Veränderungen
Dies ist das Jahr des Ausgehens. So oft bin ich ewig nicht mehr tanzen gegangen, zu Konzerten, in Ausstellungen, zu Lesungen. Vor allem Musik entdecke ich ganz neu für mich. Ich habe ja keine Ahnung davon, kenne selbst sehr populäre Bands nicht, merke mir nie die Namen der Bassisten oder Drummer, geschweige denn Songtitel oder gar –texte. Woran das liegt, weiß ich nicht. Vielleicht an der Brutalität, mit der mein großer Bruder mir als Kind verbat, die Musik zu hören, die ich mochte. Oder an der Geringschätzung, mit der mein Vater von „Unterhaltungsmusik“ sprach. Was mich allerdings keineswegs dazu brachte, mich in klassischer Musik besser zurechtzufinden. Und auch nicht dazu, irgendwann zu rebellieren und Punkrockerin zu werden.
Letzteres bedauere ich heute manchmal. Ich wäre lieber eine Rebellin geworden statt das verängstigte Wesen, zu dem ich in meiner Pubertät mutierte und das mich viele, viele Jahre nicht mehr losließ. Während meines Studiums machte ich ein Praktikum in einem Kulturzentrum, half bei der Veranstaltungsorganisation von Partys und Konzerten. Das hätte großartig sein können, wenn ich nicht so verschüchtert gewesen wäre, dass ich kaum wagte, den Mund aufzumachen. Wer weiß, wohin mein Weg mich geführt hätte, wenn ich damals mehr Mut besessen hätte. Denn der Spaß an Musik, an Konzerten, an diesem rauschhaften Eintauchen in Rhythmen und Klänge, der war immer da.
Nun habe ich das alles nach Jahren des Winterschlafs wiederentdeckt. Und ich merke, dass sich mir dabei neue Türen öffnen. Ich begegne Menschen, denen ich sonst nie begegnet wäre. Ich treffe auf einen Mann und erlebe einen magischen Abend voller Energie, funkelnder Augen und ausgelassenem Lachen. Es ist diese Art von Aufeinandertreffen, auf der unzählige Hollywoodfilme fußen, weil so viele Zufälle eine Rolle spielen, die am Ende gar nicht anders können, als sich zu einem gigantischen Happy End zu vereinen. Nur dass ich zum Glück vorgewarnt wurde und weiß, dass ich in dieser Geschichte nur die Närrin bin, nicht die Liebende, die am Ende in die Arme ihres Angebeteten sinkt. Der hat nämlich längst eine andere geheiratet, vor wenigen Monaten erst. Und die Gute scheint zu spüren, dass zwischen ihm und mir etwas in Schwingung gerät, das nicht sein darf, denn sie wacht im Verlauf des Abends mit zunehmender Eifersucht über unser Gelächter und das Wühlen in der gemeinsamen Vergangenheit, die wir haben, ohne dass ich das bislang geahnt hätte.
Er ist mit meinem Bruder zur Schule gegangen, aber dieser eine Name war mir überhaupt nicht mehr präsent (und das Gesicht gleich gar nicht). Umso erstaunter bin ich, was er alles weiß – über meine Familie, vor allem aber auch über mich. Als habe er mich still beobachtet in all den Jahren. Das hat er natürlich nicht, aber für einen Moment fühlt es sich so an, wünsche ich es mir vielleicht einfach. Und natürlich kennt er auch meinen Ex, die Welt ist ein Kuhdorf, ich muss es fragen, weil ich es von Anfang an ahne, die beiden haben viele Gemeinsamkeiten, ja, wenn ich mir die liebe Gattin ansehe, haben sie sogar denselben Frauengeschmack.
Frauen sind das, die so gar nichts mit mir gemein haben, weder äußerlich noch in ihrem Lebensstil und vermutlich auch nicht in der Art, wie sie ihre Männer lieben. Ich passe da nicht hin, gehöre da nicht hin, und das nicht nur, weil ich mich am Lachen eines frisch verheirateten Mannes berausche. Das ist nicht meine Welt, ich habe nicht gelernt, mich darin zurechtzufinden, fühle mich auch heute noch zu bieder, zu langweilig, zu unwissend zwischen diesen Menschen.
