Dienstag, 14. Juli 2009

Mutter und Kind

Nach harter Arbeit wollte ich mir heute den Luxus eines Nachmittags auf der Wiese gönnen, entspannt und ruhig mit Blick auf die Elbe und in den Sommerhimmel. Mit Elbe und Himmel haute es soweit hin, mit der Ruhe leider nicht. Dummerweise hatte ich nämlich eine Ecke des Parks erwischt, in der sich sämtliche Jungmütter des Viertels versammelt hatten, um ihren lieben Kleinen ein bisschen die große, weite Welt zu zeigen. Um Missverständnisse gleich mal auszuräumen: Ich mag Kinder.

Was ich nicht mag, sind Eltern, die von Erziehung keine Ahnung haben. Und davon gibt es leider ziemlich viele. Zugegeben, gerade so ein „Erstling“ kann einem schon mal Sorgen bereiten, und vermutlich machen alle Eltern beim ersten Kind sehr viel falsch. Gerade neulich sagte mir eine Mutter von drei Kindern: „Eigentlich müssten alle Eltern mindestens vier Kinder bekommen, um der Welt brauchbaren Nachwuchs hinterlassen zu können, denn die ersten beiden sind doch nur Versuchsobjekte.“ Mit dieser Aussage im Hinterkopf würde ich sagen: Von den Kindern, die ich heute im Park sah, ging der Erziehungsversuch leider bei der Hälfte schief.

Die eine Hälfte der Babys und Kleinkinder (und um diese Altersgruppen handelte es sich hier ausnahmslos) war nämlich ruhig, friedlich und ausgeglichen. Sicher gab es mal Protest, wenn eine Windel gewechselt wurde, oder eine lautstarke Erinnerung, dass Essenszeit war. Das gehört dazu und ist völlig normal. Nicht normal ist aber, wenn so ein Kind den ganzen Nachmittag in einer Tour laut seinen Unmut äußert – mal erbost, mal verzweifelt, mal schon kurz vor der Hysterie. Dann ist Handeln geboten. Aber dieses Handeln habe ich bei den Müttern der Schreibabys durchweg vermisst. Offenbar stand in keinem ihrer Ratgeber, was zu tun ist, wenn das Kind nicht zur Ruhe kommt. Oder sie haben einen dieser Abhärtungsratgeber gelesen, in denen behauptet wird, es sei wichtig, dem Kind zu zeigen, dass es nicht ständig seinen Willen durchsetzen kann, und ein bisschen Schreien habe ja noch niemandem geschadet. Der Meinung bin ich nicht. Ein Baby schreit nicht, weil es bockig ist. Ein Baby schreit nur, weil etwas nicht in Ordnung ist. Und dafür gibt es eigentlich nur vier Gründe:

1. Es hat Hunger
2. Es ist müde
3. Es tut ihm was weh (meistens der Bauch)
4. Ihm ist es zu warm oder zu kalt

Beim Kleinkind kommen gerne noch die Zähne als Schmerzquelle hinzu. Das war es aber im Prinzip. Alle diese Schreigründe verschwinden nicht von selbst. Vielmehr bist du, liebe Mutter, hier gefordert. Und das geht so:

1. Hunger: Gib dem Kind die Brust oder die Flasche. Wie – du traust dich nicht, hier mitten im Park deinen BH zu öffnen? Dann solltest du während der Stillzeiten lieber zuhause bleiben. Du hast die Flasche vergessen, weil du dachtest, ihr wärt schneller wieder daheim? Ach, aber an den Schokoriegel für dich selbst haste gedacht.

