Donnerstag, 31. Juli 2008

Sommer vorm Balkon

Dies ist der erste Sommer seit vielen Jahren, in dem ich mich nicht in einem urlaubsleeren Büro ohne Aufgaben und Kollegen zu Tode langweile und mir statt zu arbeiten Sinnfragen stelle, wieder und wieder. Damals fühlte ich mich jedoch zu gelähmt, um Antworten zu finden und Entscheidungen zu treffen.

Heute suche ich immer noch nach Antworten, aber auf andere Fragen. Ich bin immer noch auf der Suche, aber ich fühle mich beweglicher, sehe Ziele vor mir, spüre, wie sich Nebel lichten. Ich habe das Gefühl, dass ich täglich der Erfüllung meiner Träume näher komme, in winzigkleinen Schritten, Stillstand und Rückschritte inbegriffen, aber diese schreckliche Lähmung ist verschwunden, diese Niedergeschlagenheit und Verzweiflung. Ich spüre, dass der Aufbruch sich jetzt schon lohnt, obwohl ein sehr hartes Jahr hinter mir liegt und vermutlich noch ein paar weitere harte Jahre vor mir liegen.

Ich genieße die Sommerabende bei langen Spaziergängen an der Elbe. Anschließend sitze ich auf meinem Balkon, betrachte die Kräuterpflanzen in ihren Töpfen, sehe zu, wie sich die Dämmerung sanft über die Stadt legt und merke, wie die Leere in meinem Kopf sich langsam aber sicher mit Ideen füllt. Viele verrückte Ideen tauchen auf, Träume, die ich längst beerdigt glaubte, Wünsche, von denen ich nie dachte, dass ich sie mal haben würde. Ich gebe ihnen Raum und lasse sie wachsen, still und leise.

Mein Herz kommt auch ein wenig zur Ruhe, wenngleich von Gesundung noch lange keine Rede sein kann. Immer wieder nagen die Erinnerungen, beißen um sich, schleudern mir Bilder und Sätze entgegen, mal sanft und zärtlich, Sehnsucht suchend, Vergebung erbittend, mal wütend, schmerzhaft, verzweifelt. Fragen nach dem Warum wechseln sich mit Fragen ab, was ich hätte anders machen können, ob ich überhaupt anders hätte agieren können oder ob das Ergebnis nicht ohnehin von Anfang an fest stand, wie auch immer ich mich verhalten hätte.

Zurück bleibt viel Schmerz, Ratlosigkeit, Erschöpfung. Und Hoffnung. Hoffnung auf die Zukunft, dass sich dort alles fügen wird und sich mein Einsatz lohnt. Ich habe in den letzten Jahren viel riskiert, beruflich wie privat. Bisher scheine ich sehr viel verloren zu haben. Doch ich hoffe, dass ich eines Tages meinen Lohn für all den Mut, all das Engagement, für meinen leidenschaftlichen, aufrechten Gang erhalte. Bis dahin genieße ich einfach weiter den Sommer vorm Balkon und lasse meinen Träumen und Sehnsüchten freien Lauf.

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