Tornado
In einer kleinen Singlebörse stolpere ich beim Durchsehen meiner Kontaktvorschläge über ihn. Wenig Text, aber ein Foto, das mich sofort anzieht und ein wenig an Benjamin Sadler mit langen Haaren und Dreitagebart erinnert. Die sparsamen Worte zeugen von einem humorvollen, intelligenten Mann. Er ist in meinem Alter, lebt knapp 300 Kilometer von Hamburg weg, das geht noch als Entfernung. Ich bin angetan und schicke ihm eine sehr kurze Mail. Die Antwort gefällt mir. Noch mehr Humor. Und viel Freundlichkeit. Und – das überrascht mich, weil es in diesen Singlebörsen ungewöhnlich ist – die Zeilen klingen liebevoll, ohne aufdringlich zu sein.
Ich schalte ihm meine Fotos frei, und daraufhin schlägt er vor, nach Hamburg zu kommen, um mich kennen zu lernen. Als ich das lese, geschieht etwas mit mir. Zum ersten Mal seit vielen Jahren berührt mich die Mail eines Fremden. Schlimmer noch: Ich kriege Herzrasen und werde so aufgeregt wie eine Fünfzehnjährige. Entsetzt erkenne ich, dass ich mich in ein paar dürre Worte und ein unscharfes Schwarz-Weiß-Foto verknallt habe. Und das mir, die ich immer dachte, ich hätte diesen ganzen Dating-Zirkus im Griff wie sonst niemand und könnte mich bis in alle Ewigkeiten mit Männern verabreden, ohne tiefere Gefühle dabei zu hegen. Vor allem aber weiß ich doch genau, dass ein paar schöne Worte überhaupt nichts bedeuten. Ich weiß absolut nichts über diesen Mann. NICHTS. Und in dieses Nichts habe ich mich verguckt. Was für ein schrecklicher Anfängerfehler.
Munter ignoriere ich weitere Regeln, die ich sonst befolge, und gebe ihm meine Telefonnummer. Seine Stimme, die schnodderig und hektisch klingt, ernüchtert mich total. Sie passt überhaupt nicht zu den liebevollen Mails und dem Foto, das einen Mann zeigt, der eher in sich gekehrt wirkt. Fast bin ich geneigt, ihn ziehen zu lassen. Er hingegen ist hingerissen von meiner Stimme, und schließlich denke ich: Wer weiß, vielleicht ist er am Telefon nur aufgeregt. Wir verabreden uns, aber ich bin längst nicht mehr so euphorisch. Doch dann telefonieren wir erneut, und siehe da, diesmal klingt er sehr ruhig und vor allem sehr humorvoll. Wir lachen ausgelassen miteinander, und dann ist mein Herzklopfen wieder da.
Er hat sich den schlechtesten Tag des Jahres für einen Hamburg-Besuch ausgesucht. Es gießt in Strömen, und das ganze Viertel ist wegen des Schlager-Moves abgeriegelt. Er braucht zwei Stunden für den größten Teil der Fahrt und eine weitere geschlagene Stunde für die letzten anderthalb Kilometer. Ich ringe mit mir. Das Verkehrschaos, der Regen – ich möchte nicht länger warten und ihm auch nicht zumuten, weiter durch die Stadt zu irren. Also schlage ich ihm vor, nicht in die verabredete Kneipe, sondern direkt zu mir nach Hause zu kommen. Niemals, niemals gebe ich meine Adresse heraus, ohne jemanden vorher persönlich zu kennen. Er hingegen erhält hundert Vertrauensvorschübe auf einmal. Ich verstehe mich selbst nicht mehr.
