der Mailwechsel mit einem Fremden das eigene Leben völlig auf den Kopf stellen kann und ein virtueller Kontakt auf einmal wichtiger wird als das reale Leben. Er beschreibt die Sehnsüchte, die von geschriebenen Worten geweckt werden und schließlich in eine Sucht übergehen – Sucht nach noch mehr schönen Worten, nach Lebendigkeit, aber auch nach Illusion. Manchmal kann eine reale Begegnung dann sehr ernüchternd und heilsam sein. Manchmal aber macht sie auch alles erst recht kompliziert und verwirrend. Ich habe beides erlebt und weiß, dass sich ein Verhältnis total verändert, wenn man es aus dem virtuellen Raum heraus in die reale Welt transportiert. Aufregend ist die Veränderung in jedem Fall. Die Spannung, die sich aus diesem Widerstreit der Gefühle ergibt, hält Daniel Glattauer sehr gekonnt und auf faszinierende Weise bis zum Schluss seines Romans aufrecht. Ein absolutes Lese-Muss für alle, die sich schon mal in eine E-Mail verliebt haben.
Wohnzimmer - feinstrick - 19. Jul, 13:21
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Chinaski - 19. Jul, 13:39
Heute ist es schon schwer sich von Angesicht zu Angesicht in einen Menschen aus Fleisch und Blut zu verlieben geschweige denn in eine Email. Die Fähigkeit sich zu verlieben und zu lieben ist dabei verloren zu gehen und wenn die verloren geht ist dieses Leben nichts mehr als eine stumpfe und langwierige Warterei auf den Tod.
Wie Camus einmal sagte: "Es gibt im Grunde nur eine relevante philosophische Frage: Ist dieses Leben es wert gelebt zu werden oder nicht".
Ich denke die Antwort liegt in der Liebe. Mit liebe "ja". Ohne liebe "Nein".
Wie Camus einmal sagte: "Es gibt im Grunde nur eine relevante philosophische Frage: Ist dieses Leben es wert gelebt zu werden oder nicht".
Ich denke die Antwort liegt in der Liebe. Mit liebe "ja". Ohne liebe "Nein".
feinstrick - 19. Jul, 15:20
Ich glaube nicht, dass uns die Fähigkeit des Verliebens abhanden gekommen ist. Es ist eher die Kunst, daraus etwas Wahres, Dauerhaftes zu machen, die wir verlernt haben.
testsiegerin - 19. Jul, 13:59
Ich mag ja die Unterscheidung "echtes" und "virtuelles" Leben nicht. Das klingt nämlich grad so, als wäre das eine immer echt und real, das andere immer virtuell und unecht. Das stimmt so aber natürlich nicht. Ich hab im Netz echtere und beglückendere Augenblicke erlebt als manchmal vor meiner Haustür und ich hab da wie dort Lügen und Feindseligkeit und Missgunst und Hass erlebt.
Das alles ist Leben.
Und manche meiner besten Freundinnnen hab ich im Netz kennengelernt. Die schreiben nciht nur witzig und pointiert, sondern lachen auch herzerfrischend und fühlen sich gut an.
Gut gegen Nordwind hab ich auch gelesen und geliebt. Und ich hätt schon sehr gern gehabt, dass die sich treffen.
Das alles ist Leben.
Und manche meiner besten Freundinnnen hab ich im Netz kennengelernt. Die schreiben nciht nur witzig und pointiert, sondern lachen auch herzerfrischend und fühlen sich gut an.
Gut gegen Nordwind hab ich auch gelesen und geliebt. Und ich hätt schon sehr gern gehabt, dass die sich treffen.
feinstrick - 19. Jul, 15:25
Es geht ja genau um dieses seltsame Phänomen, dass man im Netz manchmal beglückendere Begegnungen hat als außerhalb des Computers, was doch eigentlich etwas merkwürdig erscheint, wenn man mal genauer darüber nachdenkt. Dass daraus wunderbare Freundschaften werden können, die auch in einem PC-freien Leben (ich vermeide jetzt mal bewusst die Vokabeln "real" und "virtuell") überdauern, ist keine Frage. Ich glaube allerdings auch, dass virtuelles Verlieben noch mal eine andere Nummer ist als gute Freunde kennen lernen. Da spielen Illusionen und ungelebte Sehnsüchte eine viel größere Rolle.
Sun-ray - 19. Jul, 16:50
Also ich denke, dass Illusionen und ungelebte Sehnsüchte grundsätzlich überall beeinträchtigen, wo Menschen insbesondere zu ersteren neigen. Beziehungstherapeuten können ein Lied davon singen.
