Mittwoch, 2. April 2008

Vom Träumen

Ich habe mein Leben lang davon geträumt, Schriftstellerin zu werden. Ich stellte mir vor, wie ich mir eine Geschichte nach der nächsten ausdenke, wie ich auf der Buchmesse Interviews gebe und in den Feuilletons der großen Zeitungen Rezensionen zu meinen eigenen Werken lese. Ich sah mich morgens schon in aller Frühe im Bett schreiben, wie Astrid Lindgren, die ich sehr verehrte, mit Blick auf die wunderschöne, unberührte Natur vor dem Fenster. Oder in Cafés wie die Pariser Bohème. Oder auf Reisen. Den Beruf der Schriftstellerin setzte ich gleich mit Unabhängigkeit und Freiheit. Und danach sehnte ich mich mein Leben lang.

Seltsamerweise habe ich aber nie etwas unternommen, um diese Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Im Gegenteil. Ich schrieb hier und da mal eine Kurzgeschichte oder ein paar Gedichte, alles schön und nett, aber nicht wirklich gut. Ich gab die Sachen kaum jemandem zu lesen, weil ich fürchtete, nicht verstanden oder zu sehr kritisiert zu werden. Und so unternahm ich auch praktisch keinen Versuch, meine Texte zu veröffentlichen. Wer würde so was schon drucken wollen? Allerdings machte ich mir auch nicht die Mühe, an meinem Stil zu arbeiten, zu lernen, mich weiter zu entwickeln. Genau genommen fand ich Schreiben schrecklich anstrengend. Nur Träumen, das war prima, weil es so wunderbar leicht war. Und so träumte ich weiter von der großen Schriftstellerkarriere, während ich im echten Leben alles tat, nur nicht schreiben.

Dann entdeckte ich das Internet und die Möglichkeit, ganz schnell und unkompliziert meine Texte zu veröffentlichen. Zum ersten Mal traute ich mich, verborgen hinter meiner echten Person, meine Texte zur Diskussion zu stellen. Ich war überrascht über den wohlwollenden Beifall einiger Leser, die mein erstes, echtes Publikum waren. Angespornt davon begann ich regelmäßiger zu schreiben. Und ich experimentierte mit Form und Inhalt meiner Texte. Plötzlich wurde das Schreiben zu einem regelmäßigen Bestandteil meines Lebens.

Aber das Internet verunsicherte mich auch: Hier sah ich auf einmal so viele andere Menschen, die „ganz nebenbei“ schrieben, und zwar verdammt gut schrieben, viel besser als ich. Sie waren fantasievoller, origineller, sprachlich gewandter und vor allem viel, viel produktiver als ich. Gegen diese starke Konkurrenz hatte ich kaum eine Chance. Dennoch hielt ich tapfer an meinen eigenen Schreibprojekten fest, lernte dazu, wurde vielleicht sogar ein bisschen besser und schrieb nebenbei einen ganzen Roman zusammen. Kaum jemand hat ihn bisher gelesen, und vermutlich wird sich daran so schnell auch nichts ändern. Trotz mehrmaliger Nachfrage lag er ewig auf dem Schreibtisch einer Agentur herum. Dem Lektor gefiel meine Geschichte nicht, aber er machte sich nicht einmal die Mühe, mir das auch mitzuteilen. Erst als ich ihn erneut ansprach, gab er zu, mich vergessen zu haben. Das ärgerte mich sehr, und auf einmal wachte ich auf. Der kleine Höhenflug, auf dem ich mich in den letzten Jahren befunden hatte, endete zusammen mit meinen lebenslangen Träumen vom Leben der unabhängigen Schriftstellerin.

Ich fragte mich auf einmal ganz nüchtern, warum ich eigentlich nie etwas unternommen habe, um meinen Traum zu leben. Was hat mich daran gehindert, von Verlag zu Verlag zu wandern? Warum bin ich oft so unkreativ und lustlos und schreibe manchmal jahrelang keinen nennenswert guten Satz? Warum schaue ich neidisch auf Leute, die es geschafft haben, statt selber aktiv zu werden? Eine befriedigende Antwort darauf habe ich ehrlich gesagt bis jetzt noch nicht gefunden.