Dann steht er in der Tür, sieht mich an – und es ist um mich geschehen. Zur Begrüßung nimmt er mich fest in die Arme und küsst mich auf die Wange. Ich möchte ihn am liebsten nie mehr loslassen. Wir bestellen Pizza, setzen uns aufs Sofa und reden, reden, reden. Er hat eine unglaubliche Ausstrahlung, sehr lebendig, sehr wach, mit leuchtenden Augen und einem breiten, mal herzlichen, mal frechen Lachen. Der Mann auf meinem Sofa passt weder zu dem Foto noch zu den Mails noch zu dem Bild, das er beim Telefonieren in meinem Kopf erzeugt hat. Er ist ganz anders. Positiv anders. Aber auch beängstigend anders. Er ist sehr dominant, sagt unverblümt, was er denkt, kritisiert Kleinigkeiten an mir, als seien wir seit zehn Jahren ein Paar. Meine Gefühle fahren Achterbahn. Ich bin fasziniert – und total verunsichert. Er ist sehr ironisch und zynisch, nachdenklich und sensibel, aufmerksam und chaotisch. Manchmal weiß ich nicht, was er ernst meint und was nicht. Er steckt mich mit seiner Hektik an, macht mich nervös und bringt mich dazu, Dinge zu erzählen, die ich überhaupt nie erzählen wollte. Ich entdecke, dass sein Bindungsproblem noch größer als meins ist oder als das all der Männer, mit denen ich bisher zu tun hatte. Er ist sozusagen der König aller bindungsscheuen Wesen.
Es entsteht sehr schnell eine körperliche Nähe zwischen uns. Ganz selbstverständlich wärmt er meine kalten Füße zwischen seinen Beinen, streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, berührt meine Arme und Beine mit kleinen, liebevollen Gesten. Ich mag das sehr. Wir landen schneller im Bett, als ich dachte, werden so rasch sehr intim miteinander, dass es mich überfordert. Das geht alles viel zu schnell, das ist viel zu viel. Und gleichzeitig so intensiv, so überwältigend. Ich liege die ganze Nacht wach und schaue ihm beim Schlafen zu, während draußen ein Unwetter tobt und in mir drin mein Herz bebt.
Kurzer, wilder Morgensex – und dann rückt er auf einmal von mir ab. Als wäre ein Vorhang zwischen uns gezogen worden, zieht er sich vollkommen in sich zurück. Das ändert sich nicht mehr, bis er abfährt. All meine Komplimente bleiben unerwidert, ebenso die Anspielungen auf weitere Treffen. Kein Wort darüber, ob ihm die Zeit mit mir gefallen hat, ob er mich wiedersehen möchte. Von unterwegs ruft er noch mal an, um mir mitzuteilen, dass er wieder im Stau steckt – diesmal wegen des Halbmarathons. „Hamburg ist wirklich eine beschissene Stadt“, schließt er grimmig, und ich frage mich, ob ich das als Zusammenfassung für die gesamten vergangenen Stunden werten darf und ob ich jemals wieder von ihm hören werde.
Ich bin verstört und völlig übermüdet. Mir ist übel, weil ich in den letzten zwei Tagen viel zu wenig gegessen habe. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen und habe das entsetzliche Gefühl, mitten in einen Tornado geraten zu sein, der quer durch mein kleines, friedliches Leben gewirbelt ist und eine breite Spur der Verwüstung hinterlässt. Ich mache mich jetzt mühsam an die Aufräumarbeiten und frage mich dabei bange, ob es bei diesem einmaligen Tornado bleibt, oder ich in Zukunft noch häufiger von Wirbelstürmen heimgesucht werde, die dieser Mann auslöst und die mich von den Beinen fegen.
Ich schalte ihm meine Fotos frei, und daraufhin schlägt er vor, nach Hamburg zu kommen, um mich kennen zu lernen. Als ich das lese, geschieht etwas mit mir. Zum ersten Mal seit vielen Jahren berührt mich die Mail eines Fremden. Schlimmer noch: Ich kriege Herzrasen und werde so aufgeregt wie eine Fünfzehnjährige. Entsetzt erkenne ich, dass ich mich in ein paar dürre Worte und ein unscharfes Schwarz-Weiß-Foto verknallt habe. Und das mir, die ich immer dachte, ich hätte diesen ganzen Dating-Zirkus im Griff wie sonst niemand und könnte mich bis in alle Ewigkeiten mit Männern verabreden, ohne tiefere Gefühle dabei zu hegen. Vor allem aber weiß ich doch genau, dass ein paar schöne Worte überhaupt nichts bedeuten. Ich weiß absolut nichts über diesen Mann. NICHTS. Und in dieses Nichts habe ich mich verguckt. Was für ein schrecklicher Anfängerfehler.
