Donnerstag, 30. Oktober 2008

Katzenjammer

Gestern war ein wahrhaft königlicher Tag. In güldenem Licht, das mein Herz verzauberte, unter blassblauem Himmel, der den Horizont weit erscheinen ließ, verliebte ich mich neu. Nein, nein, nicht was Sie jetzt vielleicht denken. In Männer werde ich mich so schnell nicht mehr verlieben, die haben mir in meinem Leben zu übel mitgespielt, zu tiefe Wunden geschlagen, mein Herz zu sehr gequält. Es war meine Stadt, in die ich mich neu verliebt habe, die schönste vielleicht im ganzen Land, jedenfalls an so einem wunderbaren Tag im Herbst, an dem die Farben leuchten, die Seelen ihren Frieden finden und die Luft eine erste Ahnung von Winter mit sich trägt. Ich gab mich längst vergessenen Erinnerungen hin und fand Freundschaften wichtiger als diese dunkle Melancholie, die mich gerne ergreift, wenn der Oktober sich dem Ende entgegen neigt und ich darüber grübele, was war, was ist und was vielleicht doch noch sein könnte.

In Zeiten wie diesen ziehe ich gern Bilanz. Soundso viele Tage Sonnenschein, so viele Tage Regenwetter. Sturm, Gewitter, Dürrezeiten – alles war dabei. Unterm Strich sind dabei einige Pflanzen prächtig gediehen, einige vertrocknet und wieder andere ersoffen. So manches Ziel habe ich verfehlt, so mancher Traum ging baden. Manchmal habe ich den falschen Leuten vertraut. Und manchmal den falschen misstraut. Manchmal war ich zu zaghaft, zu ängstlich, zu verträumt, zu sehnsüchtig, zu naiv, zu ahnungslos. Manchmal war ich wohl auch zu kalt, zu verschlossen, zu abweisend, zu unnachgiebig, zu eigenwillig. Ich war zu faul, zu lustlos, zu kraftlos, zu einfallslos. Ich habe etliche Fehler begangen und muss mir einiges vorwerfen. Doch eins weiß ich genau: Ich kann mir selbst an jedem Tag zu jeder Stunde mit gutem Gewissen in die Augen schauen. Ich muss das Licht nicht scheuen und brauche auch diese albernen Bilanzen nicht zu fürchten, auch, wenn sie Jahr für Jahr zwar viel Abwechslung aber keine echten Überraschungen aufweisen.

In Zeiten wie diesen höre ich mir vermehrt an, dass die inneren Werte doch viel mehr zählen als die äußeren, und ich nicke tapfer, während ich daran denke, wie es sich anfühlt, wenn ich mir selbst in die Augen blicke. Aber dann denke ich auch an einsame, kalte Nächte, an erschöpfende Alltagskämpfe, von deren Last ich gerne ein Stück abgeben würde, an Wünsche und Sehnsüchte, an das stolze Gefühl über Vollbrachtes. Seltsame Anwandlungen befallen mich dann, dieses alberne Besitzenwollen, der Wunsch, auch mal sagen zu können: „Mein Mann, mein Haus, meine Kinder, meine Karriere…“. Dabei weiß ich bei einigen dieser Punkte nicht mal, ob sie überhaupt noch in meine Planung passen, ob das Leben nicht längst weiter gegangen ist. Aber vielleicht möchte ich ja nur den Wunsch festhalten, den Traum mitnehmen in die nächste Runde und dabei einfach vergessen, dass es so etwas wie Endlichkeiten gibt.
Oder ich schlafe einfach mal richtig aus. Das könnte auch hilfreich sein.

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