Und gleichzeitig bin ich fasziniert von ihnen, denke, dass sie viel spannender sind als all die Leute, mit denen ich sonst so zu tun habe. Und mit beinah fünfzig Jahren wünsche ich mir, endlich auch mal so cool sein zu können, endlich doch mal die Punkrockerin rauszulassen. Aber ob das hilft und mich glücklicher macht? Jedenfalls habe ich vergangene Nacht in den wenigen Stunden, die ich überhaupt schlafen konnte, von diesem Mann geträumt. Ich weiß, ich werde ihn nie kriegen können. Aber es ist gut, zu spüren, dass ich es noch kann: mich Hals über Kopf verlieben.
Letzteres bedauere ich heute manchmal. Ich wäre lieber eine Rebellin geworden statt das verängstigte Wesen, zu dem ich in meiner Pubertät mutierte und das mich viele, viele Jahre nicht mehr losließ. Während meines Studiums machte ich ein Praktikum in einem Kulturzentrum, half bei der Veranstaltungsorganisation von Partys und Konzerten. Das hätte großartig sein können, wenn ich nicht so verschüchtert gewesen wäre, dass ich kaum wagte, den Mund aufzumachen. Wer weiß, wohin mein Weg mich geführt hätte, wenn ich damals mehr Mut besessen hätte. Denn der Spaß an Musik, an Konzerten, an diesem rauschhaften Eintauchen in Rhythmen und Klänge, der war immer da.
Nun habe ich das alles nach Jahren des Winterschlafs wiederentdeckt. Und ich merke, dass sich mir dabei neue Türen öffnen. Ich begegne Menschen, denen ich sonst nie begegnet wäre. Ich treffe auf einen Mann und erlebe einen magischen Abend voller Energie, funkelnder Augen und ausgelassenem Lachen. Es ist diese Art von Aufeinandertreffen, auf der unzählige Hollywoodfilme fußen, weil so viele Zufälle eine Rolle spielen, die am Ende gar nicht anders können, als sich zu einem gigantischen Happy End zu vereinen. Nur dass ich zum Glück vorgewarnt wurde und weiß, dass ich in dieser Geschichte nur die Närrin bin, nicht die Liebende, die am Ende in die Arme ihres Angebeteten sinkt. Der hat nämlich längst eine andere geheiratet, vor wenigen Monaten erst. Und die Gute scheint zu spüren, dass zwischen ihm und mir etwas in Schwingung gerät, das nicht sein darf, denn sie wacht im Verlauf des Abends mit zunehmender Eifersucht über unser Gelächter und das Wühlen in der gemeinsamen Vergangenheit, die wir haben, ohne dass ich das bislang geahnt hätte.
Er ist mit meinem Bruder zur Schule gegangen, aber dieser eine Name war mir überhaupt nicht mehr präsent (und das Gesicht gleich gar nicht). Umso erstaunter bin ich, was er alles weiß – über meine Familie, vor allem aber auch über mich. Als habe er mich still beobachtet in all den Jahren. Das hat er natürlich nicht, aber für einen Moment fühlt es sich so an, wünsche ich es mir vielleicht einfach. Und natürlich kennt er auch meinen Ex, die Welt ist ein Kuhdorf, ich muss es fragen, weil ich es von Anfang an ahne, die beiden haben viele Gemeinsamkeiten, ja, wenn ich mir die liebe Gattin ansehe, haben sie sogar denselben Frauengeschmack.
Frauen sind das, die so gar nichts mit mir gemein haben, weder äußerlich noch in ihrem Lebensstil und vermutlich auch nicht in der Art, wie sie ihre Männer lieben. Ich passe da nicht hin, gehöre da nicht hin, und das nicht nur, weil ich mich am Lachen eines frisch verheirateten Mannes berausche. Das ist nicht meine Welt, ich habe nicht gelernt, mich darin zurechtzufinden, fühle mich auch heute noch zu bieder, zu langweilig, zu unwissend zwischen diesen Menschen.
Und gleichzeitig bin ich fasziniert von ihnen, denke, dass sie viel spannender sind als all die Leute, mit denen ich sonst so zu tun habe. Und mit beinah fünfzig Jahren wünsche ich mir, endlich auch mal so cool sein zu können, endlich doch mal die Punkrockerin rauszulassen. Aber ob das hilft und mich glücklicher macht? Jedenfalls habe ich vergangene Nacht in den wenigen Stunden, die ich überhaupt schlafen konnte, von diesem Mann geträumt. Ich weiß, ich werde ihn nie kriegen können. Aber es ist gut, zu spüren, dass ich es noch kann: mich Hals über Kopf verlieben.
Schlafzimmer - feinstrick - 21. Aug, 00:20
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