Es ist nicht nur die Angst vor dieser Maschinerie, in die man sich als Autor begibt. In jedem Job hat man Zwänge und muss sich behaupten und beweisen. Und ich wusste eigentlich auch schon lange, dass mein romantisch verklärtes Bild von der Schriftstellerei nichts mit der Realität zu tun hat. Es mag einzelne Autoren geben, die das Glück haben, genau so zu leben, wie ich es mir erträumte. Aber sie sind entweder begnadete Talente oder haben sehr starke Ellbogen und ein noch stärkeres Ego, das sich selbst vom dämlichsten Lektor nicht erschüttern lässt. Für die meisten Schriftsteller aber bedeutet Schreiben sehr, sehr harte Arbeit, einen fast aussichtslosen Konkurrenzkampf und am Ende eine Entlohnung, die der Mühe kaum wert ist. Vielleicht habe ich ja nie an meinem Erfolg gearbeitet, weil ich auch nicht ernsthaft an ihn geglaubt habe. So hat mir jener Lektor neulich eigentlich nur bestätigt, was ich schon immer selber fand: Dass ich zwar nicht schlecht schreibe, mir aber das gewisse Etwas fehlt und ich auch nicht in der Lage bin, mir wirklich gute Geschichten auszudenken. Im Grunde genommen erzähle ich immer nur mein eigenes Leben, meine eigenen Träume und Sehnsüchte, mein ganz persönliches Scheitern. Aber das ist auf Dauer selbst mir zu mühsam und zu frustrierend.

Ich werde daher jetzt das tun, was ich schon immer getan habe: Mein Leben mit allem Möglichen verbringen, nur nicht als Schriftstellerin. Schreiben werde ich trotzdem weiter, denn irgendwie ist das ein Teil von mir, ein Stück meiner Seele. Vielleicht liegt das Problem auch genau darin, dass ich mit meinen Texten immer auch meine Seele verkaufen würde. Doch um das tun zu können, fehlt mir die professionelle Haltung eines Schriftstellers, der vor allem für Geld schreibt und nicht, weil die Aneinanderreihung von Worten die vollkommenste Ausdrucksmöglichkeit ist, die er für sich selber gefunden hat.

Flattr this

Sonntag, 30. März 2008

Fragmente

Ich habe gestern und heute jeweils einen Abendspaziergang gemacht - zum ersten Mal seit einem halben Jahr. Es war hell, es war warm, die Vögel haben ihr Abendlied geträllert und die Menschen den Tag mit Blick auf die Elbe verabschiedet. Wie sehr habe ich das vermisst!

*******

Eigentlich bin ich mit der Verwendung von Salz beim Kochen immer sehr zurückhaltend. Ich verwende lieber frische Kräuter und Gewürze. In letzter Zeit passiert es mir aber ständig, dass ich mein Essen total versalze. Bin ich etwa frisch verliebt? Ich wüsste nur nicht, in wen. Vielleicht in das Leben an sich? Ja, das ist es: Ich bin frisch verliebt in mein Leben, so, wie es ist: Wirbelig, kompliziert, anstrengend, fröhlich, unabhängig, ziellos.

*******

Mit Tränen in den Augen habe ich heute die meisten meiner alten Teddys in einen Plastiksack gestopft, um sie in den nächsten Tagen in ein kleines Sozialkaufhaus zu bringen, in dem bedürftige Menschen einkaufen. Irgendwie ist es an der Zeit, dass die Plüschtiere ein neues Zuhause bekommen, bei Kindern, die mit ihnen richtig spielen und sie nachts zum Kuscheln mit ins Bett nehmen. Nur die drei Ältesten behalte ich. Sie sind fast so alt wie ich, und sie wegzugeben, käme mir wie ein Verrat vor, zumal sie mir in manch besonders dunkler, einsamer Nacht auch heute noch gute Seelentröster sind. Ach ja, manchmal bin ich doch ein echter Kindskopf.

Flattr this

Freitag, 28. März 2008

Tage wie dieser

An Tagen wie diesem ist sie wieder da, die Sehnsucht. Ich verliere mich in ihr und der Schmerz treibt mich unruhig und ziellos umher und bringt meine Gedanken zum Fliegen.

An Tagen wie diesem mache ich Dummheiten und rede mir das Grau vor dem Fenster bunt und die Wüste in meinem Herzen in eine blühende Oase.

An Tagen wie diesem hoffe ich das Undenkbare und träume von Luftschlössern. Ich vergesse für einen Moment die Realität und bin wieder ein Kind, in dessen magischer Welt nichts unmöglich ist.