Munter ignoriere ich weitere Regeln, die ich sonst befolge, und gebe ihm meine Telefonnummer. Seine Stimme, die schnodderig und hektisch klingt, ernüchtert mich total. Sie passt überhaupt nicht zu den liebevollen Mails und dem Foto, das einen Mann zeigt, der eher in sich gekehrt wirkt. Fast bin ich geneigt, ihn ziehen zu lassen. Er hingegen ist hingerissen von meiner Stimme, und schließlich denke ich: Wer weiß, vielleicht ist er am Telefon nur aufgeregt. Wir verabreden uns, aber ich bin längst nicht mehr so euphorisch. Doch dann telefonieren wir erneut, und siehe da, diesmal klingt er sehr ruhig und vor allem sehr humorvoll. Wir lachen ausgelassen miteinander, und dann ist mein Herzklopfen wieder da.
Er hat sich den schlechtesten Tag des Jahres für einen Hamburg-Besuch ausgesucht. Es gießt in Strömen, und das ganze Viertel ist wegen des Schlager-Moves abgeriegelt. Er braucht zwei Stunden für den größten Teil der Fahrt und eine weitere geschlagene Stunde für die letzten anderthalb Kilometer. Ich ringe mit mir. Das Verkehrschaos, der Regen – ich möchte nicht länger warten und ihm auch nicht zumuten, weiter durch die Stadt zu irren. Also schlage ich ihm vor, nicht in die verabredete Kneipe, sondern direkt zu mir nach Hause zu kommen. Niemals, niemals gebe ich meine Adresse heraus, ohne jemanden vorher persönlich zu kennen. Er hingegen erhält hundert Vertrauensvorschübe auf einmal. Ich verstehe mich selbst nicht mehr.
Dann steht er in der Tür, sieht mich an – und es ist um mich geschehen. Zur Begrüßung nimmt er mich fest in die Arme und küsst mich auf die Wange. Ich möchte ihn am liebsten nie mehr loslassen. Wir bestellen Pizza, setzen uns aufs Sofa und reden, reden, reden. Er hat eine unglaubliche Ausstrahlung, sehr lebendig, sehr wach, mit leuchtenden Augen und einem breiten, mal herzlichen, mal frechen Lachen. Der Mann auf meinem Sofa passt weder zu dem Foto noch zu den Mails noch zu dem Bild, das er beim Telefonieren in meinem Kopf erzeugt hat. Er ist ganz anders. Positiv anders. Aber auch beängstigend anders. Er ist sehr dominant, sagt unverblümt, was er denkt, kritisiert Kleinigkeiten an mir, als seien wir seit zehn Jahren ein Paar. Meine Gefühle fahren Achterbahn. Ich bin fasziniert – und total verunsichert. Er ist sehr ironisch und zynisch, nachdenklich und sensibel, aufmerksam und chaotisch. Manchmal weiß ich nicht, was er ernst meint und was nicht. Er steckt mich mit seiner Hektik an, macht mich nervös und bringt mich dazu, Dinge zu erzählen, die ich überhaupt nie erzählen wollte. Ich entdecke, dass sein Bindungsproblem noch größer als meins ist oder als das all der Männer, mit denen ich bisher zu tun hatte. Er ist sozusagen der König aller bindungsscheuen Wesen.
