Dienstag, 29. April 2014

Verkrampft

Ich stolpere bei Youtube über ein Video seiner Band. Während er normalerweise unauffällig im Hintergrund steht, geht er hier sehr aus sich heraus. Wobei das so nicht stimmt. Er tritt zwar weit nach vorne auf die Bühne und wirbelt mit seinem Bass herum, was das Zeug hält – aber er wirkt dabei nicht euphorisch, leidenschaftlich, ekstatisch gar. Er wirkt angespannt, krampfhaft, bemüht. Er stellt die Gitarre auf seinen Oberschenkel und wedelt mit dem Gitarrenhals herum. Das ist wie beim Sex, denke ich, während ich genauer hinschaue, er gebraucht seinen Bass wie einen riesigen Schwanz mit dem er … ja, was genau demonstriert? Männlichkeit? Macht? Stärke? Ja. Alles. Und gleichzeitig sieht er wie ein kleiner Junge aus, der Superman spielt und sich dabei nicht sehr geschickt anstellt.

Ich schaue noch genauer hin. Er guckt sogar so wie beim Sex, denke ich auf einmal, und meine Faszination wächst wieder. Er ist in dem, was er macht, ein Profi. Egal, ob im Bett oder auf der Bühne. Immer schwingt da etwas mit, was mich „Wow!“ denken lässt. Und gleichzeitig schüttele ich innerlich den Kopf. Der Mann steht auf der Bühne, macht sich zum Affen und wirkt dabei albern und erotisch zugleich. Vor allem aber wirkt er so irre angespannt, als wolle er geradezu verzweifelt alles richtig machen – und liegt dadurch doch ein Quentchen daneben. Ich verspüre Mitleid mit ihm und wünschte, ich könnte ihn von dieser Bühne herunterholen und sagen: „Hey, komm schon, das soll Spaß machen, du musst hier niemandem etwas beweisen.“

Aber dann werde ich traurig, weil ich erkenne, dass ich genauso bin wie er. Auch ich bin oft so verbissen bemüht, alles richtig zu machen, dass ich total verkrampfe und mich dadurch um ganz viel Leichtigkeit bringe. Das war es, was mich immer wieder an ihm verzweifeln ließ: Dass er mich auf erschreckende Weise spiegelt, mir all meine Unzulänglichkeiten beängstigend treffsicher unter die Nase reibt. Mit so jemandem kann man es nicht aushalten, egal wie viele Gefühle da sind.

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perlentaucherin - 1. Mai, 18:48

man könnte es als chance nehmen, aber dazu brauchts mut. sich selbst in die augen zu schauen, in diesem spiegel...

rosmarin - 3. Jun, 11:36

Frau Feinstrick, entkrampfen Sie bitte. Vor allem die Finger. Und schreiben Sie doch bitte wieder für uns.

feinstrick - 3. Jun, 13:11

Örks. Ich schreibe so viel - nur nicht hier. Aber ich habe ständig Texte im Kopf und denke: Das müsste Frau Feinstrick erzählen. Und dann ist sie doch zu faul dazu, die blöde Trulla. Örks. Hmpf. Grmpf.

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