Flattr this

Mittwoch, 26. März 2008

Vom Bloggen

Andernorts wie hier und hier wird darüber nachgedacht, ob man überhaupt noch eine Kommentarfunktion beim Bloggen braucht. Ich kann solche Diskussionen nicht nachvollziehen.

Ich blogge seit über viereinhalb Jahren. Dabei habe ich zweimal den Provider und viermal die Identität gewechselt. Das hat mich leider immer viele Leser gekostet, war aber in dem Moment für mich absolut richtig und notwendig. Ich habe beim Bloggen sehr nette Menschen kennen gelernt. Einige von ihnen sind auch und gerade im realen Leben gute Freunde für mich geworden. Zweimal habe ich mich in andere Blogger verliebt – erst virtuell, dann real. Einmal war ich als Zuhörerin bei einer Bloglesung, und einmal habe ich selber bei einer Lesung mitgemacht.

Ich behaupte mal, dass all dies nicht möglich gewesen wäre, wenn es in meinem Blog keine Kommentarfunktion geben würde, sondern Leser mir lediglich per Mail mitteilen könnten, ob ihnen gefällt, was ich da von mir gebe. Gerade der offene Dialog macht das Bloggen für mich so reizvoll. Denn mal ganz ehrlich: Niemand bloggt „nur für sich“. Dann könnte man auch ein Tagebuch schreiben, das man in seinem Nachttisch verwahrt. Eigentlich sind wir Blogger doch alle kleine Exhibitionisten. Wir möchten, dass die Leute uns anerkennend auf die Schulter klopfen, weil wir irgendetwas Großes geleistet, geschrieben oder auch nur laut gedacht haben. Wir möchten, dass sie mit uns lachen und weinen, dass sie zu virtuellen Freunden werden, mit denen man sich gerne einen frechen Schlagabtausch liefert. Ich möchte das jedenfalls.

Gewiss, manchmal gibt es extrem nervige Kommentare. Da wollen mich Menschen belehren und mir Ratschläge erteilen, die gar nichts über mich wissen. Oder radikale Weltanschauungen durch mein Blog weiter tragen. Oder sich einfach nur wichtig machen. Aber das kommt nicht oft vor. Noch seltener sind Beschimpfungen und Beleidigungen. Das mag daran liegen, dass ich selbst in meinen besten Zeiten nicht mehr als durchschnittlich 150 Leser pro Tag hatte, also wohl wirklich nur die Leute angelockt habe, die gerne bei mir lesen und die mir nicht groupie-mäßig hinterher rennen, weil ich ein prominenter A-Blogger bin, vor dem man sich ständig profilieren will. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mich selber immer um einen höflichen Umgangston bemühe, sowohl als Autorin als auch als Kommentatorin.

Mein neues Blog wird kaum wahrgenommen. Bis auf drei, vier Freunde liest hier fast niemand mit. Das liegt sicher auch daran, dass ich selbst nur noch wenig in anderen Blogs lese und kommentiere. Ich gebe jedoch zu, dass mir die Kommentare unter den Texten bisweilen fehlen. Ich stehe gerne im Dialog mit meinen Lesern und habe Spaß daran, sie dadurch ein Stückchen kennen zu lernen. Nur so konnte ich hier überhaupt Freundschaften schließen. Zugegeben, nicht jeder kann so "unterhaltsam, eloquent und geistreich" kommentieren, wie Herr Paulsen es fordert. Ich kann nicht mal so bloggen. Aber mal ehrlich: Wer ist denn im realen Leben immer und überall geistreich und unterhaltsam? Eben. Warum also sollte man beim Bloggen andere Maßstäbe ansetzen? Ein gesundes Mittelmaß ist ganz okay. Denn so wichtig ist diese ganze Bloggerei am Ende ja wirklich nicht.

Flattr this

Freitag, 21. März 2008

Männer

Neulich saß ich im ICE von Berlin nach Hamburg neben einem sympathischen Mann mittleren Alters. Wir sprachen nur wenig miteinander, aber ich fand die höfliche, humorvolle Art des Mannes sehr angenehm. Gestern Morgen, als ich erneut auf dem Bahnhof war, sah ich den Mann zufällig wieder. Er wartete auf den Zug Richtung Berlin und verabschiedete sich sehr liebevoll von einem anderen Mann. Es war nicht zu übersehen, dass die beiden ein Paar waren, doch in ihren Berührungen lag etwas Scheues, Flüchtiges, das mich irgendwie rührte. Immer noch ist es nicht selbstverständlich, dass schwule Männer in aller Öffentlichkeit Zärtlichkeiten austauschen, während heterosexuelle Paare hemmungslos rumknutschen. Immerhin, dachte ich, während ich die beiden Männer beobachtete, wagen sie es, sich Küsschen auf den Mund zu drücken und einander zärtlich die Wangen zu streicheln. Das wäre auch in einer Großstadt wie Hamburg noch vor gar nicht so langer Zeit ein Skandal gewesen.

Mit Schwulen hatte ich auch während meines letzten Berlin-Trips viel zu tun, denn ich stieg im Hotel Schall und Rauch ab, das zur Schwulenszene gehört, wie ich erst nach der Buchung erfuhr. Andernfalls hätte ich mich vielleicht gar nicht getraut, dort ein Zimmer zu reservieren, weil ich befürchtet hätte, fehl am Platz in so einem Szene-Hotel zu sein. Das wäre schade gewesen, denn dann hätte ich etwas verpasst. Das Hotel liegt mitten im Prenzlauer Berg, umgeben von vielen Geschäften, Kneipen und Cafés. Die Preise sind für Berlin extrem günstig, das Essen ist sehr lecker und das Personal sehr nett und aufmerksam. Die Zimmer sind individuell eingerichtet und verbinden zum Teil auf raffinierte Weise modernes Design mit Altem, zum Teil spielen sie aber auch ganz bewusst mit dem Charme eines Berliner Hauses, das rund hundert Jahre alt ist, mit abgewetzten Dielenböden, bunt bemalten Stuckdecken, Himmelbett und dem Badezimmer auf der anderen Seite des Flurs. Die Zimmer sind alle in Größe und Ausstattung sehr unterschiedlich. Einige haben ein integriertes Badezimmer, teilweise sogar mit Badewanne, in anderen liegt das Bad außerhalb des Zimmers, und manchmal muss man es sogar mit anderen Gästen teilen. Wer geräuschempfindlich ist, sollte unbedingt ein Zimmer im Hinterhaus wählen, auch, wenn es da etwas dunkler ist und man in einen ziemlich unaufgeräumten Hof blickt. Aber gehört das nicht irgendwie zu Berlin dazu?

Für mich war dieses kleine Hotel jedenfalls eine echte Entdeckung und ich komme sicher mal wieder. Abgesehen von den charmanten Zimmern fand ich es unglaublich wohltuend, nicht ständig von Männern beobachtet und angebaggert zu werden, und erst im Restaurant dieses Hotels ging mir auf, wie sehr man als Frau in der Hetero-Welt, in der ich mich normalerweise bewege, neugierigen Blicken ausgesetzt ist, besonders, wenn man alleine in einem Lokal sitzt. Das ist manchmal extrem lästig und anstrengend. Nur wenn Frau auf Männersuche ist, dann sollte sie doch besser anderswo absteigen. Denn all die attraktiven Männer, die so gar nicht am anderen Geschlecht interessiert sind, können auf Dauer natürlich auch etwas frustrieren.

Flattr this

Gäste

Neugierig?

Klatsch und Tratsch

Danke und tschüss!
Übermorgen fliege ich in den Urlaub, und wenn ich zurückkehre,...
feinstrick - 15. Mai, 21:06
Hat ja geklappt :)
Hat ja geklappt :)
steppenhund - 11. Feb, 22:02
Ja, ich erinnere mich...
Ja, ich erinnere mich gut daran. Ich mache mich mal...
feinstrick - 11. Feb, 20:08
Ich hab meine Statistik...
Ich hab meine Statistik ewig nicht angeschaut, aber...
feinstrick - 11. Feb, 20:08

Post an Frau Feinstrick

feinstrick bei googlemail com

Gezwitscher

Suche

 

Status

Online seit 6539 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Mai, 21:06

Hausordnung

Credits

Knallgrau New Media Solutions - Web Agentur f�r neue Medien

powered by Antville powered by Helma


Creative Commons License

xml version of this page (summary)

twoday.net AGB

blogoscoop


Arbeitszimmer
Badezimmer
Balkonien
Dachboden
Hausordnung
Hobbykeller
Kinderzimmer
Kleiderschrank
Küche
Schlafzimmer
Treppenhaus
Unterwegs
Wohnzimmer
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development