Die Stadt der Zukunft
Meine Theorie zur Hamburger Hafencity, deren Entstehung weltweite Aufmerksamkeit erregt, lautet übrigens so:
Erst kommen die ganzen Reichen. Sie kaufen repräsentative Wohnungen, mit denen sie vor ihren Freunden und Geschäftspartnern angeben können. Schließlich haben sie eine Wohnung auf Europas bekanntester Baustelle ergattert. Hafencity ist in, Hafencity ist Kult. Da darf kein Porsche fahrender Wichtigtuer fehlen. Richtig leben tun diese Menschen natürlich nicht in der Hafencity. Denn sie arbeiten 20 Stunden am Tag (falls sie nicht von Beruf Sohn sind) und haben außerdem noch Immobilien in München, London und auf Ibiza. Darum fallen ihnen die ganzen Defizite dieses Stadtteils gar nicht auf. Und trotzdem wird es ihnen irgendwann zu langweilig in diesem Retortenviertel an der Elbe. Was heute Trend ist, ist morgen schließlich ne olle Kamelle. Also ziehen sie bald weiter.
Nach den Reichen kommen die Mittelständler, die gerne auch reich wären und sich freuen, dass sie nun eine schicke Eigentumswohnung mieten können, die zwar eigentlich über ihre Verhältnisse geht, aber es merkt ja keiner, wie ihr Bankkonto aussieht. Sie bleiben so lange, bis sie Privatinsolvenz anmelden müssen. Oder bis sie Kinder kriegen und feststellen, dass es für diese keinen Platz in der Stadt der Zukunft gibt. Ihnen folgen noch einige Generationen doppelverdienender Paare, bis die Wohnungen immer mehr verlebt und die Mieten immer weiter im Keller gelandet sind. Das einzig Teure an diesen Häusern sind eh die Grundstücke, an den Baumaterialien mussten die Investoren kräftig sparen, damit sich überhaupt jemand ihre Edelhütten leisten konnte, und das macht sich nun nach fünfzehn, zwanzig Jahren deutlich bemerkbar. Aus dem Vorzeigeviertel ist eine triste Betonwüste geworden.
Wohnen will hier niemand mehr freiwillig, schon gar nicht für viel Geld. Die Wohnungsbaugenossenschaften, die anfangs einige Alibihäuser gebaut hatten, deren Mieten sich ihre eigentlichen Mitglieder jedoch nicht leisten konnten, kaufen nun etliche der anderen Häuser mit auf. In die Wohnungen ziehen Studierende, Arbeiter und HartzIV-Empfänger. Aus der Yuppie-Bar wird Susis Nagelstudio, und das Sternerestaurant weicht einem Aldi. Für die Menschen, die jetzt hier leben, ist vor allem der günstige Miepreis wichtig. In den großzügig geschnittenen Wohnungen haben auch ihre Kinder und Hunde reichlich Platz. Das ist besonders wichtig, da es draußen keine Spielplätze gibt und sich selbst der Pausenhof der Schule auf dem Dach befindet. Diese ganzen Investoren wollten damals nämlich vor allem schnell Geld verdienen und hatten gar nicht im Sinn, Lebensräume für Menschen zu gestalten. Die HartzIV-Empfänger sind es zum Glück gewohnt, in langweiligen Kästen zu leben, die wie Käfige dicht an dicht stehen, so dass man beim morgendlichen Blick aus dem Fenster sieht, was sich der Nachbar aufs Frühstücksbrötchen schmiert. Die Luftverpestung durch die Kreuzfahrtschiffe, die nebenan anlegen, finden sie zwar schlimm, aber was sollen sie machen? Schließlich war die Luft an der vierspurigen Umgehungsstraße, an der sie früher gelebt haben, auch nicht besser. Dass mal Leute freiwillig in der Hafencity wohnen wollten, können sie sich nicht vorstellen.
Gelegentlich schaut einer der Reichen, der auf einem der Kreuzfahrtschiffe vorbei fährt, von der Elbe aus auf die heruntergekommenen Betonklötze in der Hafencity. Viele der Büros stehen mittlerweile leer, hinter den Fenstern der Wohnungen hängen billige Gardinen und auf den Balkonen stehen kaputte Plastikmöbel. Kopfschüttelnd sagt der Reisende zu seiner Begleiterin: „Dort habe ich auch mal gewohnt. Über dreißig Jahre ist das her. Damals dachte ich, die Hafencity sei ein Ort zum Investieren. Aber mir wurde sehr schnell klar, dass es sich in Wahrheit um die größte städtebauliche Fehlplanung aller Zeiten handelte.“ "Wie konnte das denn passieren?" fragt die Begleiterin. Als Antwort erhält sie nur ein ratloses Schulterzucken.
