Aufklärung
„Hast du schon oft Männern das Herz gebrochen?“
Die Frage kommt etwas überraschend, inmitten eines kuriosen Abends voller Aufklärungen. Erst erklärt der Vater seinen Kindern, was „Missbrauch“ bedeutet, weil sie dieses Wort gerade im Fernsehen aufgeschnappt haben – in einer Sendung über diesen Popstar, der vor allem darum zur Legende werden wird, weil sich um ihn so viele ungeklärte, unheilvolle Geschichten ranken. Und, weil er schon zu Lebzeiten so bekannt wurde, dass ihn sogar diese Kinder kennen, obwohl sie viel zu jung sind, um sowohl seinen Ruhm als auch seinen Niedergang bewusst mitbekommen zu haben.
Der Vater nutzt die Gelegenheit, und bringt erst seinem Sohn, der mit glühenden Wangen lauscht, noch ein bisschen mehr in Sachen Sexualität bei, und dann, zu späterer Stunde, als die Kids im Bett liegen, klärt er auch gleich noch seine Frau und mich ein wenig auf. Wir sitzen da wie die Schulkinder, ebenfalls mit roten Ohren und etwas verlegen. Aha, so ist das also. Warum sind wir da nicht selbst drauf gekommen? Eigentlich wussten wir das doch auch. Und, ja, Männer sehen die Dinge wirklich anders als wir Frauen. So was. Das wissen wir doch eigentlich auch längst, aber es ist immer wieder aufs Neue irritierend und verwunderlich.
Und zwischen all die Aufklärungsgeschichten kommt diese Frage: „Hast du schon oft Männern das Herz gebrochen?“ Meine Schwester findet, ihr Mann hätte eher fragen sollen, wie viele Männer ich schon beglückt hätte, das würde doch jetzt viel mehr zu unserem Aufklärungsabend passen. Ich finde keine der beiden Fragen so richtig toll. Was heißt schon „beglückt“? Und was heißt „oft“? Ist zweimal viel? Oder dreimal? Viermal? Ab wann muss eine Frau um ihren Ruf bangen, wenn sie zugibt, dass es in ihrem Leben deutlich mehr als einen Mann gab? Und ab wann sollte sie sich als Schwein fühlen, weil sie zu viele Herzen gebrochen hat?
Ungeachtet all dieser Fragen kläre ich nun rasch meine beiden Zuhörer auf: „Ich fürchte, ich habe mehreren Männern das Herz gebrochen“, sage ich leichthin und belasse es bei diesem knappen Statement. Doch das Gespräch lässt mich nicht los. Ich habe tatsächlich so einigen Männern das Herz gebrochen. Niemals mit Absicht, meistens eher, weil ich etwas ungeschickt darin war, ihnen einen Korb zu geben. Und, weil ich mich leider selten in die Männer verliebt habe, die sich für mich ehrlich interessierten. Das heißt nicht, dass ich mich nie verliebt hätte. Auch nicht, dass die Männer, in die ich mich verliebt habe, diese Liebe nicht erwidert hätten. Im Gegenteil, ich glaube, sie alle haben mich auf ihre Weise geliebt, der eine mehr, der andere weniger. Aber am Ende hat mir jeder einzelne von ihnen das Herz gebrochen – auf die unbeschreiblichsten, perfidesten Arten, die man sich nur denken kann. So kalt und skrupellos war ich umgekehrt nie. Unterm Strich bin ich also eine Herzensbrecherin mit gebrochenem Herzen. So knapp lässt sich die Tragik meines Lebens zusammenfassen. Aufklärung, denke ich bei mir, hat manchmal etwas sehr Ernüchterndes.
Die Frage kommt etwas überraschend, inmitten eines kuriosen Abends voller Aufklärungen. Erst erklärt der Vater seinen Kindern, was „Missbrauch“ bedeutet, weil sie dieses Wort gerade im Fernsehen aufgeschnappt haben – in einer Sendung über diesen Popstar, der vor allem darum zur Legende werden wird, weil sich um ihn so viele ungeklärte, unheilvolle Geschichten ranken. Und, weil er schon zu Lebzeiten so bekannt wurde, dass ihn sogar diese Kinder kennen, obwohl sie viel zu jung sind, um sowohl seinen Ruhm als auch seinen Niedergang bewusst mitbekommen zu haben.
