Sonntag, 4. August 2013

Wunderliche Entscheidungen

So, nun habe ich eine Reise gebucht. Für das Hotel, in das ich seit Jahren fahre. Und das, nachdem ich mir gefühlte hundert andere Urlaubsziele und Hotels im Netz angesehen habe. Mir scheint, ich werde wunderlich. Falls ich es nicht schon bin. Wenn ich dereinst im Altenheim verweile, werde ich vermutlich auch zu den Leuten gehören, die einen tierischen Aufstand machen, wenn beim Essen mal jemand anderes auf ihrem angestammten Platz sitzt.

Wie auch immer – seit die Buchung raus ist, geht es mir besser. Jetzt habe ich den Kopf endlich wieder frei für andere Dinge. Zwei Arbeitstage noch, dann beginnt laut Plan mein Urlaub – vier unfassbar lange, luxuriöse Wochen, in denen ich erst noch den heimischen Sommer genießen werde, um dann, sozusagen als finalen Höhepunkt, in den Süden zu fliegen. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal in meinem Leben vier Wochen am Stück Urlaub hatte. Ich glaube, da war ich noch Studentin.

Dass ich mir diese Auszeit ausgerechnet jetzt gönne, nach einem in vielerlei Hinsicht katastrophalen ersten halben Jahr, ist ohnehin höchst verwunderlich. Ich kenne mich selbst gar nicht wieder. Sollte ich tatsächlich endlich gelernt haben, im richtigen Moment unvernünftig zu sein?

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Samstag, 3. August 2013

Ladehemmung

Ich bin nicht gut darin, Entscheidungen zu treffen. Ganz besonders schlimm ist es, wenn es darum geht, Geld auszugeben. Ich werde dann auf seltsame Weise sehr vernünftig und sehr geizig – und zwar im Kleinen wie im Großen. Brauche ich diese Schuhe wirklich unbedingt? Muss ich zum Essen auch noch ein Getränk kaufen? Macht es Sinn, einen teuren Urlaub zu buchen, wo es doch auch kostengünstigere Erholungsmöglichkeiten gäbe? Ich umkreise das Objekt meiner Begierden endlos. Manchmal kaufe ich es, manchmal nicht. Meistens nicht. Für die Sachen, die ich schlussendlich kaufe – und das ist der Witz dabei - entscheide ich mich nämlich oft recht spontan.

Urlaubsentscheidungen treffe ich besonders ungern. Immer ist da so ein leises Gefühl von schlechtem Gewissen: „So viel Geld willst Du fürs Nichtstun ausgeben?“ „Ja, will ich“, sagt in mir drin ein trotziges Kind. „Nein, nein, war nur ein Scherz“, erklingt eine andere Stimme. „Natürlich gebe ich nicht so viel Geld fürs Faulenzen aus, ich bin doch nicht bescheuert. Das Geld werde ich in nützliche Dinge investieren. Einen neuen Kühlschrank zum Beispiel. Oder ich spare es für Notzeiten. Die kommen garantiert immer irgendwann.“

Auch in diesen Tagen ist meine Stimme der Vernunft sehr laut. Heute habe ich zweimal beinah eine Reise gebucht. Zweimal hat mich diese Stimme buchstäblich in letzter Sekunde davon abgehalten. Kleinlaut machte ich einen Rückzieher – bis das Angebot nicht mehr verfügbar war. Wenn ich mich dann endlich dazu durchgerungen habe, bin ich meistens sehr glücklich mit der Entscheidung und genieße den Urlaub oder die neuen Schuhe oder was auch immer sehr. Aber vorher? Schlimm.

Ich werde morgen einen neuen Anlauf für meine Urlaubsplanung unternehmen. Mal sehen, ob er erfolgreicher ist.

