Diese Tage
Es gibt diese Tage, an denen stehe ich völlig neben mir. Mein Körper kämpft sich wie ferngesteuert durch den Tag, aber Herz und Seele sind ihm irgendwie abhanden gekommen. Sie stehen nackt nebenan, schauen dem Körper zu, wie er sich aus dem Bett müht, wie er würgt und hustet, weil er das Leben nur zum Kotzen findet, wie er sich steif macht und schon morgens um acht ganz erschöpft fühlt, weil er sich so anstrengen muss, die ganze Welt abzuwehren. Sie stehen und schauen und schütteln mitleidig den Kopf, während der Körper wie durch einen dichten Nebel stapft, sich wahllos ein paar Klamotten aus dem Schrank greift, die Haare nicht richtig frisiert, das Schminken zur Hälfte vergisst, alle Konzentration benötigt, um Schlüssel und Geld nicht zu vergessen, bevor er das Haus verlässt, und auf der Straße hofft, dass er keinem bekannten Gesicht begegnet, weil es ihm heute schwer fällt, zu lächeln und Smalltalk zu halten.
Das sind die Tage, an denen ich dankbar bin, wenn ich keine Kundentermine habe, an denen ich zu Fuß gehe, weil ich fürchte, mit dem Fahrrad einen Unfall zu bauen, und an denen ich lieber bei Edeka als bei Aldi einkaufe, weil es mir dort leichter fällt, hübsche Verpackungen aus dem Regal zu nehmen, wohl wissend, dass ich das alles nie essen werde. Es sind die Tage, an denen ich essen gehe, weil ich nicht für mich selber sorgen kann (sofern ich es überhaupt bis auf die Straße schaffe). Vor allem aber sind es die Tage, an denen ich die Geister verfluche, denen ich diese Zustände zu verdanken habe.
An diesen Tagen renne ich zu meiner Zauberin und bitte sie, mir ein neues Leben zu schenken. Aber sie zuckt jedes Mal nur mitleidig mit den Schultern. Ich kriege nichts geschenkt, mir wird nichts weggezaubert, ich muss mich immer wieder neu damit auseinandersetzen. Das klappt manchmal gut, und manchmal überhaupt nicht. Immerhin, ich mache Fortschritte. Während diese Zustände früher manchmal monatelang anhielten, schaffe ich es heute tatsächlich oft schon nach wenigen Tagen, wieder aufzutauchen aus diesem Sumpf. Und doch ist mir das längst nicht genug, würde ich das alles gern für immer abstellen, würde ich stets fröhlich und ausgeglichen sein, lebenslustig und energiegeladen, optimistisch und dem Leben zugewandt – so, wie es mir ja zum Glück an den meisten Tagen des Jahre auch gelingt.
Meine Seele und mein Herz liegen an solchen Tagen vollkommen bloß. Die wenigen Menschen, die die Gabe besitzen, richtig hinzuschauen, können dann meine tiefsten Abgründe erblicken, sehen den Schmerz, den ich gerade aushalte, alle Ängste, alle Verzweiflung. Aber das kommt höchst selten vor. In der Regel kriegt niemand mit, wenn ich diese Zustände habe. Falls ich unter Leute muss, reiße ich mich zusammen (und wundere mich später oft, dass offenbar niemandem was aufgefallen ist). Falls keiner auf mich wartet, lasse ich mich gehen – hinter verschlossenen Türen. Immerhin habe ich mittlerweile ein paar Notfallnummern, sehr gute Freundinnen, die um mich wissen und einfach da sind. Ohne plumpe Aufmunterungssprüche, ohne kluge Ratschläge, ohne die Erwartung, dass es mir am nächsten Tag wieder super geht, weil so wild war das ja doch alles nicht. Das ist ein großer Fortschritt: sprechen zu können, das Vertrauen zu haben, dass da Menschen sind, die mich auffangen. Denn das ist das einzige, was mich trägt.
Das sind die Tage, an denen ich dankbar bin, wenn ich keine Kundentermine habe, an denen ich zu Fuß gehe, weil ich fürchte, mit dem Fahrrad einen Unfall zu bauen, und an denen ich lieber bei Edeka als bei Aldi einkaufe, weil es mir dort leichter fällt, hübsche Verpackungen aus dem Regal zu nehmen, wohl wissend, dass ich das alles nie essen werde. Es sind die Tage, an denen ich essen gehe, weil ich nicht für mich selber sorgen kann (sofern ich es überhaupt bis auf die Straße schaffe). Vor allem aber sind es die Tage, an denen ich die Geister verfluche, denen ich diese Zustände zu verdanken habe.
An diesen Tagen renne ich zu meiner Zauberin und bitte sie, mir ein neues Leben zu schenken. Aber sie zuckt jedes Mal nur mitleidig mit den Schultern. Ich kriege nichts geschenkt, mir wird nichts weggezaubert, ich muss mich immer wieder neu damit auseinandersetzen. Das klappt manchmal gut, und manchmal überhaupt nicht. Immerhin, ich mache Fortschritte. Während diese Zustände früher manchmal monatelang anhielten, schaffe ich es heute tatsächlich oft schon nach wenigen Tagen, wieder aufzutauchen aus diesem Sumpf. Und doch ist mir das längst nicht genug, würde ich das alles gern für immer abstellen, würde ich stets fröhlich und ausgeglichen sein, lebenslustig und energiegeladen, optimistisch und dem Leben zugewandt – so, wie es mir ja zum Glück an den meisten Tagen des Jahre auch gelingt.
Meine Seele und mein Herz liegen an solchen Tagen vollkommen bloß. Die wenigen Menschen, die die Gabe besitzen, richtig hinzuschauen, können dann meine tiefsten Abgründe erblicken, sehen den Schmerz, den ich gerade aushalte, alle Ängste, alle Verzweiflung. Aber das kommt höchst selten vor. In der Regel kriegt niemand mit, wenn ich diese Zustände habe. Falls ich unter Leute muss, reiße ich mich zusammen (und wundere mich später oft, dass offenbar niemandem was aufgefallen ist). Falls keiner auf mich wartet, lasse ich mich gehen – hinter verschlossenen Türen. Immerhin habe ich mittlerweile ein paar Notfallnummern, sehr gute Freundinnen, die um mich wissen und einfach da sind. Ohne plumpe Aufmunterungssprüche, ohne kluge Ratschläge, ohne die Erwartung, dass es mir am nächsten Tag wieder super geht, weil so wild war das ja doch alles nicht. Das ist ein großer Fortschritt: sprechen zu können, das Vertrauen zu haben, dass da Menschen sind, die mich auffangen. Denn das ist das einzige, was mich trägt.
Wohnzimmer - feinstrick - 25. Apr, 19:07
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