Es entsteht sehr schnell eine körperliche Nähe zwischen uns. Ganz selbstverständlich wärmt er meine kalten Füße zwischen seinen Beinen, streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, berührt meine Arme und Beine mit kleinen, liebevollen Gesten. Ich mag das sehr. Wir landen schneller im Bett, als ich dachte, werden so rasch sehr intim miteinander, dass es mich überfordert. Das geht alles viel zu schnell, das ist viel zu viel. Und gleichzeitig so intensiv, so überwältigend. Ich liege die ganze Nacht wach und schaue ihm beim Schlafen zu, während draußen ein Unwetter tobt und in mir drin mein Herz bebt.
Kurzer, wilder Morgensex – und dann rückt er auf einmal von mir ab. Als wäre ein Vorhang zwischen uns gezogen worden, zieht er sich vollkommen in sich zurück. Das ändert sich nicht mehr, bis er abfährt. All meine Komplimente bleiben unerwidert, ebenso die Anspielungen auf weitere Treffen. Kein Wort darüber, ob ihm die Zeit mit mir gefallen hat, ob er mich wiedersehen möchte. Von unterwegs ruft er noch mal an, um mir mitzuteilen, dass er wieder im Stau steckt – diesmal wegen des Halbmarathons. „Hamburg ist wirklich eine beschissene Stadt“, schließt er grimmig, und ich frage mich, ob ich das als Zusammenfassung für die gesamten vergangenen Stunden werten darf und ob ich jemals wieder von ihm hören werde.
Ich bin verstört und völlig übermüdet. Mir ist übel, weil ich in den letzten zwei Tagen viel zu wenig gegessen habe. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen und habe das entsetzliche Gefühl, mitten in einen Tornado geraten zu sein, der quer durch mein kleines, friedliches Leben gewirbelt ist und eine breite Spur der Verwüstung hinterlässt. Ich mache mich jetzt mühsam an die Aufräumarbeiten und frage mich dabei bange, ob es bei diesem einmaligen Tornado bleibt, oder ich in Zukunft noch häufiger von Wirbelstürmen heimgesucht werde, die dieser Mann auslöst und die mich von den Beinen fegen.
Schlafzimmer - feinstrick - 3. Jul, 15:44
21 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Captain (Gast) - 3. Jul, 19:09
Oh, kannst Du gut schreiben....
feinstrick - 3. Jul, 19:22
Ach, so viel Ehre. Danke schön. :-)
kittykoma - 3. Jul, 22:53
Oh. War das der fliegende Holländer?
feinstrick - 4. Jul, 07:40
Scheint so. Ein Mann aus Fleisch und Blut wäre mir aber lieber gewesen. :-(
kid37 - 4. Jul, 10:55
War doch gar kein Vollmond oder? (Ich sage mal nichts. Ich drücke natürlich die Daumen usw.)
feinstrick - 4. Jul, 11:43
Umso schlimmer. Was wird erst bei Vollmond passieren? (Danke.)
frauenzimmer (Gast) - 4. Jul, 17:19
klarer fall, jetzt nur die ruhe bewahren und sicherheit ausstrahlen!
feinstrick - 4. Jul, 18:09
Ruhe und Sicherheit? Wie schreibt man das noch mal?
profiler1 - 4. Jul, 22:43
lassen sies einfach drauf ankommen. aber, bleiben sie "cool".
mit sich selbst.
mit sich selbst.
feinstrick - 4. Jul, 22:53
Fürs cool bleiben ist es leider zu spät ...
Finchen1976 - 7. Jul, 14:15
Ich glaube, ich kenne Deine Anfängerfehler nur zu gut, liebste Frau Feinstrick! ;-)
Wenn man es nur auf die Hormone reduziert, das Verhalten, ist es ganz einfach erklärt. Die Fachbegriffe krieg ich nicht erklärt, aber in einem Artikel stand es ganz einfach: bei Frauen kommt das Kuschel- und Nähehormon NACH dem Sex. Bei Männern VOR dem Sex, daher auch die ganze "Lieb"hudelei der Männer DAVOR, davor meinen sie es auch so. :-) Und so "kommen" Männer und Frauen nie zusammen. (Welch Wortspiel *g*)
PS: Bindungsprobleme sind meiner Meinung nach wirklich nur vorgeschoben. Wenn der/die RICHTIGE kommt --- ist all das vergessen. Oft genug schon mitbekommen.