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Mittwoch, 24. Juli 2013

Herzstillstand

Vor vielen Jahren hatte ich eine recht unglückliche Affäre mit einem Kollegen. Ich schlidderte da irgendwie hinein, wusste gar nicht so recht, wie mir geschah, und fühlte mich hauptsächlich geschmeichelt, weil ein Mann, der erheblich älter war, mich junges Ding toll fand. Er war verheiratet und hatte Kinder, die fast so alt wie ich waren. Ich ignorierte den Altersunterschied ebenso wie die Ehefrau, den eher dürftigen Sex und alles andere, was so gar nicht zwischen uns stimmte. Er ignorierte all das erst recht und erzählte in totaler Verklärung seiner Frau von mir. Doch die holte ihn sehr energisch auf den Boden der Tatsachen und ins eheliche Bett zurück. Sie war weder an einer Ménage-à-trois (was ihm wohl vorschwebte) noch an einer Scheidung interessiert.

Über uns schwebten Traurigkeit und Verzweiflung, die Geschichte führte zu gar nichts mehr. Wir sahen einander nur noch im Büro, was schlimm war, vor allem für ihn. Bei mir vollzog sich jedoch allmählich eine Wandlung. Immer häufiger kamen mir Zweifel, immer öfter war ich verärgert und genervt, immer mehr schaute ich nach links und rechts – bis ich mich in einen anderen Mann verliebte. Er war in meinem Alter und ungebunden. Wunderbar! Wir führten mehrere Jahre eine schöne Beziehung.

Meinen Kollegen, mit dem ich weiterhin eng zusammenarbeitete, hätte ich sehr gern zum guten Freund gehabt, doch das war völlig unmöglich. Während ich emotional weitergezogen war, hing er innerlich wie eine Klette an mir. In den nächsten Jahren schenkten wir uns nichts. Er erstickte mich mit seiner Liebe, ich hasste ihn dafür, und er wiederum hasste mich, weil ich ihn nicht mehr liebte. Ich hätte eigentlich den Job wechseln müssen, aber das ging aus verschiedenen Gründen nicht so schnell.

Nachdem ich endlich eine neue Arbeit hatte, schlief unser Kontakt ein. Die letzten Begegnungen sind mehrere Jahre her und fanden zufällig auf der Straße statt, verkrampft und unbeholfen. Er schien jedes Mal vor mir zu fliehen. Ich rannte ihm nicht nach, war im Grunde froh, dass dieses Kapitel endlich beendet war. Ich dachte nur noch selten an ihn. Umso überraschter war ich, als er mir kürzlich schrieb. Er gehe aus der Stadt fort und wolle sich von mir verabschieden. Schnell war klar, dass er nicht nur zum Teetrinken vorbei kommen wollte. Er liebte und begehrte mich wie am ersten Tag. Und in seiner Fantasie hatte er sich offenbar ausgemalt, ich würde all das nach wie vor erwidern. Ich war bestürzt. So viel Realitätsferne passte gar nicht zu ihm.

Nun stand er plötzlich vor meiner Tür - unangemeldet. Wir saßen nur kurz beieinander, vertraut wie ein altes Ehepaar und ganz so, als hätten wir uns erst gestern zum letzten Mal gesehen. Ich fand das schön und dachte wieder einmal: Ach, hätte ich doch damals nie diese Affäre angefangen. Dann wären wir heute vielleicht richtig gute Freunde. So aber geht das natürlich nicht mehr. Er bekannte, dass er mich nie loslassen konnte, dass ich all die Jahre seine stete Begleiterin gewesen sei. Das berührt mich sehr. Und ich denke, wie tragisch das Leben doch oft ist. Ausgerechnet der Mann, dessen Liebe mir rückblickend am wenigsten bedeutet, hält am längsten an mir fest. Aber das kann er vermutlich auch nur, weil er mit einem Fantasiegespinst lebt und nicht mit einer echten Frau.

Unser Abschied war leise und wehmütig. Wir hatten wohl beide das Gefühl, etwas Kostbares verloren zu haben.

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Donnerstag, 11. Juli 2013

Ungeduld

Geduld war noch nie meine Stärke. Während mir alle Welt riet, erst mal meinen Gefühlen nachzuspüren, bevor ich voreilige Schritte tue, und ein Teil von mir diesen Rat auch außerordentlich gut fand, begann ein anderer Teil innerlich zu zappeln. Als ich das Zappeln nicht mehr aushielt, unternahm ich einen ersten Vorstoß und fragte mal vorsichtig per Mail beim Mann an, wie lange denn sein Schweigen noch dauern werde. Die Antwort kam rasch. Sie klang genervt, gequält, aber auch nicht völlig ablehnend. Im Moment sei ihm der Kontakt zu anstrengend, er denke aber immer noch nach.