Der Vater nutzt die Gelegenheit, und bringt erst seinem Sohn, der mit glühenden Wangen lauscht, noch ein bisschen mehr in Sachen Sexualität bei, und dann, zu späterer Stunde, als die Kids im Bett liegen, klärt er auch gleich noch seine Frau und mich ein wenig auf. Wir sitzen da wie die Schulkinder, ebenfalls mit roten Ohren und etwas verlegen. Aha, so ist das also. Warum sind wir da nicht selbst drauf gekommen? Eigentlich wussten wir das doch auch. Und, ja, Männer sehen die Dinge wirklich anders als wir Frauen. So was. Das wissen wir doch eigentlich auch längst, aber es ist immer wieder aufs Neue irritierend und verwunderlich.
Und zwischen all die Aufklärungsgeschichten kommt diese Frage: „Hast du schon oft Männern das Herz gebrochen?“ Meine Schwester findet, ihr Mann hätte eher fragen sollen, wie viele Männer ich schon beglückt hätte, das würde doch jetzt viel mehr zu unserem Aufklärungsabend passen. Ich finde keine der beiden Fragen so richtig toll. Was heißt schon „beglückt“? Und was heißt „oft“? Ist zweimal viel? Oder dreimal? Viermal? Ab wann muss eine Frau um ihren Ruf bangen, wenn sie zugibt, dass es in ihrem Leben deutlich mehr als einen Mann gab? Und ab wann sollte sie sich als Schwein fühlen, weil sie zu viele Herzen gebrochen hat?
Ungeachtet all dieser Fragen kläre ich nun rasch meine beiden Zuhörer auf: „Ich fürchte, ich habe mehreren Männern das Herz gebrochen“, sage ich leichthin und belasse es bei diesem knappen Statement. Doch das Gespräch lässt mich nicht los. Ich habe tatsächlich so einigen Männern das Herz gebrochen. Niemals mit Absicht, meistens eher, weil ich etwas ungeschickt darin war, ihnen einen Korb zu geben. Und, weil ich mich leider selten in die Männer verliebt habe, die sich für mich ehrlich interessierten. Das heißt nicht, dass ich mich nie verliebt hätte. Auch nicht, dass die Männer, in die ich mich verliebt habe, diese Liebe nicht erwidert hätten. Im Gegenteil, ich glaube, sie alle haben mich auf ihre Weise geliebt, der eine mehr, der andere weniger. Aber am Ende hat mir jeder einzelne von ihnen das Herz gebrochen – auf die unbeschreiblichsten, perfidesten Arten, die man sich nur denken kann. So kalt und skrupellos war ich umgekehrt nie. Unterm Strich bin ich also eine Herzensbrecherin mit gebrochenem Herzen. So knapp lässt sich die Tragik meines Lebens zusammenfassen. Aufklärung, denke ich bei mir, hat manchmal etwas sehr Ernüchterndes.
Schlafzimmer - feinstrick - 28. Jun, 23:29
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Sun-ray - 28. Jun, 23:37
genau so ist es.
nur glaubt einem das keiner.
fällt wohl unter ausgleichende gerechtigkeit.
nur glaubt einem das keiner.
fällt wohl unter ausgleichende gerechtigkeit.
frauenzimmer (Gast) - 30. Jun, 13:02
Das Thema Aufklärung ist bei uns zur Zeit auch ein recht heikles. Die Zwillinge sind ja noch recht ginant wenn ICH mit ihnen über dieses Thema spreche, wollen aber trotzdem gerne vieles wissen. Wenn dann das Erklärte von den Burschen aber nur noch ins lächerliche gezogen wird bzw. dazu genutzt wird die benachbarten Kleinkinder über die genauen Hintergründe diverser Sexspiele (woher die Herrschaften das weitere Halbwissen nehmen ist mir völlig schleierhaft) aufzuklären hörts echt langsam auf.
Ich bin entschieden FÜR die Aufklärung meiner Nachkommenschaft, habe aber scheinbar irgendwie noch nicht die richtige Herangehensweise gefunden. *seufz*
Ich bin entschieden FÜR die Aufklärung meiner Nachkommenschaft, habe aber scheinbar irgendwie noch nicht die richtige Herangehensweise gefunden. *seufz*
feinstrick - 30. Jun, 13:18
Vielleicht kriegen unsere (also: eure) Kinder das ja eines Tages hin. Mir scheint, unsere Generation ist noch zu sehr gefangen in der eigenen, oft sehr prüden Erziehung.
rosmarin - 12. Jul, 23:40
jöööööööööö.... wie lange dauert das hier.... bis mal wieder ein wort den weg hierein darf? werte frau feinstrick, seit sie professionell schreiben, ist es verdammt ruhig geworden.
feinstrick - 13. Jul, 11:24
Ich weiß. Hat nicht nur mit dem Schreiben zu tun, sondern überhaupt. Und so. Ich hoffe, es wird wieder anders.
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