Und das ist die Wahrheit.
Wenn man es nur auf die Hormone reduziert, das Verhalten, ist es ganz einfach erklärt. Die Fachbegriffe krieg ich nicht erklärt, aber in einem Artikel stand es ganz einfach: bei Frauen kommt das Kuschel- und Nähehormon NACH dem Sex. Bei Männern VOR dem Sex, daher auch die ganze "Lieb"hudelei der Männer DAVOR, davor meinen sie es auch so. :-) Und so "kommen" Männer und Frauen nie zusammen. (Welch Wortspiel *g*)
PS: Bindungsprobleme sind meiner Meinung nach wirklich nur vorgeschoben. Wenn der/die RICHTIGE kommt --- ist all das vergessen. Oft genug schon mitbekommen.
Und das ist die Wahrheit.
feinstrick - 7. Jul, 14:46
An dem Davor und Danach ist was dran. Wobei es natürlich auch deutlich anders geht.
creature - 7. Jul, 14:32
ich kann diesen mann gut verstehen, ist bei mir ähnlich.
ich mag frauen, um alles in der welt, vermeide aber handlungen und gesten die darauf schließenlassen eine längeranhaltende beziehung zu wollen.
ich hätte aber eines getan, mich für die zeit bedankt, mach ich immer weil es mir wichtig ist und dem partner auch, nicht aus höflichkeit, aus respect und dankbarkeit.
ich mag frauen, um alles in der welt, vermeide aber handlungen und gesten die darauf schließenlassen eine längeranhaltende beziehung zu wollen.
ich hätte aber eines getan, mich für die zeit bedankt, mach ich immer weil es mir wichtig ist und dem partner auch, nicht aus höflichkeit, aus respect und dankbarkeit.
feinstrick - 7. Jul, 14:50
Vermeiden Sie dann grundsätzlich die Frauen auch zukünftig? Oder tauchen Sie irgendwann doch wieder auf - überraschend und unverbindlich?
creature - 7. Jul, 15:02
oh ja, hatte auch längere beziehungen, die letzte fast 10 jahre.
da war die treibende kraft aber die partnerin, und meine stille zustimmung.
ich bin, glaub ich, etwas fatalistisch, weicht eine nicht von meiner seite deute ich es als wink des schicksals und ergebe mich...;-)
da war die treibende kraft aber die partnerin, und meine stille zustimmung.
ich bin, glaub ich, etwas fatalistisch, weicht eine nicht von meiner seite deute ich es als wink des schicksals und ergebe mich...;-)
feinstrick - 7. Jul, 15:09
Das heißt, es wäre einen Versuch wert, von meiner Seite aus einen neuen Versuch der Kontaktaufnahme zu starten?
creature - 7. Jul, 15:14
weiß ich nicht! versuchen, ja, mehr als eine abfuhr kann nicht passieren, du wirst am leben bleiben ;-)
jede frau mit der ich sex hatte käme theoretisch auch als langzeitgeliebte in frage.
bei mir ist es halt so, und wenn sie nicht wirklich bösartig wird könnte es den rest des lebens halten.
jede frau mit der ich sex hatte käme theoretisch auch als langzeitgeliebte in frage.
bei mir ist es halt so, und wenn sie nicht wirklich bösartig wird könnte es den rest des lebens halten.