Erst kommen die ganzen Reichen. Sie kaufen repräsentative Wohnungen, mit denen sie vor ihren Freunden und Geschäftspartnern angeben können. Schließlich haben sie eine Wohnung auf Europas bekanntester Baustelle ergattert. Hafencity ist in, Hafencity ist Kult. Da darf kein Porsche fahrender Wichtigtuer fehlen. Richtig leben tun diese Menschen natürlich nicht in der Hafencity. Denn sie arbeiten 20 Stunden am Tag (falls sie nicht von Beruf Sohn sind) und haben außerdem noch Immobilien in München, London und auf Ibiza. Darum fallen ihnen die ganzen Defizite dieses Stadtteils gar nicht auf. Und trotzdem wird es ihnen irgendwann zu langweilig in diesem Retortenviertel an der Elbe. Was heute Trend ist, ist morgen schließlich ne olle Kamelle. Also ziehen sie bald weiter.
Nach den Reichen kommen die Mittelständler, die gerne auch reich wären und sich freuen, dass sie nun eine schicke Eigentumswohnung mieten können, die zwar eigentlich über ihre Verhältnisse geht, aber es merkt ja keiner, wie ihr Bankkonto aussieht. Sie bleiben so lange, bis sie Privatinsolvenz anmelden müssen. Oder bis sie Kinder kriegen und feststellen, dass es für diese keinen Platz in der Stadt der Zukunft gibt. Ihnen folgen noch einige Generationen doppelverdienender Paare, bis die Wohnungen immer mehr verlebt und die Mieten immer weiter im Keller gelandet sind. Das einzig Teure an diesen Häusern sind eh die Grundstücke, an den Baumaterialien mussten die Investoren kräftig sparen, damit sich überhaupt jemand ihre Edelhütten leisten konnte, und das macht sich nun nach fünfzehn, zwanzig Jahren deutlich bemerkbar. Aus dem Vorzeigeviertel ist eine triste Betonwüste geworden.
Wohnen will hier niemand mehr freiwillig, schon gar nicht für viel Geld. Die Wohnungsbaugenossenschaften, die anfangs einige Alibihäuser gebaut hatten, deren Mieten sich ihre eigentlichen Mitglieder jedoch nicht leisten konnten, kaufen nun etliche der anderen Häuser mit auf. In die Wohnungen ziehen Studierende, Arbeiter und HartzIV-Empfänger. Aus der Yuppie-Bar wird Susis Nagelstudio, und das Sternerestaurant weicht einem Aldi. Für die Menschen, die jetzt hier leben, ist vor allem der günstige Miepreis wichtig. In den großzügig geschnittenen Wohnungen haben auch ihre Kinder und Hunde reichlich Platz. Das ist besonders wichtig, da es draußen keine Spielplätze gibt und sich selbst der Pausenhof der Schule auf dem Dach befindet. Diese ganzen Investoren wollten damals nämlich vor allem schnell Geld verdienen und hatten gar nicht im Sinn, Lebensräume für Menschen zu gestalten. Die HartzIV-Empfänger sind es zum Glück gewohnt, in langweiligen Kästen zu leben, die wie Käfige dicht an dicht stehen, so dass man beim morgendlichen Blick aus dem Fenster sieht, was sich der Nachbar aufs Frühstücksbrötchen schmiert. Die Luftverpestung durch die Kreuzfahrtschiffe, die nebenan anlegen, finden sie zwar schlimm, aber was sollen sie machen? Schließlich war die Luft an der vierspurigen Umgehungsstraße, an der sie früher gelebt haben, auch nicht besser. Dass mal Leute freiwillig in der Hafencity wohnen wollten, können sie sich nicht vorstellen.
Gelegentlich schaut einer der Reichen, der auf einem der Kreuzfahrtschiffe vorbei fährt, von der Elbe aus auf die heruntergekommenen Betonklötze in der Hafencity. Viele der Büros stehen mittlerweile leer, hinter den Fenstern der Wohnungen hängen billige Gardinen und auf den Balkonen stehen kaputte Plastikmöbel. Kopfschüttelnd sagt der Reisende zu seiner Begleiterin: „Dort habe ich auch mal gewohnt. Über dreißig Jahre ist das her. Damals dachte ich, die Hafencity sei ein Ort zum Investieren. Aber mir wurde sehr schnell klar, dass es sich in Wahrheit um die größte städtebauliche Fehlplanung aller Zeiten handelte.“ "Wie konnte das denn passieren?" fragt die Begleiterin. Als Antwort erhält sie nur ein ratloses Schulterzucken.
Unterwegs - feinstrick - 24. Aug, 14:16
7 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks