Von ferne so nah
Es war vor vielen Jahren, meine erste richtige Liebesbeziehung. Ich liebte den Jungen sehr und er mich wohl auch. Doch wir begegneten uns zum falschen Zeitpunkt. Wir hatten gerade angefangen zu studieren und fühlten uns beide orientierungslos, sowohl an der Uni als auch in unserem Leben. Wir ertrugen einander nicht, weil wir uns selbst nicht ertrugen. Nach wenigen Monaten verließ er mich wieder.
Ich war sehr verzweifelt. Aber ich war auch jung. Da zieht man rasch weiter. Und so fand ich bald schon Trost bei einem anderen Mann. Er hingegen ging mit seinem besten Freund auf Reisen, ein Dreivierteljahr lang. Von unterwegs schrieb er mir Briefe, endlos lange tagebuchähnliche Reiseberichte, Monat für Monat. Ich konnte ihm nie antworten, denn er hatte keine feste Adresse. Aber ich freute mich über diese Briefe. Und ich fragte mich, was ihn dazu bewog, ausgerechnet der Frau ständig zu schreiben, von der er sich gerade erst getrennt hatte. Erkannte er in der Ferne, wie sehr er mich noch liebte? Oder brauchte er nur eine Verbindung nach Hause, einen Anker, der ihm unterwegs Halt gab? Schrieb er nur mir so ausführlich oder noch anderen Leuten? Ich erfuhr es nie, obwohl wir später wieder Kontakt hatten und sehr warm und liebevoll miteinander umgingen - immer mit einem leisen Bedauern, dass wir einander so schnell verloren hatten.
Heute erhalte ich wieder Post von einem Mann aus der Ferne. Er ist für ein Weilchen fort, und als ich ihn das letzte Mal küsste, nahm ich an, dass ich erst nach seiner Rückkehr wieder von ihm hören würde. Doch zu meiner großen Überraschung trudelte bereits wenige Tage nach seiner Abreise die erste kleine Nachricht ein. Und seitdem stehen wir beinah täglich im Kontakt, seit vielen Wochen nun schon. Mal tauschen wir Alltagsbegebenheiten aus, mal wilde erotische Fantasien. Es knistert und funkt, die Mails sind voller Albernheiten und Ernsthaftigkeiten, voller Lust und Vergnügen.
Nie zuvor haben wir in einem so intensiven Austausch gestanden. Und auch wenn es manchmal nur ein kleiner Satz am Tag ist, so ist er doch Teil einer Verbindung, die nicht abreißt. Ich bin erstaunt und verwirrt und stelle mir ähnliche Fragen wie damals vor 25 Jahren, bei meiner ersten großen Liebe. Warum schreibt er mir? Die Antworten darauf gebe ich mir selbst und sie fallen meistens recht nüchtern aus.
Ich bin mir sicher, dass es die Distanz ist, die diese Nähe erzeugt - so paradox das klingen mag. Von ferne traut man sich so manches, was nicht mehr geht, wenn man sich gegenübersteht. Ich weiß zwar, dass er, im Gegensatz zu dem Mann von damals, zu mir zurückkehren wird. Die Frage ist jedoch, wie das dann sein wird. Näher als vorher? Oder ferner? Werden wir peinlich berührt sein ob all der wilden Fantasien, die wir einander im Schutz der Entfernung anvertraut haben? Oder plötzlich fremdeln, so wie man das oft genug mit unbekannten Chatpartnern erlebt, die einem seltsam vertraut sind - bis man ihnen in echt gegenübertritt. Ich wappne mich innerlich jedenfalls schon mal für das Unvermeidliche - sofern das überhaupt geht.
Bis dahin genieße ich diesen kleinen Austausch und bedauere es fast, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man dicke Briefe mit exotischen Briefmarken erhielt, die man in einer Schachtel aufbewahren konnte wie einen kostbaren Schatz.
Ich war sehr verzweifelt. Aber ich war auch jung. Da zieht man rasch weiter. Und so fand ich bald schon Trost bei einem anderen Mann. Er hingegen ging mit seinem besten Freund auf Reisen, ein Dreivierteljahr lang. Von unterwegs schrieb er mir Briefe, endlos lange tagebuchähnliche Reiseberichte, Monat für Monat. Ich konnte ihm nie antworten, denn er hatte keine feste Adresse. Aber ich freute mich über diese Briefe. Und ich fragte mich, was ihn dazu bewog, ausgerechnet der Frau ständig zu schreiben, von der er sich gerade erst getrennt hatte. Erkannte er in der Ferne, wie sehr er mich noch liebte? Oder brauchte er nur eine Verbindung nach Hause, einen Anker, der ihm unterwegs Halt gab? Schrieb er nur mir so ausführlich oder noch anderen Leuten? Ich erfuhr es nie, obwohl wir später wieder Kontakt hatten und sehr warm und liebevoll miteinander umgingen - immer mit einem leisen Bedauern, dass wir einander so schnell verloren hatten.
