Mittwoch, 27. Februar 2008

Seitensprung

Gestern lief im NDR eine Reportage zum Thema Seitensprung. Dabei ist mir Erstaunliches aufgefallen.

In dem Film kamen eine Frau und ein Mann zu Wort, die beide über das Internet oder eine Agentur Sexpartner suchen, obwohl sie verheiratet sind. Beide wurden nicht offen gezeigt, sondern nur in schemenhaften Ausschnitten und mit verfremdeten Stimmen. Zu ihren Spielregeln gehört dazu, dass der eigene Partner natürlich nichts wissen darf, alles geschieht ganz geheim, wieder und wieder. „Sich im Internet zu begegnen und dann zu verabreden, das ist wie eine Sucht“, sagt die Frau sinngemäß. Gesucht werden gezielt verheiratete Partner, vermutlich, weil bei ihnen die Gefahr am geringsten ist, dass die Gefühle überhand nehmen könnten.

Außerdem wurde eine Frau über einige Monate mit der Kamera begleitet, die selber ungebunden ist, aber einen verheirateten Mann liebt. Anfangs ist sie sichtbar im siebten Himmel, am Ende zieht sie nüchterne Bilanz und trennt sich, weil ihr die Rolle der Geliebten zu wenig ist. Die Frau spricht sehr offen vor der Kamera, lässt sich auch mit ihren Kindern filmen, während der Geliebte ganz selbstverständlich überhaupt nicht in Erscheinung tritt. So, wie er auch sonst in großen Teilen ihres Lebens einfach nicht auftaucht, sie niemals mit ihm Urlaub machen oder Weihnachten feiern kann, so bleibt sein Platz auch jetzt vor der Kamera leer.

Schließlich wurde ein Paar gefilmt, das seit vielen Jahren eine offene Beziehung führt. Es fing damit an, dass die Frau große Lust auf eine andere Frau verspürte und entwickelte sich dann zu einem „jeder darf alles, solange wir offen damit umgehen“. Die Schwierigkeiten, die so eine Partnerschaft mit sich bringt, wurden nicht verschwiegen. Offen sprachen die beiden über Tränen, Verletzungen und Eifersucht, wobei die Frau mit letzterem mehr Probleme hat als der Mann. Dieses Paar trat gemeinsam vor die Kamera, ließ sich mit weiteren Partnern filmen, bezog auch die Kinder mit ein, die hier nicht nur Staffage waren wie bei der einsamen Geliebten, sondern sich selber zu Wort meldeten.

Gerade durch die Leerstellen in den anderen Beiträgen wurde mir bewusst, was „offen“ eigentlich heißt. Es heißt nicht, hemmungslos und verantwortungslos zu sein. Es bedeutet genau das Gegenteil. Es bedeutet, achtsam mit allen Beteiligten umzugehen, alle Ängste, aber auch alle Bedürfnisse anzusprechen und immer wieder neu zu verhandeln. Es bedeutet bedingungslose Ehrlichkeit sich selbst und dem Partner gegenüber. Weder die heimlichen Seitenspringer noch die heimliche Geliebte wirkten glücklich, da sie sichtbar unvollständig waren. Die Bilder, die in den Filmszenen mit ihnen fehlten, standen für mich hier symbolisch für das, was generell in ihrem Leben fehlt: Offenheit, Gleichberechtigung, Geben und Nehmen in ausgewogenem Verhältnis und vor allem natürlich Ehrlichkeit. Das Paar jedoch strahlte sehr viel Fröhlichkeit, Gelassenheit, Zärtlichkeit und Liebe aus. Das wurde in jedem einzelnen Bild sichtbar. Hier fehlte nichts, es gab keine Leerstellen, keine dunklen Geheimnisse, kein Versteckspiel, kein Lügen und Betrügen. Es gab nur den Versuch, ein aufrechtes Leben voller Achtsamkeit und Liebe zu führen.

Ach, würden wir doch alle offene Beziehungen im wörtlichen Sinne führen. Dann sähe diese Welt vielleicht ein bisschen besser aus.

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