Eugene Faust - 7. Jul, 14:47
Der Morgen danach
Ich hoffe ich langweile Sie nicht. Mir fiel nur eben wieder diese Studie von KAUFMANN ein:
KAUFMANN untersuchte in seiner qualitativen Studie zum Paarbildungsprozess den Morgen danach (2004). Er beschreibt, dass, im Gegensatz zu früher, der Morgen danach kein Passageritus mehr ist. Beim ganz traditionellen Paarbildungsprozess gab es nach der Hochzeitsnacht nichts zu entscheiden. Das ist heute anders. Denn heute geht es am Morgen danach um die Frage: Weitermachen oder nicht? Der Morgen danach ist heutzutage oft ein ganz entscheidendes Datum im Paarbildungsprozess.
Man kann auch nach einem One-Night-Stand durchaus ungewollt in eine Beziehung hineingeraten. Ein „böses Erwachen“, nach einer Nacht mit Alkohol und schlechtem Sex zum Beispiel, führt nach KAUFMANN nicht automatisch dazu, dass es danach keine gemeinsame Zukunft gibt. Daher legt sich mancher Single ohne Beziehungswunsch für die Trennung am Morgen danach Trennungsstrategien zurecht. Ist man jedoch der Gastgeber, so ist Flucht schlecht möglich. Man muss dem Anderen irgendwie mitteilen, dass er nicht mehr erwünscht ist.
War es für beide ein böses Erwachen, geht es nur noch um die Art und Weise des Auseinandergehens. Die Gefahr, ungewollt in eine Beziehung hineinzugeraten, ist jedoch dann besonders groß, "wenn es nicht für beide zu einem bösen Erwachen kommt, sondern der andere – im Gegensatz zu einem selbst – auf eine Art und Weise zu handeln und zu reden scheint, die darauf ausgerichtet ist, der Geschichte Dauerhaftigkeit zu verleihen." (S.103)
Oft sind sich beide nicht so klar darüber, ob es überhaupt ein nächstes Mal geben soll. Dann entscheiden nicht selten eher kleine Dinge darüber, ob das potentielle Paar eine Zukunft hat. "In den meisten Fällen entsteht eine Paarbeziehung nicht aufgrund einer Entscheidung, sondern weil es zu keinem Bruch kommt. Die einzige wirkliche Entscheidung ist der Bruch. Um zu einem Paar zu werden, genügt es, dass die Bewegung, die einen mitzieht, diese Bewegung, der Reproduktion von Gewohnheiten niemals abreißt. Es genügt, sich am Abend nach dem Morgen danach wieder zu sehen, und schon hat das Leben den Geschmack eines beruhigenden Déja-Vus angenommen. Die ersten Gewohnheiten stellen sich rasch ein, wenn man sie sich nur in aller Ruhe einstellen lässt. Daher das Paradox: Wenn am Morgen danach scheinbar überhaupt nichts passiert, passiert doch etwas." (S.151)
Literatur: KAUFMANN, JEAN-CLAUDE. (2004). Der Morgen danach. Konstanz. UVK Verlagsgesellschaft.
KAUFMANN untersuchte in seiner qualitativen Studie zum Paarbildungsprozess den Morgen danach (2004). Er beschreibt, dass, im Gegensatz zu früher, der Morgen danach kein Passageritus mehr ist. Beim ganz traditionellen Paarbildungsprozess gab es nach der Hochzeitsnacht nichts zu entscheiden. Das ist heute anders. Denn heute geht es am Morgen danach um die Frage: Weitermachen oder nicht? Der Morgen danach ist heutzutage oft ein ganz entscheidendes Datum im Paarbildungsprozess.
Man kann auch nach einem One-Night-Stand durchaus ungewollt in eine Beziehung hineingeraten. Ein „böses Erwachen“, nach einer Nacht mit Alkohol und schlechtem Sex zum Beispiel, führt nach KAUFMANN nicht automatisch dazu, dass es danach keine gemeinsame Zukunft gibt. Daher legt sich mancher Single ohne Beziehungswunsch für die Trennung am Morgen danach Trennungsstrategien zurecht. Ist man jedoch der Gastgeber, so ist Flucht schlecht möglich. Man muss dem Anderen irgendwie mitteilen, dass er nicht mehr erwünscht ist.
