Eine Begegnung im Bus. Ich steige vorne beim Fahrer ein, um ein Ticket zu lösen. Omi kommt aus dem hinteren Teil des Busses nach vorne: „Wo muss man denn aussteigen, um zum Altonaer Museum zu kommen?“
Busfahrer sieht mich ratlos an: …
Ich: „Das ist direkt am Altonaer Bahnhof.“
Omi: „Das glaub ich aber nicht.“
Busfahrer schaut noch ratloser: … …
Ich: „Doch, da können Sie bis zum Bahnhof durchfahren und dort aussteigen. Das Museum ist direkt neben dem Bahnhof.“
Omi glotzt mich schweigend an und geht dann wortlos weg.
Busfahrer: „Ich weiß das wirklich nicht. Keine Ahnung, wo das ist.“
Ich zucke mit den Schultern.
Omi steigt völlig sinnlos an der nächsten Haltestelle aus.
Busfahrer nimmt in einer Kurve einen Kantstein mit.
Ich bin ausgesprochen dankbar, dass ich mich nicht als Fremdenführerin selbständig mache.
Unterwegs -
feinstrick - 18. Mai, 16:30
Ich habe mir kürzlich einen neuen Monitor zugelegt, um die Halswirbelsäule zu entlasten, denn es ist auf Dauer doch etwas anstrengend, immer nur am Notebook zu sitzen, zumal mich so ein dubioser Wanderschmerz im Schulter-Nackenbereich plagt. Und da ich ja nun permanent zuhause arbeite, fand ich, es sei an der Zeit, mal zu investieren.
Nun steht da also so ein etwas protzig wirkendes Breitbild-Dings (andere gibt es ja leider so gut wie nicht mehr) mitten auf meinem Schreibtisch und ich bin – total enttäuscht. Ich schaffe es einfach nicht, das Bild so einzustellen, dass es optimal für mich ist. Im Vergleich zu meinem alten, billigen A*us Notebookbildschirm ist dieses neue Hightech-Teil der reinste Müll. Die Buchstaben wirken dünn und unscharf und, was das Schlimmste ist, ich fühle mich nach kürzester Zeit nicht gut, wenn ich an dem Monitor arbeite. Ich kriege Kopfschmerzen und leichte Schwindelgefühle. Ich habe tagelang damit zugebracht, die Bildeinstellungen zu verändern, was nebenbei bemerkt ein ziemlicher Akt ist, da es dafür keine gut sichtbaren Knöpfe mehr gibt, sondern nur noch winzige, nahezu unsichtbare Symbole am Monitorrahmen, auf denen ich nun blind mit meinen Daumen herum drücke, in der Hoffnung, den richtigen Sensor zu treffen. Ich habe den Monitor auf meinem Schreibtisch hin und her geschoben, weil ich dachte, es hätte vielleicht etwas mit dem Abstand zu meinen Augen zu tun. Ich habe meine verschiedenen Brillen ausprobiert. Ich habe das Handbuch rauf und runter gelesen. Aber entweder bin ich zu dämlich oder dieser Monitor ist einfach nicht gut. Jedenfalls kriege ich nur minimale Verbesserungen hin, und darum lasse ich das Gerät mittlerweile immer häufiger ausgeschaltet.
Jemand hatte mir geraten, einen A*us zu kaufen. Ich habe mich dann für einen S*msung aus derselben Preisklasse entschieden, weil der energiesparender ist. Jetzt frage ich mich, ob ich mit dem A*us doch besser gefahren wäre. Oder ob ich erheblich mehr Geld hätte ausgeben müssen. Andererseits, mein Notebook war damals, wie gesagt, überhaupt nicht teuer.
So ist das eben manchmal. Man malt sich etwas richtig schön aus, hat ganz genaue Vorstellungen, wie es sein wird, und dann ist alles ganz anders und wird zu einer riesengroßen Enttäuschung. Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll. Den Monitor weiter verkaufen? Jemanden finden, der ihn mir optimal einstellen kann? Ihn zurück geben? Ich bin ratlos. Und enttäuscht.
Unterwegs -
feinstrick - 13. Mai, 09:19
Ich bin heute einen sehr langen Weg gegangen, innerlich wie äußerlich. Ich habe die Sonne nicht wahrgenommen und auch die vielen, vielen Menschen um mich herum nicht. Ich habe den Durst ignoriert, und der Schmerz in meinen Füßen hat sich irgendwann im Zorn meines Herzens aufgelöst. Jetzt tun mir die Füße immer noch weh, ich habe Kopfschmerzen und fühle mich sehr, sehr erschöpft – und so leer wie die Halle eines Kreuzfahrtterminals, in der ich einen Moment lang verweilte, Besinnung hielt, mich ausgeschlossen und gleichzeitig erleichtert fühlte. Manchmal ist es gut, etwas oder jemanden zu verpassen, die Demütigungen nicht noch größer werden zu lassen, nicht alle schmutzigen Details der Wahrheit anschauen zu müssen.