Vielleicht hätte ich ihm diese Zeit gewähren sollen. Aber da war meine Unruhe. Und da waren die ganzen vorformulierten Abschiedsbriefe. Ich wollte nicht mehr warten. Ich wollte mich nicht mehr hinhalten lassen. Ich wollte mich nicht schlecht behandelt fühlen. Ich wollte nur noch meine Ruhe haben. Die hätte ich zwar auch gehabt, wenn ich einfach geschwiegen hätte, aber ich liebe das Drama, Sie wissen ja. Also brachte ich die finalen Abschiedsworte auf die Festplatte. Zack, raus damit, fertig!

Meine erste Reaktion: Erleichterung. Endlich hatte ich diese Sache auch geklärt. Dabei war es das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich von einem Mann trennte, den ich immer noch begehrte und liebte. Und darauf war ich stolz. Endlich wartete ich mal nicht, bis das bittere Ende noch bitterer wurde, verlängerte ich das Rumgequäle nicht mehr unnötig und demütigte mich nicht damit, einem Mann hinterherzurennen. Hurra! Ich ging ins Café, bestellte ein deftiges Essen, gab dem Kellner ein üppiges Trinkgeld, weil er so jung und hübsch war und so schöne Tattoos hatte, machte noch einen Bummel an die Elbe und genoß den wunderbar sonnigen Abend. Alles war gut.

Am nächsten Tag setzten erste Zweifel ein. Der Mann hatte doch gar nicht so genervt geklungen, nur irgendwie ruhebedürftig. Ich hätte ihm die Nachdenkzeit wirklich geben sollen. Jeder Mensch hat das Recht, Abstand zu nehmen und Verhältnisse zu überprüfen. Zumal ich überhaupt nicht weiß, was in seinem Leben gerade los ist. Vielleicht hat er totalen Stress. Vielleicht läuft es auch bei ihm überhaupt nicht rund. Vielleicht fühlt er sich überfordert, hilflos, was auch immer. Ich hätte ja auch das mal erfragen können.

Heute, am dritten Tag, kommen zu den Zweifeln Wehmutsgefühle. Eigentlich war doch unser Miteinander immer schön – jedenfalls in den Zeiten, in denen wir im Fluss waren. Was ist denn nur passiert? Warum, verdammt noch mal, kriege ich das nie hin? Warum kann ich nicht einfach genießen, was da ist, nehmen, was mir gegeben wird und mir ansonsten ein schönes Leben machen? Warum wird bei mir jede Begegnung mit einem Mann zu einem filmreifen Melodram? Ich bin doch im Umgang mit anderen Leuten ganz anders, entspannt, fröhlich, bei mir. Meine dreizehnjährige Nichte sagte kürzlich, ich sei immer ihr Vorbild gewesen, sie wolle mal so werden wie ich. Das klingt doch nicht so, als sei ich eine Zicke, die allen auf die Nerven geht. Nur dem Mann gehe ich gehörig auf die Nerven. Und er geht mir auf die Nerven. Naja, manchmal jedenfalls, irgendwie, also … wie soll ich sagen?

Was ich weiß: So verschieden wir auch in vielen Dingen sind, so ähnlich sind wir uns doch in unseren Gefühlen. Wir sind an denselben Stellen empfindlich, ziehen uns aus denselben Gründen zurück, haben vor denselben Dingen (zu viel Nähe) Angst. Ich brauche aber einen Mann, der mich aushält. Der nicht wegläuft, wenn ich klammere, weil er weiß, dass ich das nicht mache, um ihn zu beherrschen, sondern um selber nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Der weiß, dass ich mich sofort wieder entspanne, wenn er da ist, nah genug, dass ich ihn spüren kann, fern genug, damit ich mich nicht erdrückt fühle. Der unbedachte Bemerkungen von mir mit einem Achselzucken abtun kann – ach ja, sie hat grade ihre Tage, das geht gleich wieder vorbei. Das ging in dieser Beziehungsaffäre leider nicht, von uns beiden aus nicht. Ich konnte seine Launen auch nicht aushalten, sein großes Rückzugsbedürfnis nicht ertragen, seine Ängste nicht auffangen. Irgendwie haben wir uns wohl so hochgeschaukelt. Meine Ängste wurden zu seinen, und umgekehrt.