Heute erhalte ich wieder Post von einem Mann aus der Ferne. Er ist für ein Weilchen fort, und als ich ihn das letzte Mal küsste, nahm ich an, dass ich erst nach seiner Rückkehr wieder von ihm hören würde. Doch zu meiner großen Überraschung trudelte bereits wenige Tage nach seiner Abreise die erste kleine Nachricht ein. Und seitdem stehen wir beinah täglich im Kontakt, seit vielen Wochen nun schon. Mal tauschen wir Alltagsbegebenheiten aus, mal wilde erotische Fantasien. Es knistert und funkt, die Mails sind voller Albernheiten und Ernsthaftigkeiten, voller Lust und Vergnügen.
Nie zuvor haben wir in einem so intensiven Austausch gestanden. Und auch wenn es manchmal nur ein kleiner Satz am Tag ist, so ist er doch Teil einer Verbindung, die nicht abreißt. Ich bin erstaunt und verwirrt und stelle mir ähnliche Fragen wie damals vor 25 Jahren, bei meiner ersten großen Liebe. Warum schreibt er mir? Die Antworten darauf gebe ich mir selbst und sie fallen meistens recht nüchtern aus.
Ich bin mir sicher, dass es die Distanz ist, die diese Nähe erzeugt - so paradox das klingen mag. Von ferne traut man sich so manches, was nicht mehr geht, wenn man sich gegenübersteht. Ich weiß zwar, dass er, im Gegensatz zu dem Mann von damals, zu mir zurückkehren wird. Die Frage ist jedoch, wie das dann sein wird. Näher als vorher? Oder ferner? Werden wir peinlich berührt sein ob all der wilden Fantasien, die wir einander im Schutz der Entfernung anvertraut haben? Oder plötzlich fremdeln, so wie man das oft genug mit unbekannten Chatpartnern erlebt, die einem seltsam vertraut sind - bis man ihnen in echt gegenübertritt. Ich wappne mich innerlich jedenfalls schon mal für das Unvermeidliche - sofern das überhaupt geht.
Bis dahin genieße ich diesen kleinen Austausch und bedauere es fast, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man dicke Briefe mit exotischen Briefmarken erhielt, die man in einer Schachtel aufbewahren konnte wie einen kostbaren Schatz.
Unterwegs - feinstrick - 11. Feb, 22:48
3 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Falkin - 13. Feb, 10:44
Ja, der Tiefsinn zerschillt heutzutage oftmals an jener Reizüberflutung, die uns von einer Wahrnehmungsinsel auf die andere reißt. Soviel Informationen, soviel Input, soviel Flüchtigkeit. So wenig Nähe. Umso schöner, dass sie die derartige Annäherung wert-zu-schätzen wissen. Oftmals macht Nähe und die mit ihr wogenden und wütenden Projektionen und Ängste unsicher. Da braucht es möglicherweise einen kleinen Trick in Form großer Distanz, mutig zu werden und der Angst ein Schnippchen zu schlagen.
Da Sie und der Besagte keine Teenies mehr sind, bin ich mir sicher, dass sie die so geschlagene Brücke zu einander ebenfalls wert zu schätzen und zu nutzen wissen, dann, wenn sie einander gegenüberstehen, bar jener Panzer, die in der Nähe auf Distanz hielt.
Hört sich doch nach dem Beginn einer herrlichen Liebesgeschichte an. Möge Sie Ihnen noch lange Freude und Bereicherung bringen. Ich glaube ja an Liebe. Sie offensichtlich auch.
Ich drücke fest die Däumchen, für den Genuss im Jetzt und wie es sein wird, wenn sich die Fantasien wohlig in Realität wandeln. ;-)
Da Sie und der Besagte keine Teenies mehr sind, bin ich mir sicher, dass sie die so geschlagene Brücke zu einander ebenfalls wert zu schätzen und zu nutzen wissen, dann, wenn sie einander gegenüberstehen, bar jener Panzer, die in der Nähe auf Distanz hielt.
Hört sich doch nach dem Beginn einer herrlichen Liebesgeschichte an. Möge Sie Ihnen noch lange Freude und Bereicherung bringen. Ich glaube ja an Liebe. Sie offensichtlich auch.
Ich drücke fest die Däumchen, für den Genuss im Jetzt und wie es sein wird, wenn sich die Fantasien wohlig in Realität wandeln. ;-)
feinstrick - 13. Feb, 21:59
Selbstverständlich glaube ich an die Liebe. Sonst hätte das alles hier ja gar keinen Sinn. :-)
steppenhund - 24. Mär, 01:40
Das ist doch ein erfreulicher Eintrag. Und so viel schöner als der, welcher zeitlich danach geschrieben wurde ;)
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