War es für beide ein böses Erwachen, geht es nur noch um die Art und Weise des Auseinandergehens. Die Gefahr, ungewollt in eine Beziehung hineinzugeraten, ist jedoch dann besonders groß, "wenn es nicht für beide zu einem bösen Erwachen kommt, sondern der andere – im Gegensatz zu einem selbst – auf eine Art und Weise zu handeln und zu reden scheint, die darauf ausgerichtet ist, der Geschichte Dauerhaftigkeit zu verleihen." (S.103)
Oft sind sich beide nicht so klar darüber, ob es überhaupt ein nächstes Mal geben soll. Dann entscheiden nicht selten eher kleine Dinge darüber, ob das potentielle Paar eine Zukunft hat. "In den meisten Fällen entsteht eine Paarbeziehung nicht aufgrund einer Entscheidung, sondern weil es zu keinem Bruch kommt. Die einzige wirkliche Entscheidung ist der Bruch. Um zu einem Paar zu werden, genügt es, dass die Bewegung, die einen mitzieht, diese Bewegung, der Reproduktion von Gewohnheiten niemals abreißt. Es genügt, sich am Abend nach dem Morgen danach wieder zu sehen, und schon hat das Leben den Geschmack eines beruhigenden Déja-Vus angenommen. Die ersten Gewohnheiten stellen sich rasch ein, wenn man sie sich nur in aller Ruhe einstellen lässt. Daher das Paradox: Wenn am Morgen danach scheinbar überhaupt nichts passiert, passiert doch etwas." (S.151)
Literatur: KAUFMANN, JEAN-CLAUDE. (2004). Der Morgen danach. Konstanz. UVK Verlagsgesellschaft.
feinstrick - 7. Jul, 14:55
Das ist sehr spannend. Leider erklärt es nicht, was geschieht, wenn am Morgen danach viel Widersprüchliches im Raum hängt und anschließend erst mal gar nichts passiert. Ist das dann die stille Vereinbarung beider Parteien, dass sie kein Interesse mehr aneinander haben? Oder wartet jeder nur insgeheim auf ein Lebenszeichen des anderen - um dann enttäucht zu registrieren, dass nichts mehr kommt? Ist die Nichtbeantwortung einer harmlosen, witzigen SMS Ausdruck totalen Desinteresses oder nur ein Zeichen von Unschlüssigkeit und Unsicherheit?
In meinem Fall ist so viel passiert, auch und gerade zwischen den Zeilen, dass ich immer mehr den Eindruck haben, wir waren beide völlig überfordert und haben in der Aufregung etliche Signale des anderen falsch gedeutet. Nur - wie lässt sich das beheben, wenn der eine vor lauter Schreck erst mal abtaucht?
In meinem Fall ist so viel passiert, auch und gerade zwischen den Zeilen, dass ich immer mehr den Eindruck haben, wir waren beide völlig überfordert und haben in der Aufregung etliche Signale des anderen falsch gedeutet. Nur - wie lässt sich das beheben, wenn der eine vor lauter Schreck erst mal abtaucht?
Eugene Faust - 7. Jul, 15:11
Ich weiß es leider nicht.
Um ehrlich zu sein, hätten die Worte Ihrer Freundin(1) auch von mir sein können. Mein Rat wäre nach wie vor LOSLASSEN! Ich sehe aber, dass diese Geschichte bei Ihnen eine Dynamik ausgelöst hat, die Sie offensichtlich nur schwer zurückdrehen können. Passen Sie gut auf sich auf! : )
Um ehrlich zu sein, hätten die Worte Ihrer Freundin(1) auch von mir sein können. Mein Rat wäre nach wie vor LOSLASSEN! Ich sehe aber, dass diese Geschichte bei Ihnen eine Dynamik ausgelöst hat, die Sie offensichtlich nur schwer zurückdrehen können. Passen Sie gut auf sich auf! : )
feinstrick - 7. Jul, 15:15
Ja ...
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