Manchmal ist es aber auch gut, hinzuschauen, zu erkennen, dass ein Traum ausgeträumt ist, obwohl er sich im eigenen Herzen so tief eingegraben hat, dass er ein Teil von ihm geworden ist, zusammen mit dieser großen, alles erfüllenden Sehnsucht.
Es ist gut, wenn man sich klarmacht, dass man andere Menschen nicht ändern kann. Sie werden niemals so sein, wie man sich das wünscht, sondern immer Gefangene ihrer selbst, mit allen Fehlern und Schwächen. Meistens kann man diese Schwächen akzeptieren und sie vielleicht sogar als liebenswerte Marotten hinnehmen. Schließlich hat man selber auch eine Menge Fehler. Manchmal sind diese Schwächen aber selbst bei viel Liebe und Toleranz unverzeihlich, weil sie zerstören und vernichten, statt zu vereinen und versöhnen.
Es ist auch gut, sich klarzumachen, dass Vergebung und Versöhnung nicht identisch sind mit Vertrauen. Manchmal muss man feststellen, dass man zwar verzeihen und wohl auch lieben, aber nicht mehr vertrauen kann. Dass man alles und jedes hinterfragt, dass man ständig misstrauisch und auf der Hut ist.
Manchmal gibt es diese Momente, in denen man sein eigenes Leben glasklar vor sich sieht, alle eigenen Schwächen und Fehler, alle Irrwege und Abgründe, Sehnsüchte und unerfüllten Träume. Und man spürt, dass es Zeit ist, nach vorne zu schauen und nicht mehr länger im „was wäre, wenn“ zu verweilen, sondern Abschied zu nehmen, loszulassen, die eigenen Sehnsüchte leise zu beerdigen und dann still seinen Weg weiter zu gehen, trotz wunder Füße, trotz blutenden Herzens, trotz wundervoller Träume – und auch trotz aller Liebe.
Manchmal wacht man eben einfach auf.
Wohnzimmer -
feinstrick - 10. Mai, 21:23
Ich weiß jetzt, wie man Fliegengitter anbringt. Ich habe es in einer längeren Versuchsreihe herausgefunden, in der ich eine Packung Klebestreifen und Netz nach mehrfachem Anbringen und wieder Abreißen total verschlissen habe, eine zweite Packung beinah umgetauscht hätte und mich nun immer noch frage, warum ein schwarzes Netz vor dem Fenster weniger auffällig ist als ein weißes.
Ich mache mich demnächst selbstständig. Es gibt Leute, die trauen mir das überhaupt nicht zu. Das verunsichert und ärgert mich sehr, doch ich verstehe diese Leute auch, denn ich traue mir diesen Schritt ja selbst kaum zu und zeige das auch deutlich. Eigentlich bin ich doch eher das graue Mäuschen, das sich lieber in seiner gemütlichen Höhle verkriecht, statt hinaus in die fremde, bedrohliche Welt zu gehen. Aber ab sofort muss ich die Diva mimen, die gerne im Rampenlicht steht, auf dem roten Teppich auf und ab stolziert und sich von der ganzen Welt bewundern lässt. Das ist wahrhaftig alles andere als meine Lieblingsrolle. Wie ich es schaffen kann, sie überzeugend zu spielen, weiß ich noch nicht. Wie ich all meine Ängste und Unsicherheiten überwinden soll, weiß ich auch noch nicht. Wie ich es hinkriege, genug Geld zum Leben zu verdienen? Keine Ahnung.
Und doch fühlt sich dieser Schritt richtig an, spüre ich große Lust darauf, vorwärts zu gehen, meinen Talenten endlich mehr Raum zu geben, unabhängiger als bisher zu leben. Ich bin unendlich erleichtert, dass ich meinen alten Job los bin und fühle mich wie befreit bei der Vorstellung, jeder Art von neurotischem, narzisstischem, kurzsichtigem, arrogantem, ignorantem Chef fürs Erste aus dem Weg gehen zu können. Gut, ich muss auch in Zukunft mit solchen Menschen klarkommen, aber dann sind sie nicht mehr meine Chefs und ich kann ihnen mit einer deutlich entspannteren Haltung gegenüber treten.
Ich fliege mit großem Zittern und viel Bauchweh los. Der Start verläuft sehr, sehr langsam, weil ich noch nicht so recht glauben kann, dass mich meine Flügel tragen. Und die erste, große Bauchlandung scheint auch schon vorprogrammiert zu sein. Oh weh, oh weh.
„Echte Unternehmerinnen glauben an sich selbst“, schrieb mir neulich jemand. Stimmt. Und ich will ja eine echte Unternehmerin sein, will zumindest so tun, als sei ich eine Diva. Darum beiße ich die Zähne zusammen und gehe weiter – in Minischritten zwar, aber die Richtung ist klar. Und nur darauf kommt es an.