2. Müdigkeit: Das ist in der Tat so ein Kapitel für sich. Jedes Kind braucht da eine andere Methode. Finde sie raus und glotz nicht nur teilnahmslos in die Gegend, während dein übermüdetes Kind kurz vorm Hyperventilieren ist! Vielleicht hilft Bewegung. Also auf, auf, trag deinen Liebling dreimal um den Park. Oder schieb den Kinderwagen quer durch die Stadt. Das sanfte Schaukeln ist auch herrlich beruhigend. Vielleicht möchte das Kind aber auch nur in deinen Armen gehalten werden und deinen Herzschlag hören. Oder es braucht ein Tuch über den Augen. Oder totale Stille. Oder es will einfach nur nach Hause und in sein Bett, weil es keine Lust auf das Entertainment-Programm hat, das du ihm aufgeladen hast. Morgens Babyschwimmen, mittags mit der neuesten Baby-Kollektion für Oma und Opa modeln, nachmittags Krabbeln mit Lisa-Marie im Park - das ist vielleicht ein bisschen viel. Denn bloß, weil du selbst es nicht erträgst, nur alleine mit deinem Kind zuhause zu sein, findet dein Schätzchen diese ganze Action noch lange nicht gut. Babys brauchen nämlich kein Entertainment. Die brauchen Essen, Schlaf und Liebe. Kleinkinder wollen zwar schon ein bisschen mehr von der Welt entdecken, aber das ist alles so extrem aufregend, dass es in kleiner Dosierung vollkommen reicht. Stress werden sie auch so in ihrem Leben noch genug haben. Also, fahr mal ein paar Gänge runter, dann wird dein Kind von selbst ruhiger.

3. Es tut was weh. Schon mal was davon gehört, dass ein Bäuerchen nach dem Essen Wunder wirkt? Der Po ist ständig wund? Tja, liebe Mama, dann musst du eben mal ne Weile auf die Zitrusfrüchte verzichten, deren Säure dein Kind mit der Milch aufnimmt. Du findest die Schmerzquelle nicht raus? Dann solltest du deinen Arzt fragen. Und zwar schnell. Wenn dein Auto komische Geräusche macht, bist du doch auch sofort beunruhigt.

4. Die Temperatur stimmt nicht. Das ist auch wieder so eine Sache. Kinder können ihre Körpertemperatur noch nicht so gut regulieren wie Erwachsene. Daher reagieren sie auf Hitze und Kälte empfindlicher. Babys, die immer ruhig und lange schlafen, sind ordentlich eingepackt und gut gegen Hitze und (was bei uns ja wichtiger ist) Kälte geschützt. Es mag übertrieben vorsichtig wirken, ihnen bei leichtestem Wind eine Mütze über die Ohren zu ziehen. Aber wer selbst als Kind mal eine Mittelohrentzündung hatte, weiß, wie schmerzhaft die ist. Es kann sein, dass du selbst schwitzt. Das muss noch lange nicht heißen, dass dein Kind darum halbnackt in seinem Wagen liegen kann.

Ich weiß, manchmal findet man einfach nicht raus, woran es liegt, dass das Kind so unruhig ist. Dann wirkt ein Schnuller oft Wunder. Die guten Stücke scheinen aber bei modernen Müttern uncool zu sein. Warum, ist mir ehrlich gesagt nicht ganz klar. Was in jedem Fall niemals hilft: So zu tun, als gehöre das mit dem Schreien so. Das tut es keinesfalls.

Du findest mich jetzt anmaßend, weil ich als kinderlose Singlefrau ja gar nicht weiß, wie schwierig das ist, wenn man ein Schreibaby hat? Was soll das überhaupt sein, so ein Schreibaby? Die gab’s ja früher auch nicht, als Kinder noch in Ruhe aufgewachsen sind. Ich kann dazu nur sagen: Da, wo ich unruhige Babys sehe, sind hektische Eltern nicht weit. Und von wegen, ich hätte keine Ahnung: Deinem Gynäkologen glaubst du ja auch, obwohl der noch nie eine Menstruation hatte, von einer Schwangerschaft ganz zu schweigen.

So, das musste einfach mal raus. Ich genieße jetzt einen ruhigen Abend auf meinem Balkon – nachdem auch das arme Schreibaby in meiner Nachbarschaft sich endlich voller Verzweiflung in den Schlaf gebrüllt hat.

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