Jetzt ist hier Katzenjammer angesagt, war ja klar. Tagsüber bin ich unkonzentriert, nachts schlafe ich schlecht und schrecke aus gruseligen Träumen hoch. Und natürlich habe ich schon wieder die Finger nach ihm ausgestreckt … Aber das war sicher keine gute Idee. Genau genommen war sie noch schlechter als das Schlussmachen. Denn so komme ich wirklich nie zur Ruhe. Doch die bräuchte ich gerade in diesen Tagen so dringend.

Ich glaube, eine Reise täte mir jetzt gut. Ganz lange und ganz weit weg.

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Sonntag, 7. Juli 2013

Sonntagsträume

Sonntagmittag halb zwei, und ich sitze immer noch beim Frühstück auf meinem Balkon. Noch ist es kühl hier, die Sonne kommt erst langsam herum. Aber spätestens in einer halben Stunde werde ich den Sonnenschirm aufspannen müssen. Alles, was ich mir für heute vorgenommen habe, ist bis jetzt liegengeblieben. Aber ich finde das nicht schlimm, vielmehr genieße ich die Ruhe (wobei „Ruhe“ relativ ist, irgendwo in der Nachbarschaft findet ein Fest statt, Musik und Megaphongelärme wehen herüber). Seit Monaten habe ich an diesem Wochenende endlich mal wieder ausgeschlafen, hat mein Körper es geschafft, sich die Erholung zu holen, die er brauchte. Es geht mir gut.

Dass ich mein Pflichtprogramm nicht erledigt kriege, sondern es schiebe und schiebe, passt dazu. Die letzten Monate waren so wahnsinnig anstrengend, jetzt holen Körper und Seele sich, was sie brauchen. Noch ist es ein bisschen früh dafür, Urlaub habe ich mir erst ab August genehmigt. Aber seit wann kann man planen, was der Seele zusteht?

So genieße ich es also, hier zu sitzen und meinen Gedanken nachzuhängen. Ich denke über die Liebe nach. Darüber, dass sie uns manchmal befällt, obwohl uns das gar nicht in den Kram passt. Und darüber, dass sie uns oft genug nicht berührt, obwohl wir es uns so sehr wünschen. („Er ist sooo ein netter Kerl, warum nur kann ich mich nicht in ihn verlieben?“) Ich denke darüber nach, warum uns ausgerechnet das schönste Gefühl der Welt oft so viele Scherereien beschert. Warum wir es nicht einfach annehmen können als ein Geschenk, das unser Leben bereichert. Warum Liebe so oft mit Drama und Tragödie verbunden ist, statt einfach nur mit Glück.

Ich denke über verschiedene Projekte nach, die ich gerade begonnen habe bzw. die schon länger laufen, die mich erfüllen und mir Spaß machen – für den Moment jedenfalls. Herzensprojekte, an denen ich nicht einen Cent verdiene. Aber gerade sie bereiten mir die meiste Freude, in sie würde ich gern viel, viel mehr Zeit investieren.

Ich denke über alles nach, nur nicht über meine Zukunft, über das, was wirklich drängt, was obenauf liegt. Zwischendrin tauchen kleine Gedankensplitter auf, die mich erfreuen. Ach ja, DAS könnte man ja auch mal machen, das wär's jetzt echt. Aber ich müsste aktiv werden, müsste die Splitter festhalten und zu einem Bild zusammenfügen, müsste ein Ziel entwickeln und ihm folgen. Aber das kann ich nicht – noch nicht. Lieber sitze ich auf meinem Balkon und schaue in aller Ruhe einer Biene zu, die summend von Blüte zu Blüte fliegt.

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Danke und tschüss!
Übermorgen fliege ich in den Urlaub, und wenn ich zurückkehre,...
feinstrick - 15. Mai, 21:06
Hat ja geklappt :)
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steppenhund - 11. Feb, 22:02
Ja, ich erinnere mich...
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feinstrick - 11. Feb, 20:08
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