Dienstag, 7. Juni 2011

Aua!

Seit ich denken kann, leide ich unter Rückenschmerzen. Der Frauenarzt verkündete damals bei meiner Geburt, ich sei ein ausgesprochen bindegewebsschwaches Baby. Meinen jüngeren Bruder bezeichnete er ein Jahr später als ausgesprochen muskulös. Im Klartext heißt das: Mein Bruder hatte sein Leben lang nie Rückenprobleme, er kann noch heute eine Nacht auf dem harten Fußboden verbringen und steht morgens total locker auf. Ich dagegen jammere und jaule ständig, mal zwickt es hier, mal klemmt es da. Eine schiefe Wirbelsäule, stressbedingte Blockaden, Muskelverspannungen, abgenutzte Bandscheiben. Ich habe alles, was man so haben kann. Verschonen Sie mich jetzt aber bitte mit Tipps. Ich habe ganze Heerscharen an Orthopäden, Physiotherapeuten, Osteopathen, Körpertherapeuten, Masseuren und, und, und verschlissen. Jeder hatte eine andere Theorie, woher meine Probleme stammten und andere Tipps parat, wie ich sie wieder loswerden könnte. Dauerhaft hat nichts geholfen. Ich habe mich irgendwie arrangiert, mit viel Sport alles einigermaßen unter Kontrolle gehalten und hingenommen, dass ich gelegentlich mal einen Totalausfall hatte und mich ein paar Tage kaum bewegen konnte.

Vor einigen Jahren hatte ich eine sehr extreme Phase in meinem Leben. Nichts ging mehr. Beruflich und privat hatte ich mein Leben komplett gegen die Wand gefahren. Als ich beschloss, mich aus dieser Sackgasse zu befreien, begann mein Rücken zu rebellieren. So schlimm war es noch nie. Während ich früher vor allem mit den Lendenwirbeln zu kämpfen hatte, machten sich nun plötzlich die Brust- und Halswirbel bemerkbar – und zwar auf wirklich üble Weise. Ich konnte nichts mehr machen. Nach einer Stunde Sitzen war ich durch, nach ein bisschen Sport erst recht. Das einzige, was ich dauerhaft ertrug, war Liegen, am besten mit einer Wärmflasche unterm Rücken. Totaler Stillstand. Ich verstand das nicht. Gerade jetzt war doch so viel Positives in meinem Leben geschehen, alles war in Bewegung – und mein Körper zwang mich zur Bewegungslosigkeit.

Mittlerweile bin ich an fast keinem Tag mehr schmerzfrei. Es gibt Tage, an denen ist es so schlimm, dass ich ohne Schmerzmittel nicht auskomme. Das ist natürlich eine enorme Beeinträchtigung der Lebensqualität, jeder, der schon mal über einen längeren Zeitraum Schmerzen hatte, weiß, wovon ich spreche. Aber es wird besser. Mein regelmäßiges Trainingsprogramm, das ich mir zusammengestellt habe, und das anfangs nur fünf Minuten pro Tag dauerte (behaupte niemand mehr, man müsse mindestens eine halbe Stunde rumtoben, um Erfolge zu erzielen; totaler Unfug!), zeigt Wirkung. Ich kann an guten Tagen schon wieder zwanzig Minuten schwimmen, ohne am nächsten Tag am Stock gehen zu müssen. Dieses Rentnerprogramm ist natürlich trotzdem total unbefriedigend, und ich registriere sehr frustriert, wie mein Körper immer mehr auseinanderfällt, meine Muskeln schlaff und weich werden, ich so wenig Kondition wie noch nie in meinem Leben habe und nicht weiß, ob ich das jemals wieder ändern kann.

Aber ich fange an, meinen Rücken zu verstehen. Er ist einfach sehr sensibel geworden und reagiert sofort auf feinste Störungen in meinem Inneren. Ich fühle mich unwohl, bin angespannt, genervt, gestresst, habe Angst und Sorgen – prompt tut mir alles weh. Wenn es mir jedoch richtig gut geht, ist alles egal. Dann kann ich im unbequemsten Bett schlafen, stundenlang in einer totalen Fehlhaltung am Computer hocken – ich fühle mich trotzdem leicht und entspannt. Diese Tage voller Leichtigkeit sind sehr selten, aber sie sind da. Und sie geben mir Hoffnung. Ich hätte gern mehr von ihnen.

Vor allem aber begreife ich eins immer mehr. Die Bindegewebsschwäche und meine ganzen daraus bedingten Fehlhaltungen sind der Grund, warum ich gerade meinen Rücken so spüre und nicht etwa den Magen oder das Herz. Am Ende wird mir aber tatsächlich kein Therapeut dieser Welt helfen können, denn der Schmerz entsteht irgendwo in meinem Kopf. Er schützt mich vor unnötiger Anspannung, vor zu viel Stress und vor meinem Perfektionismus, der mich oft viel zu viel machen lässt. Er zeigt mir auch deutlich, wenn etwas nicht gut läuft. Ich würde das sonst vielleicht gar nicht bemerken. Ich will damit nicht sagen, dass es toll ist, Schmerzen zu haben, ich bin schließlich keine Masochistin (na ja, höchstens ein klein wenig, aber das gehört hier nicht her ...). Aber sie sind nun mal da, und ich weiß inzwischen, dass sie nur weggehen, wenn ich vieles einfach leichter nehme, wenn ich locker und entspannt bin. Das allerdings ist alles andere als leicht. Leider.

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Urmel (Gast) - 19. Jun, 21:10

Zu wenig Sport und Bewegung. Sex allein reicht nicht.

feinstrick - 19. Jun, 21:19

Ich musste den Sport wegen der Rückenprobleme aufgeben. Wenn man das erst mal gemacht hat, sitzt man leider in der Falle.
Badenserbub (Gast) - 10. Jul, 00:11

Sport

Versuch es doch mal mit Kieser-Training.
Dort wird massiv mit Ärzten gearbeitet, d.h. es gibt einen Trainingsplan der recht genau auf die körperlichen Möglichkeiten/Bedürfnise abgestimmt ist. Das ist natürlich besser als alles was man sich so selbst zusammenstellt.
Alle Bekannten die wegen Rückenschmerzen zu Kieser gegangen sind haben inzwichen keine Probleme mehr!

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