Sonntag, 7. Juli 2013

Sonntagsträume

Sonntagmittag halb zwei, und ich sitze immer noch beim Frühstück auf meinem Balkon. Noch ist es kühl hier, die Sonne kommt erst langsam herum. Aber spätestens in einer halben Stunde werde ich den Sonnenschirm aufspannen müssen. Alles, was ich mir für heute vorgenommen habe, ist bis jetzt liegengeblieben. Aber ich finde das nicht schlimm, vielmehr genieße ich die Ruhe (wobei „Ruhe“ relativ ist, irgendwo in der Nachbarschaft findet ein Fest statt, Musik und Megaphongelärme wehen herüber). Seit Monaten habe ich an diesem Wochenende endlich mal wieder ausgeschlafen, hat mein Körper es geschafft, sich die Erholung zu holen, die er brauchte. Es geht mir gut.

Dass ich mein Pflichtprogramm nicht erledigt kriege, sondern es schiebe und schiebe, passt dazu. Die letzten Monate waren so wahnsinnig anstrengend, jetzt holen Körper und Seele sich, was sie brauchen. Noch ist es ein bisschen früh dafür, Urlaub habe ich mir erst ab August genehmigt. Aber seit wann kann man planen, was der Seele zusteht?

So genieße ich es also, hier zu sitzen und meinen Gedanken nachzuhängen. Ich denke über die Liebe nach. Darüber, dass sie uns manchmal befällt, obwohl uns das gar nicht in den Kram passt. Und darüber, dass sie uns oft genug nicht berührt, obwohl wir es uns so sehr wünschen. („Er ist sooo ein netter Kerl, warum nur kann ich mich nicht in ihn verlieben?“) Ich denke darüber nach, warum uns ausgerechnet das schönste Gefühl der Welt oft so viele Scherereien beschert. Warum wir es nicht einfach annehmen können als ein Geschenk, das unser Leben bereichert. Warum Liebe so oft mit Drama und Tragödie verbunden ist, statt einfach nur mit Glück.

Ich denke über verschiedene Projekte nach, die ich gerade begonnen habe bzw. die schon länger laufen, die mich erfüllen und mir Spaß machen – für den Moment jedenfalls. Herzensprojekte, an denen ich nicht einen Cent verdiene. Aber gerade sie bereiten mir die meiste Freude, in sie würde ich gern viel, viel mehr Zeit investieren.

Ich denke über alles nach, nur nicht über meine Zukunft, über das, was wirklich drängt, was obenauf liegt. Zwischendrin tauchen kleine Gedankensplitter auf, die mich erfreuen. Ach ja, DAS könnte man ja auch mal machen, das wär's jetzt echt. Aber ich müsste aktiv werden, müsste die Splitter festhalten und zu einem Bild zusammenfügen, müsste ein Ziel entwickeln und ihm folgen. Aber das kann ich nicht – noch nicht. Lieber sitze ich auf meinem Balkon und schaue in aller Ruhe einer Biene zu, die summend von Blüte zu Blüte fliegt.

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Regine Heidorn (Gast) - 8. Jul, 20:48

"Du verliebst Dich besser nicht in mich ..." "Verlieben ... was war das jetzt nochmal?"

Ich fühl mich grad sehr wohl ohne verlieben, dafür in einer beginnenden Beziehung mit stabiler Nähe und verlässlicher Distanz. Tatsache, diese Liebe ... ich finde es so befreiend und genüsslich ohne.

Komisch, nicht?

feinstrick - 8. Jul, 21:10

Ich weiß nicht - machen wir uns da nicht etwas vor? Ich meine, wollen wir uns nicht irgendwann doch alle verlieben, und vor allem: geliebt werden? Jede meiner Herzensgeschichten fing mit der Weigerung an, mich verlieben zu wollen/können/dürfen. Ja nicht zu viel Gefühl zulassen. Den anderen bloß nicht zu dicht ranlassen. Das könnte nur wieder zu Verwicklungen und neuerlichen Verletzungen führen. Am Ende sind wir aber gegen Gefühle machtlos. Die Liebe befällt uns, ob wir es wollen oder nicht. Nur was wir daraus machen, das liegt dann wieder in unserer Hand.
Regine Heidorn (Gast) - 8. Jul, 21:44

Ja, naja, ich weiss es ja auch nicht. Grad läuft es eben so, das kann ja morgen schon wieder anders sein. Was weiss denn ich ...
Jedenfalls geht es mir nicht darum, die Liebe zu verdrängen, um nicht zu viel Nähe zulassen zu müssen, das ändert sich doch auch dauernd.

"Komm nicht zu nah, bleib nicht zu fern, unkenntlich bleiben wir uns, nach Verkleidungen süchtig. Wir taugen nicht zu dem, wonach wir uns sehnen." (Weiss nicht, welcher kluge Mensch das sagte, könnte von mir sein, ist es aber nicht.)

Mir geht es mehr darum, das mal dasein lassen zu können, was so da ist (auch mal was in's Kraut schiessen lassen, twitterte @rudelbildung gestern) und es zu geniessen. Auch wenn es rein rational nichts Schönes ist, aber wir sind doch alle wundervolle Schiffswracks, umherirrende Lost Places, deren schönste Ecken intensiv erforscht werden wollen und eben nicht für jeden gleich sichtbar sind und auch nicht sein sollen.

Ach, Entschuldigung für das romantische Geschwurbel ...
feinstrick - 8. Jul, 21:53

Ja, da gebe ich Dir recht. Den Moment genießen können, das ist schon fein, und das wollte ich Dir auch nicht vermiesen. Romantisches Geschwurbel? Ach, nö. Ist schon okay so. ;-)
Regine Heidorn (Gast) - 8. Jul, 22:07

Verehrte Frau Feinstrick, um mir etwas vermiesen zu können, müssten Sie sich verdammt viel Mühe geben - ich schätze Sie nämlich sehr und da dürfte es kaum Möglichkeiten geben, irgendetwas zu vermiesen!
feinstrick - 8. Jul, 22:19

Oha! Also ... das ist doch ... vielen Dank!
bonanzaMARGOT - 9. Jul, 11:40

bei solchen tagträumereien fallen mir auch oft die besten dinge ein. leider entfallen mir viele wieder. oder ich kriege ihre originarität nicht mehr zu fassen.
irgendwannn schreibe ich mal ein buch über tagträumerei: "der mann, der sein leben verträumte".
auch die liebe ist eine solche träumerei. sie ist unvorhersagbar wie das wetter und genauso launisch. jedenfalls aus meiner sicht. wie weit kann man in der liebe steuernd rational eingreifen? es ist eine ähnliche frage, die sich der künstler vor einer leeren leinwand oder einem leeren blatt papier stellt; und er spürt diese wahnsinnige kreativität, die sich aus ihm herausdrücken will ... in worten oder in farben und formen, in gestalt. aber wie hinkriegen? mit was anfangen? und wo? es kann auch missglücken. vielleicht missglückt sogar mehr als glückt. aber die künstlerseele macht aus, dass sie trotz des scheiterns weitersucht, weiter versucht.
ich glaube, das ist der grund, warum ich mich immer noch verlieben kann ... trotz der vielen schmerzen, welche das scheitern begleiten. jede leinwand ist wieder anders leer - lach!
was kann schwieriger sein, als zwei menschen, die sich bis dato nicht kannten, zu einer einheit verschmelzen zu lassen bzw. zu einer gemeinsamen zukunft zu bringen?

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