Ansonsten liebe ich geschriebenes Wort. Natürlich ist und wirkt es anders, doch eben darin liegt ja sein besonderes Potential. Was mich irritiert, ist, wenn es als Gegenwelt zur nichtgeschriebenen gesehen wird. Warum sollte ein Seelenaustausch im Netz weniger wert sein als ein körperlich gegenwärtiger? Er ist anders, ja. Aber darum empfinde ich ihn nicht als weniger kostbar und beflügelnd. Und zuweilen passiert es sogar, dass man jemanden dann jenseits der Tasten trifft und feststellt, dass man ihn dort noch viel lieber hat. Netz ist m.E. nur ein Medium, kein Kriterium. Und demzufolge ist Beziehungsqualität auch dort immer eine Sache der jeweils beteiligten Persönlichkeiten.
Ansonsten liebe ich geschriebenes Wort. Natürlich ist und wirkt es anders, doch eben darin liegt ja sein besonderes Potential. Was mich irritiert, ist, wenn es als Gegenwelt zur nichtgeschriebenen gesehen wird. Warum sollte ein Seelenaustausch im Netz weniger wert sein als ein körperlich gegenwärtiger? Er ist anders, ja. Aber darum empfinde ich ihn nicht als weniger kostbar und beflügelnd. Und zuweilen passiert es sogar, dass man jemanden dann jenseits der Tasten trifft und feststellt, dass man ihn dort noch viel lieber hat. Netz ist m.E. nur ein Medium, kein Kriterium. Und demzufolge ist Beziehungsqualität auch dort immer eine Sache der jeweils beteiligten Persönlichkeiten.
feinstrick - 19. Jul, 20:50
Ja, es ist anders. Allerdings erscheint mir ein realer Kontakt vollständiger, weil er mehr Sinne mit einbezieht. Aber das hängt wohl alles von den jeweiligen Erfahrungen ab, die man gemacht hat. Dass virtuelle Kontakte faszinierend sind, habe ich nie bezweifelt. Ich wäre sonst auch nicht so viel im Internet unterwegs.
Ebri - 20. Jul, 00:19
Irgendwie lustig, dass jemand darüber Bücher schreibt.
Ich für meinen Teil habe den Schritt einfach gewagt. Gewagt zu glauben, dass Worte nicht nur Worte sind, auch wenn sie in einer Email stehen. Und bislang habe ich es nicht bereut. Seit 7 Jahren ein Leben zusammen außerhalb der virtuellen Welt, seit einem Jahr verheiratet...und immer noch glücklich.
Ich für meinen Teil habe den Schritt einfach gewagt. Gewagt zu glauben, dass Worte nicht nur Worte sind, auch wenn sie in einer Email stehen. Und bislang habe ich es nicht bereut. Seit 7 Jahren ein Leben zusammen außerhalb der virtuellen Welt, seit einem Jahr verheiratet...und immer noch glücklich.
feinstrick - 20. Jul, 10:24
Das ist doch mal eine echte Erfolgsgeschichte. Klasse! Ich könnte leider ganz andere Geschichten zum Besten geben, die überhaupt nicht glücklich endeten. Beim Lesen des Buches habe ich die ganze Zeit gedacht: Das kann eigentlich nur jemand so genau beschreiben, der es selber erlebt hat. Wer weiß, vielleicht weilt der Autor klammheimlich mitten unter uns. ;-)
Ebri - 20. Jul, 16:24
Also ICH WAAAAAAAARS NICH!
Ganz bestimmt nicht!
;-)
Ganz bestimmt nicht!
;-)
Kozzenscheiser (Gast) - 20. Jul, 19:42
ich war's auch nich't
feinstrick - 20. Jul, 20:54
Wir können ja jetzt mal alle Hobbydetektive ins Rennen schicken. Also, wer Daniel Glattauer zuerst enttarnt, kriegt ein Abendessen von mir. :-)
Edit: Grade sehe ich, dass Herr Glattauer an einer Fortsetzung zu "Gut gegen Nordwind" schreibt. Er wird also intensivst recherchieren müssen. Das heißt, Augen auf, werte Miss Marples und Sherlock Holmes'.
Edit: Grade sehe ich, dass Herr Glattauer an einer Fortsetzung zu "Gut gegen Nordwind" schreibt. Er wird also intensivst recherchieren müssen. Das heißt, Augen auf, werte Miss Marples und Sherlock Holmes'.
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