Samstag, 21. April 2012

Herzensmänner

Er steht plötzlich in der Tür, und ich freue mich riesig. Es ist so schön mit ihm, so vertraut, so nah. Und vor allem so unkompliziert. Ich erzähle von meinen Männerproblemen, er von seinen Frauenproblemen. Wir verstehen uns fast ohne Worte, und kurz denke ich: Warum haben wir uns eigentlich nie zusammengetan? Komplizierter als alles, was ich bisher hatte und habe, wäre das auch nicht geworden. Er vermisst seine Wohnung, und ich bin begeistert, als er erzählt, dass er im Herbst definitiv in meine Nachbarschaft zurückkehren will. Das ist die schönste Nachricht des Tages, wenn nicht gar der Woche. Alles wird gut!

Einem anderen Mann erzähle ich von dem feinen Riss, den ich zwischen ihm und mir seit ein paar Tagen spüre. Er gibt Deutungen ab, die mich nachdenklich machen. Aber stimmt das wirklich alles so? Keine Ahnung. Wir kuscheln miteinander auf seinem Sofa, und ich genieße das und denke gleichzeitig: Hä, was mache ich denn hier? Behutsam löse ich mich von ihm, und als er sagt: „Schön zu wissen, dass du jetzt wieder auf dem Markt bist“, schüttele ich energisch den Kopf. „Nein, bin ich nicht.“ Jedenfalls nicht so. Nicht für ihn.

Ich habe Verabredungen mit fremden Männern. Ich fühle mich zehn Jahre jünger, wie damals, als ich in einer haltlosen Zeit von einem Mann zum nächsten gezogen bin, ohne Rücksicht auf Verluste, ohne mich auf Nähe einlassen zu können. Noch habe ich keinen der Männer getroffen, und ich bin eher skeptisch. Vielleicht kneift ja noch einer oder hat das Foto seines besten Freundes ins Netz gestellt. Alles schon erlebt. Aber ich merke, wie sehr mich der Gedanke an fremde Haut und Sex mit einem Unbekannten beschäftigt. Ich bin neugierig, und gleichzeitig spüre ich ein Unbehagen, das ich früher nicht hatte. Eigentlich will ich das alles doch gar nicht. Im Grunde ist das nur eine Art Trotzreaktion. „Was du kannst, kann ich schon lange“, möchte ich Mr. Obercasanova zurufen. Und dann wird mir sehr weh ums Herz, und ich denke darüber nach, was Menschen alles anstellen, nur, um sich ihren eigenen Gefühlen nicht stellen zu müssen. So verschieden er und ich auch sein mögen, aber diese Kunst beherrschen wir beide in Vollendung.

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steppenhund - 21. Apr, 23:32

Jetzt habe ich diesen und die vielleicht letzten zwölf Einträge gelesen und habe ein ganz komisches Gefühl. Ein ganz leeres. Die Texte sprechen mich an, sie beschreiben sehr genau. Etwas ist im Unreinen. Irgendetwas läuft schief, doch ich kann keine Begründung sehen. Ich kann nicht sagen: "das sollte sie doch so oder so handhaben." Irgendwie scheint es da eine große weiße unerforschte Fläche zu geben. So ein Gefühl habe ich noch nie beim Lesen eines Blogs gehabt.
Ich möchte wünschen, dass sich eine Zufriedenheit bei der Autorin einstellt. Mehr kann ich nicht schreiben.

feinstrick - 22. Apr, 09:49

Das liegt vielleicht daran, dass es jede Menge Leerstellen gibt - vor allem hier im Blog, weil ich die meisten Details nicht öffentlich mache. Aber auch im Miteinander mit diesem Mann, der sehr verschlossen ist und mich nur milimeterweise an sich heranlässt. So bleibt vieles Spekulation.
Lust.Bar - 22. Apr, 11:08

Küchenanalyse

Eigentlich braucht es diese meine Analyse nicht, weil du eh schreibst, worum es geht: ...was Menschen alles anstellen, nur, um sich ihren eigenen Gefühlen nicht stellen zu müssen.

Ich glaub, das gilt für beide Seiten in diesem ... Spiel? Tanz? Kampf?
Das Wort "Leere" von Steppenhund trifft es meiner Meinung nach ganz gut. Leere, die gefüllt werden will. Die sich aber so wahrscheinlich nicht füllen lässt. Womit sie sich füllen ließe? Ach, ich weiß es doch nicht. Wahrscheinlich mit echten, tiefen Beziehungen, die Ihnen aber augenscheinlich mindestens so viel Angst machen wie Ihren Gegenübern. Was ja auch verständlich ist, weil die noch viel verletzender und gefährlicher sein können als irgendwelche Fickdates mit Unbekannten.
Vielleicht erst mal bei der Beziehung mit sich selbst anfangen. Das ist überhaupt die schwierigste.

Das war mein Wort zum Sonntagmorgen ;-)

feinstrick - 22. Apr, 11:18

Danke für das Wort zum Sonntag. :-)
Sie haben zielsicher den entscheidendsten Satz rausgepickt. Genau das ist der Punkt. Und ja, ich fange tatsächlich bei mir selbst an, habe schon angefangen. Vielleicht brauche ich das alles nur noch mal, um zu sehen, wie es nicht funktioniert, was sich verändern muss.

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feinstrick - 15. Mai, 21:06
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